# taz.de -- Spannungen auf dem Westbalkan: Dodik gegen Schmidt
       
       > Der Serbenführer Dodik hat dem Hohen Repräsentanten Schmidt mit
       > Verhaftung gedroht, sollte er die Republika Srpska betreten. Der
       > reagierte gelassen.
       
 (IMG) Bild: Milorad Dodik lehnt sich aus dem Fenster: Er droht, Christian Schmidt zu verhaften
       
       Sarajevo taz | Als der bosnische Serbenführer Milorad Dodik am Mittwoch
       letzter Woche damit gedroht hatte, den Hohen Repräsentanten der
       Internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina, Christian
       Schmidt, zu verhaften, sollte der seinen Fuß auf das Gebiet der serbischen
       Entität setzen, herrschte allenthalben Aufregung in Sarajevo und den
       diplomatischen Vertretungen.
       
       Schmidt reagierte in einem Interview mit der FAZ am Freitag jedoch kühl auf
       die Ankündigung, ihn zu verhaften und beharrte auf sein Recht, alle Teile
       Bosnien und Herzegowinas besuchen zu können. Er habe in den nächsten Tagen
       und Wochen Termine dort, insbesondere in Banja Luka, aber auch in anderen
       Städten. Daran halte er fest. Er habe nicht vor, sich zu beugen,
       bekräftigte Schmidt am Freitag auch gegenüber der taz. [1][Der einzige, der
       sich mit diesem Verhalten in die Krise stürze, sei Dodik selber, so
       Schmidt].
       
       Die internationalen Institutionen hätten eine klare Antwort geben müssen,
       denn Dodik hatte schon letzte Woche versucht, die Grenze zwischen den
       Landesteilen durch seine Anhänger absperren zu lassen. Damit wollte er den
       Plan der serbischen Nationalisten, die serbische Entität vom Gesamtstaat
       abzuspalten, deutlich machen.
       
       Seine Anhänger sperrten die Straße in Dobrinja, einem Vorort von Sarajevo,
       an der Stelle, wo serbische Extremisten schon 1996 eine Mauer ähnlich der
       Berliner errichten wollten. Damals fuhren Panzer der internationalen
       Security Force vor und beendeten den Spuk.
       
       ## Antwort der Internationalen Gemeinschaft bleibt aus
       
       Heute blieb eine klare Antwort der Internationalen Gemeinschaft jedoch aus.
       Nach Ansicht der meisten Diplomaten versuche Dodik mit dieser Aktion
       lediglich, den drohenden Staatsbankrott aufzuhalten und sich das auf dem
       Gebiet der serbischen Entität liegende Staatseigentum Bosnien und
       Herzegowinas anzueignen.
       
       Es handelt sich dabei um einen beträchtlichen Besitz an Wäldern und
       Liegenschaften des ehemaligen Jugoslawien. Dodik hatte schon vor Jahren
       damit begonnen, diese Liegenschaften für die Aufnahme von Krediten zu
       verpfänden, da die Republika Srpska in ständiger Finanznot ist. Sollte er
       nicht die Kontrolle über sie erhalten, würden auch die Geldgeber in den
       Strudel des Bankrotts der serbischen Entität gerissen, verlören auf jeden
       Fall viel Geld.
       
       [2][Die Ankündigung Schmidt zu verhaften], erfolgte nur wenige Tage nach
       einer Anklageerhebung der Staatsanwaltsschaft in Sarajevo gegen Dodik. So
       könnte die bosnische Justiz gegen Dodik vorgehen. Die bosnische
       Staatsanwaltschaft wirft dem Serbenführer vor, durch neue Gesetze
       Entscheidungen des Hohen Repräsentanten und des Verfassungsgerichts zu
       umgehen oder zu ignorieren. Anfang Juli hatte der Serbenführer demgegenüber
       angekündigt, dass er nun seinerseits die Entscheidungen des Hohen
       Repräsentanten nicht mehr anerkennen werde.
       
