# taz.de -- Ergebnis der Landtagswahlen in Malaysia: Im ethnisch-religiösen Sumpf
       
       > In Malaysia stärken die Ergebnisse die allgemeine Verunsicherung. Doch
       > ironischerweise könnte das die Regierung stabilisieren, glaubt ein
       > Politologe.
       
 (IMG) Bild: Seine Partei hat an Zustimmung verloren, aber seine Regierung ist stabil: Premierminister Ibrahim
       
       Kuala Lumpur taz | Das Ergebnis der Landtagswahlen in sechs Bundesstaaten
       Malaysias hat die politische Situation verkompliziert. Der Status quo wurde
       am 12. August zwar bestätigt: In drei Staaten haben die von der
       Reformkoalition Pakatan Harapan (PH – Allianz der Hoffnung) und der
       Umno-Partei gestellten Regierungen gewonnen, in den anderen drei die
       dortigen konservativen Regierungen der Oppositionskoalition Perikatan
       Nasional (PN – Nationale Allianz) mit der islamistischen PAS als stärkste
       Partnerin. Aber zum Verdruss von Premierminister Anwar Ibrahim konnte die
       PN auch in den Hochburgen seiner PH-Umno-Koalition deutlich hinzugewinnen.
       
       „Das Wahlergebnis zeigt die tiefe Spaltung der Gesellschaft“, sagt der
       Politologe Azmil Tayeb von der Universität Sains Malaysia der taz. „Die
       meisten ethnischen Malaien haben für die PN gestimmt.“ Denn Malaysias
       Parteien wurden bisher nicht über Ideologien und Programme definiert,
       sondern durch ihre ethnisch-religiöse Zugehörigkeit.
       
       Die seit neun Monaten auf nationaler Ebene regierende Koalition [1][von
       Anwar Ibrahim ist der Versuch eines multiethnischen und multireligiösen
       Bündnisses]. Ihr gehören die von Chinesen dominierte DAP und die Umno,
       bisher Bannerträgerin der malaiischen Muslime, an, obwohl die untereinander
       verfeindet sind. 60 Prozent der Malaysier sind muslimische Malaien, 40
       Prozent chinesischer oder indischer Abstammung und gehören verschiedenen
       Religionen an.
       
       Die jahrzehntelang zusammen mit einer kleinen unbedeutenden Partei der
       chinesischen und indischen Malaysier regierende Umno ist jedoch tief im
       Korruptionssumpf versunken. Schon bei den letzten beiden Parlamentswahlen
       hat sie deshalb massiv Wähler an die PN als neuem Sammlungsort der
       muslimischen Malaien verlor.
       
       ## Swatch-Uhren in Malaysia verboten
       
       Für die politische Zukunft haben sowohl die Regierungskoalition als Ganzes,
       die Umno als Partei sowie die Opposition nur die Wahl zwischen Teufel und
       Beelzebub. „Die Umno müsste sich von Grund auf reformieren“, mein Ibrahim
       Suffian vom Forschungsinstitut Merdeka-Zentrum der taz. „Wie sie das
       hinkriegen soll, weiß niemand. Beim letzten Parteitag wurden alle
       prominenten Kritiker von Parteichef Ahmad Zahid Hamidi aus der Partei
       entfernt.“
       
       Hamidi ist derzeit Vize-Premier und in mehreren Korruptionsfällen
       angeklagt. PH wie PN haben nur ihre jeweiligen ethnisch-religiösen
       Wählerschichten erreicht. „Beide müssten jetzt eigentlich Strategien
       entwickeln, um Menschen jenseits ihrer Stammklientel für sich zu gewinnen“,
       sagt Azmil Tayeb.
       
       Anwars Regierung habe kurz vor der Wahl mit dem Verbot von
       [2][Regenbogen-Uhren aus der „Pride Collection“ von Swatch noch die
       islamische Karte] gespielt. Aber die Anbiederung an den
       islamisch-konservativen Kurs der PN werde nicht ziehen, warnt Azmil. „Die
       Malaien werden Anwar nicht trauen, während sich nichtmalaiische Wähler
       verraten fühlen.“
       
       Wie [3][schon bei Parlamentswahl 2022 wählten auch jetzt die malaiische
       Jungwähler überwiegend die PN.] Damit geht laut Azmil die Saat auf, die
       Anwar zu Beginn seiner politischen Karriere vor 40 Jahren mit der
       Islamisierung von Politik, Bildung und Gesellschaft selbst gesät hat. „Wir
       haben jetzt zwei Generationen, die in diesem System aufgewachsen sind.“
       
       Wie es jetzt weitergeht, hängt davon ab, ob die Akteure bereit sind,
       Politik nicht mehr entlang ethnisch-religiöser Grenzen zu betreiben,
       sondern aus dem diversen Malaysia eine inklusive Gesellschaft zu machen.
       Der allgemeinen Verunsicherung kann Azmil auch etwas Positives abgewinnen.
       „Die Regierung Anwar ist zunächst stabil.“
       
       13 Aug 2023
       
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