# taz.de -- Pride Wochenende in Berlin: Queere Seifenblasen auf der A100
       
       > Zum Ausklang des Pride Wochenendes gibt es im Club Ost eine ausgelassene
       > Party. Der ist jedoch durch die geplante Verlängerung der A100 bedroht.
       
 (IMG) Bild: Voller Freude und Energie tanzten Besucher*innen am Sonntagnachmittag im Club Ost
       
       Pinke Miniröcke, hochhackige Absatzstiefel besetzt mit bunten Pailletten
       und natürlich ganz viel Glitzer. Mit ihren Outfits scheinen sich die
       Menschen auf dem Hoe_Mies, ein queeres DJ Event im Club Ost, auch
       Ausgelassenheit übergestreift zu haben. Unter dem grauen, wolkenbedeckten
       Himmel tanzen sie voller Energie und Freude. Die Stimmung zum Abschluss des
       [1][Pride Wochenendes in Berlin] könnte kaum besser sein. Es wird
       getrunken, gelacht und gefeiert. Den Nieselregen am Sonntagnachmittag
       scheinen sie kaum zu bemerken. Dafür ist die Party viel zu gut.
       
       Berechtigterweise gab es vor und während des Pride Wochenendes viel Kritik
       an Partys, die keine sein sollten. Der große CSD steht nicht nur für seine
       [2][Kommerzialisierung], sondern auch für seinen Partycharakter zurecht in
       der Kritik. In der Tradition der Stonewall Riots, die ganz sicher keine
       Party waren, kämpfen queere Menschen weiterhin für ihre Rechte.
       Queerfeindliche Ausschreitungen am Wochenende machten der Community erneut
       schmerzlich klar, dass ihre Kämpfe noch nicht vorbei sind. Und trotzdem –
       oder eher genau deshalb war es nie so wichtig wie jetzt, queere Freude zu
       leben. Kraft zu sammeln, um weiter kämpfen zu können. Sich gegenseitig zu
       sehen und zu feiern.
       
       Für viele queere Menschen sind die Berliner Clubs ein wichtiger Raum, um
       sich ausdrücken und austauschen zu können. Die Hoe_Mies, hinter dem die
       Künstlerin Gizem steht, versucht, diese Räume zu erschaffen. Safe(r)
       Spaces, in denen die Musik von Frauen, trans* und nichtbinären Personen im
       Mittelpunkt steht. Außerdem gibt es auf den Events ein Awareness-Team, das
       für einen diskriminierungsfreien Raum sorgen soll. Aufmerksam laufen die
       Menschen in den gelben Westen umher.
       
       ## Erleichterte Gesichter
       
       Das Event am Sonntag heißt Daydreamers, denn es beginnt schon tagsüber. Als
       hätte man ein Nachtsichtgerät im Club vor den Augen, ist es plötzlich
       möglich, alle beim Feiern genau zu betrachten. Freudige, erleichterte
       Gesichtsausdrücke und Körper, die sich beim Tanzen entspannen. Zwei
       Tänzer*innen schauen sich kurz an und sagen sich gegenseitig wie sicher
       und frei sie sich gerade fühlen. Fast surreal wirkt die friedliche,
       fröhliche Atmosphäre. In der ewig langen Toilettenschlange unterhalten sich
       Besucher*innen darüber, dass die gefühlte Sicherheit hier drinnen nicht
       auf die Situation „da draußen“ übertragbar ist. „Und trotzdem tut es so
       gut.“ Eine queere Seifenblase, die zwar jederzeit zerplatzen kann. Aber
       gerade ist es trotzdem schön in ihr zu sein.
       
       Zweites Gesprächsthema in der weiter anwachsenden Toilettenschlange sind
       zwei Influencer*innen, die auch auf dem Event sind. Gialu und Gazelle sind
       in der queeren Community bekannt für ihren trans* Aktivismus. Zuerst
       sprechen nur zwei, kurze Bald spricht die ganze Schlange darüber, ob sie
       die beiden Aktivist*innen auch schon gesehen oder vielleicht sogar
       direkt neben ihnen getanzt haben. Menschen tauschen sich darüber aus, wie
       ihnen die beiden damals geholfen haben, zu verstehen, wer sie sind.
       „Repräsentation und so, haha“, sagt eine Besucher*in lachend. „Rettet
       vielleicht nicht die Welt, aber ist manchmal auch einfach schön, sich nicht
       alleine zu fühlen.“
       
       Events wie dieses könnten bald vor dem Aus stehen. Oder zumindest nicht
       mehr im weitläufigen Garten des Club Ost stattfinden. Dieser ist wie vier
       weitere Clubs vom Abriss bedroht. [3][Die geplante Verlängerung der
       Stadtautobahn A 100 von Neukölln nach Friedrichshain] verläuft genau dort,
       wo sich gerade zwei junge Besucher*innen gegenseitig dabei helfen,
       glitzernden Lidschatten aufzutragen.
       
       24 Jul 2023
       
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