       ## Anhaltender Protest gegen Dodik
       
       Dodik versuche nur, [3][an die Liegenschaften zu kommen], ist eine der
       Schlussfolgerungen aus dem Konflikt. Wird der Hohe Repräsentant an diesem
       Punkt nachgeben? Schmidt hat schon angedeutet, dass man über eine
       gemeinsame Gesellschaft der Volksgruppen oder Institutionen nachdenken
       könnte, um den Konflikt zu befrieden.
       
       Mit so etwas würden sich aber die anderen Parteien, sogar die serbischen
       Demonstranten in Banja Luka, nicht mehr zufriedengeben. Denn seit Tagen
       wird in Banja Luka gegen Dodik demonstriert. Die Demonstranten werfen Dodik
       Wahlbetrug vor und fordern seinen Rücktritt. Dodik sitzt nicht so fest im
       Sattel, wie es für viele erscheinen mag. Und Schmidt hat gegenüber der taz
       angedeutet, dass er das Verhalten Dodiks nicht als Spiel ansieht, sondern
       als einen sehr ernsten Vorgang. Denn auch Journalisten müssen jetzt
       fürchten, verhaftet zu werden.
       
       ## Deutschland beendet Engagement in der Republika Srpska
       
       Immerhin hat Deutschland alle Projekte und deren Finanzierung in der
       Republika Srpska eingestellt. [4][Manuel Sarrazin, der Sonderbeauftragte
       der Bundesregierung für den Westbalkan], fuhr am Donnerstag nach Banja
       Luka, um mit Dodik zu sprechen und ihm die „Haltung der Bundesregierung“ zu
       erläutern.
       
       Es bleibt nach Aussagen Sarrazins gegenüber der taz dabei, dass Deutschland
       sein Engagement für Projekte in der serbischen Entität zurückzieht. Es
       handelt sich dabei um mehr als 100 Miollionen Euro. In der
       bosniakisch-kroatischen Föderation in Bosnien und Herzegowina geht die
       Finanzierung von Projekten jedoch weiter.
       
       8 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bosnien-und-Herzegowina/!5941652
 (DIR) [2] /Hoher-Repraesentant-in-Bosnien-Herzegowina/!5931072
 (DIR) [3] /Provokationen-in-Bosnien-und-Herzegowina/!5930715
 (DIR) [4] /Vor-der-Westbalkan-Konferenz-in-Berlin/!5892657
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Milorad Dodik
 (DIR) Republika Srpska
 (DIR) Christian Schmidt
 (DIR) Westbalkan-Staaten
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Bosnien-Herzegowina
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Milorad Dodik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wahlrecht in Bosnien und Herzegowina: Effizienz und Transparenz
       
       Ein neues Gesetz soll Wahlbetrug verhindern sowie den Einfluss serbischer
       und kroatischer Nationalisten verringern. Im Oktober sind Kommunalwahlen.
       
 (DIR) Christian Schmidt über Präsident Dodik: „Es gibt kein Vertrauen der Wähler“
       
       Welchen Einfluss hat die Militärparade in der Republika Srpska, der
       serbischen Entität in Bosnien-Herzegowina, auf EU-Beitrittsverhandlungen?
       Schmidt nennt die rote Linie.
       
 (DIR) Europäischer Gerichtshof zu Bosnien: Braucht es eine neue Verfassung?
       
       Die Verfassung in Bosnien und Herzegowina verstößt gegen europäisches
       Recht. 28 Jahre nach dem Frieden von Dayton nimmt der Nationalismus im Land
       zu.
       
 (DIR) Spannungen im Westbalkan: Gescheiterte Strategie des Westens
       
       Die EU und die USA wollen die serbischen Nationalisten durch einen
       verständnisvollen, aber gefährlichen Kurs für sich gewinnen. Doch es regt
       sich Widerstand.
       
 (DIR) Maulkorb für Kritiker in Bosnien-Herzegowina: Auf dem Weg in die Diktatur
       
       In der serbischen Teilrepublik soll Verleumdung künftig unter Strafe
       stehen. Präsident Dodik versucht damit, Kritiker mundtot zu machen.