# taz.de -- Humanitäre Hilfe in Gaza: Weg frei für die Hilfslieferungen?
       
       > Medizin, Lebensmittel und Trinkwasser für den Gazastreifen stehen bereit.
       > Doch es gibt viele Hürden, bis sie Menschen in Not erreichen.
       
 (IMG) Bild: Warten aufs Go: Lkw mit Gaza-Hilfsgütern im ägyptischen Rafah
       
       Berlin taz | Rund 2,3 Millionen Menschen leben im dicht besiedelten
       Gazastreifen. Die meisten waren bereits vor dem aktuellen Krieg von
       internationalen Hilfen abhängig. Seit dem brutalen Angriff der Hamas auf
       Israel ist der Gazastreifen nun abgeriegelt, Strom- und Wasserzufuhr knapp.
       Staats- und Regierungschefs ringen derzeit um die Freilassung der rund 200
       Geiseln, wollen einen Flächenbrand in der Region stoppen – und
       Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ermöglichen.
       
       Jüngst hatte Ägypten nach Gesprächen mit US-Präsident Joe Biden zugesagt,
       über den Grenzübergang Rafah 20 Lkws mit medizinischen Gütern,
       Lebensmitteln und Trinkwasser passieren zu lassen. A[1][uch Israel hatte
       erklärt, diese Hilfen nicht zu blockieren], solange diese nicht die Hamas
       erreichten. Ist der Weg für Hilfsgüter also frei?
       
       Markus Loewe, Nahost-Experte und Entwicklungsökonom am German Institute of
       Development and Sustainability (IDOS), sieht da große Schwierigkeiten bei
       der Umsetzung. Zum einen sei nicht sicher, ob Ägypten überhaupt den
       Grenzübergang öffnet, zum anderen sei unklar, ob Israel zustimmt und wie
       die Freigabe der Güter seitens der Israelis gehandhabt wird. „Israel hat
       sich auf den Standpunkt gestellt, dass alles, was reinkommt, auch
       kontrolliert werden muss“, sagte Loewe der taz.
       
       ## Sprit, Trinkwasser und Strom gehen aus
       
       „Das kann zu einer wahnsinnigen Verzögerung führen.“ Aber: Man könne nur
       hoffen, dass Hilfsgüter überhaupt kämen. Der Sprit geht aus, es gibt kein
       aufbereitetes Trinkwasser mehr, der Strom wurde abgeschaltet: „[2][Die
       Situation in Gaza ist nicht mehr nur schlecht], sondern die Lage ist kurz
       vor dem Punkt, wo ein vernünftiges Leben überhaupt nicht mehr möglich ist.“
       
       Die EU hatte bereits zugesagt, die Hilfen aufzustocken, sieht aber in den
       Auflagen für die Transporte große Hindernisse. „Es muss daran erinnert
       werden, dass das humanitäre Völkerrecht alle Parteien verpflichtet,
       sicheren und ungehinderten humanitären Zugang zu Menschen in Not zu
       gewährleisten“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Einschränkungen in
       Bezug auf Menge, Bestimmungsort und Kategorien der Güter stünden damit
       nicht im Einklang. Außenministerin Annalena Baerbock will sich auf ihrer
       Reise nach Jordanien, in den Libanon und nach Israel auch für humanitäre
       Hilfen für die Zivilbevölkerung des Gazastreifens einsetzen.
       
       Aber, muss Entwicklungsexperte Loewe einräumen, es sei unklar, ob
       medizinische Güter, Lebensmittel und Trinkwasser überhaupt zu den Menschen
       gelangen, die sie dringend brauchen. „Es besteht die Gefahr, dass die Hamas
       bestimmt, wer die Hilfen bekommt“, sagt er. „Aber was ist die Alternative?
       Die Bevölkerung verhungert und verdurstet.“ Internationale Organisationen
       wie das UN-Hilfswerk für geflüchtete Palästinenser:innen (UNRWA)
       hätten Strukturen, die für einen guten Verteilmechanismus sorgen könnten.
       Dies hätte zur Voraussetzung, dass sich die Hamas nicht einmischt.
       
       Eine realistische Chance auf militärisches Geleit, um die Verteilung der
       Güter zu schützen, sieht der Entwicklungsexperte derzeit nicht. Auch ein
       gegenseitiger Waffenstillstand sei weit weg. Loewe plädiert daher für einen
       humanitären Korridor, in dem die Transporter nicht bombardiert werden und
       internationale Hilfsorganisationen die Verteilung umsetzen können. „Wir
       müssen alles dafür tun, damit möglichst viele Güter ins Land reinkommen, um
       eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, die es in dieser Form vermutlich
       seit 1948 oder 1949 nicht mehr gegeben hat“, sagt Loewe.
       
       19 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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