# taz.de -- Bürgerkrieg in Sudan: UN-Diplomatie ist gescheitert
       
       > Volker Perthes, der UN-Sonderbeauftragte für Sudan, tritt zurück. Er hat
       > ein Abgleiten des Landes in den Bürgerkrieg nicht verhindern können.
       
 (IMG) Bild: Bittet um seine Entlassung: Der UN-Sonderbeauftragte für Sudan Volker Perthes
       
       Kampala taz | Als der deutsche [1][Volker Perthes], Sonderbeauftragter des
       UN-Generalsekretärs und Chef der UN-Mission in Sudan (UNITAMS), am Mittwoch
       im UN-Hauptquartier in New York das Wort ergreift, macht er ein sehr
       ernstes Gesicht. Seiner Stimmlage und seinen offenen, sehr gezielt
       gewählten Worten ist in seiner 15-minütigen Einschätzung der Lage im
       [2][Bürgerkriegsland Sudan] anzumerken: Die Lage ist extrem ernst. „Was als
       Konflikt zwischen zwei Militärformationen begann“, so Perthes, „könnte sich
       in einen ausgewachsenen Bürgerkrieg verwandeln.“
       
       Seit dem Ausbruch des Krieges im April seien mindestens 5.000 Menschen
       getötet und über 12.000 verletzt worden, so Perthes und betont, dies sei
       eine „konservative“ Schätzung und die tatsächliche Zahl sei „wahrscheinlich
       viel höher“. Die UN habe zudem „glaubwürdige Informationen über 13
       [3][Massengräber in West-Darfur] gesammelt“, sagt er, bei diesen
       „grauenvollen Akten von Gewalt“ handele es sich wahrscheinlich um
       „Kriegsverbrechen, die zusätzlich mit sexueller Gewalt gegen Frauen und
       Mädchen einher geht.“ Er fordert „glaubwürdige Ermittlungen“. Dann betont
       Perthes ganz klipp und klar: „Die UN sind niemals neutral wenn es zu
       Menschenrechtsverbrechen kommt.“
       
       Diesen deutlichen Worten folgt ein Rundumschlag, in welchem der
       UN-Sonderbeauftragte klar und präzise die Täter und Verantwortlichen
       benennt, und zwar „ganz egal, wer den ersten Schuss gefeuert hat“, so
       Perthes. „Luftangriffe werden begangen von denjenigen, die Luftstreitkräfte
       haben“, macht er deutlich und meint damit ganz konkret die sudanesische
       Armee (SAF) unter der Führung von General Abdel Burhan.
       
       Dieser hatte zuvor gewarnt, dass er die Beziehungen zu der UN-Mission
       UNITAMS abbrechen würden, wenn Perthes auf der UN-Sicherheitsratssitzung
       sprechen würde. Die Junta in Khartum hatte Perthes bereits im Juni die
       diplomatischen Akkreditierungen entzogen, nachdem die die Generäle ihm
       Voreingenommenheit und irreführende Berichte über die Friedensbemühungen im
       Land vorgeworfen hatte. Er musste daraufhin [4][das Land verlassen] und war
       seither nur noch im UN-Hauptquartier in New York anwesend.
       
       ## Klare Benennung der Täter
       
       Aber auch gegenüber den Veranwortlichen Anführern der Schnellen
       Einsatztruppe (RSF) unter der Führung von General Mohamed Hamdan Dagalo,
       bekannt unter seinem Kriegsnamen Hametti, nimmt Perthes kein Blatt vor den
       Mund: „Die meisten sexuellen Gewalttaten, Plünderungen und Morde ereignen
       sich in von der RSF kontrollierten Gebieten und werden von der RSF und
       ihren Verbündeten durchgeführt oder toleriert“, stellte Perthes klar. Beide
       Kriegsparteien nähmen zudem „willkürlich Zivilisten fest, inhaftieren sie
       und foltern sie sogar“, sagte er. Es gebe „Berichte über außergerichtliche
       Tötungen.“
       
       „Lassen Sie mich mit einer persönlichen Bemerkung zum Ende kommen“, bittet
       der deutsche Sonderbeauftragte letztlich und macht eine kurze Pause, um
       sich zu sammeln. „Ich bin dem Generalsekretär dankbar für diese Gelegenheit
       und für sein Vertrauen in mich, aber ich habe ihn gebeten, mich von dieser
       Pflicht zu entbinden“, fährt er fort und reicht also offiziell sein
       Rücktrittsgesuch ein.
       
       Damit nimmt Perthes nicht nur den Hut, sondern gesteht quasi auch ein
       Scheitern der UN-Diplomatie ein, die mit dazu beigetragen habe, dass der
       2021 nach dem Sturz des Langzeitherrschers Omar al Bashir begonnen
       Übergangsprozess in einen Bürgerkrieg mündete.
       
       Er stellt klar: Militärführer sollten nicht weiter das Land regieren. Es
       seien zudem alle Nachbarländer sowie regionale und internationale
       Organisationen gefragt, ihre Vermittlungsbemühungen zu koordinieren, um
       gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um einen Waffenstillstand und
       Friedensverhandlungen zu erzielen.
       
       Dann tritt Perthes ab.
       
       14 Sep 2023
       
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