# taz.de -- Verbrannte Migranten in Griechenland: Eine neue Qualität
       
       > 18 Geflüchtete sterben bei Waldbränden in Griechenland. Migranten werden
       > beschuldigt, die Feuer gelegt zu haben. Es trifft wieder die ganz unten.
       
 (IMG) Bild: Der Baum brennt: In Griechenland werden die Waldbrände dazu genutzt, Fremdenhass zu schüren
       
       Erneut sind es unfassbare Nachrichten: Am Dienstag [1][wurden 18 verkohlte
       Leichen von Geflüchteten im Dadiaswald an der griechischen Festlandgrenze
       zur Türkei gefunden]. Sie waren auf dem Weg ins Landesinnere, bis sie im
       Dadiaswald, einer Durchgangsstation für viele Migranten, bei einem
       Waldbrand ihr Leben verloren. [2][Erst Mitte Juni ertranken vor der
       griechischen Küste vor Pylos mutmaßlich 646 Flüchtlinge im Laderaum eines
       heillos überfüllten Fischkutters.]
       
       Ob im Mittelmeer oder auf dem Festland: Schutzsuchende sterben auf ihrem
       mühsamen Weg in ein neues, sicheres Leben, auch in Europa. Im Fall der
       verbrannten Migranten im Wald steckt jedoch eine völlig neue Qualität: Die
       griechische Öffentlichkeit bezichtigt Geflüchtete, die Waldbrände gelegt zu
       haben.
       
       Offen wird zu einem Pogrom gegen sie aufgerufen. Das Narrativ: der
       Geflüchtete sei der skrupellose Brandstifter, der Hellas in Schutt und
       Asche legt. Darin steckt eine abscheuliche Fremdenfeindlichkeit und
       Islamophobie. Die Staatsfeinde Nummer eins hätten nur eines im Sinn: das
       christliche Abendland zu vernichten.
       
       Eine Metapher dürfte lehrreich sein. Die [3][US-Juristin Kimberlé
       Crenshaw], die die kritische „Rassen“-Theorie (mit)entwickelte, verwendet
       sie: Man stelle sich einen Keller voller Menschen vor, von denen einige,
       wie bei einer menschlichen Pyramide, auf den Schultern anderer Menschen
       stehen. Diese Pyramide reicht bis an eine Decke. Oberhalb der Decke sind
       die Privilegierten der Gesellschaft, deren Rechte voll anerkannt sind. Ab
       und an öffnen die Privilegierten eine kleine Tür.
       
       So lassen sie nur jene im Keller die obere Etage betreten, die sich direkt
       unter dem Dach befinden und nur in einem Faktor wie Hautfarbe, Geschlecht
       oder Religion benachteiligt sind. Ganz unten im Keller befinden sich jene,
       die gleich mehrfach von Ungleichheit betroffen sind. Letztere schaffen es
       nie, der Tiefe zu entkommen. Diese Ordnung der Welt wird uns durch den
       Laderaum des Fischkutters vor Pylos vor Augen geführt. Oder durch den
       Massentod im Dadiaswald. Diese Ordnung der Welt ist ganz und gar nicht in
       Ordnung.
       
       23 Aug 2023
       
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