# taz.de -- Serie „Florida Man“ bei Netflix: Meme mit Moral
       
       > Die Netflix-Serie „Florida Man“ spielt mit dem Bild des kriminellen,
       > seltsamen Mannes, das schon seit „Miami Blues“ Popkultur prägt.
       > Unterhaltsam!
       
 (IMG) Bild: Haben nur Stress in Florida: Mike Valentine (Edgar Ramírez) und Delly West (Abbey Lee)
       
       Ein Mann hat Spielschulden und muss sie nun bei einem Gangster in
       Philadelphia abarbeiten. Als dessen Geliebte sich nach Florida absetzt,
       wird unser Mann beauftragt, sie zurück zu holen. Mindestens drei Dinge
       verschärfen die Sache: Erstens hat dieser Mike Valentine selbst eine zur
       Liebesgeschichte tendierende Affäre mit der Gangsterbraut Delly West;
       zweitens stammt er aus Florida und wollte nie zurück; drittens ist er ein
       Ex-Cop mit einer eifersüchtigen Ex-Frau, die noch [1][aktive Polizistin]
       ist– und die ermittelt gegen den Gangster. Und dann ist da plötzlich auch
       noch ein alter Piratenschatz im Spiel, den Alle haben wollen.
       
       Schon diese Aufzählung zeigt: Die Mini-Serie „Florida Man“ (sieben Folgen,
       [2][Netflix]) leidet nicht an einem Mangel an sich verschlingenden
       Handlungssträngen; zudem die Inhaltsangabe und das aufzuzählende
       Personenregister sich noch beträchtlich erweitern ließen. Für eine
       Netflixserie überraschend ist dabei der Eindruck, hier habe bei der
       Endabnahme ein Redakteur des deutschen öffentlich—rechtlichen Rundfunks ein
       paar Worte mitgeredet.
       
       So unorganisch nämlich wirken manche Nebenhandlungen, als ob da jemand
       gesagt hätte: „Müssen wir nicht Frau Maier und Herrn Müller auch noch was
       bieten, damit die Quoten stimmen, ich als Verantwortlicher keinen Ärger
       kriege und weiterhin meinen Immobilienkredit bedienen kann? Und überhaupt –
       ein bisserl eine Sozialkritik muss da schon auch noch rein, von wegen
       Bildungsauftrag und so.“
       
       Und sowas geht eben wie immer, wenn auf eine Geschichte alles mögliche
       Gutgemeinte draufgesattlet werden soll, enorm schief.
       
       ## Das Meme vom „Florida Man“
       
       Bei einer solchen Kritik stehenzubleiben und damit von der Serie abzuraten,
       wäre aber verfehlt. „Florida Man“ hat prima Gags, mit Abbey Lee als Delly
       und Otmara Marrero als Mike Valentines Schwester Patsy zwei sehr starke
       Darstellerinnen. Anthony LaPaglia, der Mikes kriminellen Vater spielt, und
       der Grund ist, warum dieser den Sunshine State verlassen hat, ist immer ein
       paar Stunden vor der Glotze wert.
       
       Der Begriff „Florida Man“ ist ein Meme, also ein Klischee in Text und/oder
       Bild, das sich dank Internet verbreitet und sprichwörtlich-kultig wird:
       dass vor allem Männer [3][aus Florida] wie [4][Donald Trump] seltsame,
       kriminelle, brutale Dinge tun und damit in die Medien geraten. Das ist
       allerdings nichts vollkommen Neues.
       
       Florida erlangte bereits mit den Miami-Krimis des großen
       Pulpschriftstellers Charles Willeford und spätestens mit der Verfilmung
       seines Romans „Miami Blues“ (1990) den Ruf einer Gegend, in der vom Normalo
       bis zum Soziopathen alle nochmal das Allermieseste aus ihrem Charakter
       herausholen: Alec Baldwin und Jennifer Jason Leigh stehen dafür in „Miami
       Blues“ auf großartige Weise ein.
       
       Von dieser Härte ist „Florida Man“ dann doch ein ganzes Stück entfernt. Das
       liegt nicht zuletzt und ohne ihm daraus einen Vorwurf machen zu können, am
       einfach zu knuddeligen Auftreten von Édgar Ramírez als Mike Valentine. Er
       ist der zwar spielsüchtige und geldgierige, aber sonst gute Junge, der ja
       eben auch alles dafür getan hat, kein „Florida Man“ wie sein Vater zu
       werden.
       
       Wer es dunkler mag, sollte sich den ebenfalls „Florida Man“ (2015)
       betitelten Dokumentarfilm von Sean Dunne nicht entgehen lassen ([5][hier]
       und [6][hier] kostenlos zu sehen). Obdachlose, kranke Männer treten hier
       aus dem Schatten der schäbigen, heißen Nächte, sagen Wahrheiten, die nicht
       nur in Florida niemand hören will oder spenden sich mit der Bibel in der
       Hand Trost, weil sie buchstäblich nichts anderes mehr haben: „Why the hell
       are we here? It's got to be something else. This is a test, that's all this
       is. There must be another level.“
       
       12 Jul 2023
       
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 (DIR) [5] https://briansmith.com/florida-man-film-by-sean-dunne/
 (DIR) [6] https://www.br.de/puls/themen/netz/florida-man-doku-vimeo-100.html?fbclid=IwAR0XOb8JYuAPCnXDCu0z1hi-N7dVRcnJZ5rVfrReF1t0h6_mq-ESK1XzZS8
       
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