# taz.de -- Hilfe bei der Steuererklärung: Der Selbstanzeige-Trick
       
       > Steuererklärung leicht gemacht: Wie ich kürzlich ganz legal 1.200 Euro
       > Honorar für den Steuerberater gespart habe.
       
 (IMG) Bild: Steuererklärungen machen keinen Spaß. Warum nicht das Finanzamt stärker miteinbeziehen?
       
       Mein Steuerberater Abdullah, der im türkischen Café all die Jahre meine
       Lohnsteuer für einen Döner-Pita und ein Glas Tee ausgefüllt hat, kehrt auf
       völlig verantwortungslose Weise Hals über Kopf in die Türkei zurück. Meinen
       Einwand, was aus mir denn jetzt wird, ignoriert er einfach. Angeblich sei
       ihm die Zukunft seiner Kinder viel wichtiger als meine blöde
       Steuererklärung, wie er mir total gefühllos ins Gesicht schmettert. Und so
       was nannte sich all die Jahre „Freund“!
       
       Ich hasse Abdullah!
       
       Umso mehr, als der neue Halsabschneider von Steuerberaterbüro „Ludwig Amsel
       und Sohn“, zu dem ich gezwungen bin zu gehen, für die paar Seiten
       Steuererklärung satte 1.200 Euro haben will.
       
       Also laufe ich direkt zum Finanzamt, um mich selbst als Steuerhinterzieher
       anzuzeigen.
       
       „Was wollen Sie nochmal?“, fragt die Dame am Empfang irritiert.
       
       „Zu der Abteilung für Steuerbetrüger“, sage ich streng.
       
       „Wollen Sie jemanden anzeigen?“
       
       „Ja, mich! Ich zeige mich als Steuerbetrüger an. Ich bin der Schlimmste von
       allen. Der [1][Uli Hoeneß] ist nichts dagegen.“
       
       „Sie wollen also Selbstanzeige stellen?“, fragt sie wieder verwundert.
       
       „Ja. Auf der neuen [2][Steuerbetrüger-CD] aus der Schweiz ist mein Name
       drauf. Ich kann mit dieser Schande nicht leben.“
       
       „Sehr edel von Ihnen. Sollen sich doch alle Betrüger des Landes ein
       Beispiel an Ihnen nehmen“, strahlt sie.
       
       Der zuständige Betrugs-Fachmann ist auch voll des Lobes: „Herr Engin, wenn
       alle Steuerbetrüger so ehrlich wären wie Sie, dann wäre mir um den Standort
       Deutschland nicht bange“, ruft er überschwänglich mit großem Grinsen im
       Gesicht.
       
       Als der ehrlichste Betrüger Deutschlands überreiche ich ihm stolz alle
       meine Unterlagen und lehne mich auf meinem Stuhl zufrieden zurück.
       
       Nach zwei Stunden harter Arbeit stellt er erfreut fest: „Ich muss sagen,
       ich konnte nirgendwo eine Unregelmäßigkeit feststellen. Herr Engin, machen
       Sie sich keine Sorgen. Ihre Unterlagen sind absolut in Ordnung“, lobt er
       mich wie ein Drittklässler nach einer gelungenen Mathearbeit.
       
       „Da bin ich aber froh. Jetzt brauche ich wegen der CD aus der Schweiz keine
       Angst mehr zu haben, nicht wahr?“, tue ich erleichtert.
       
       „Nein, das brauchen Sie auf keinen Fall. Es kommt ohnehin äußerst selten
       vor, dass Schlosser aus Halle 4 auf internationalen Steuerbetrüger-CDs
       auftauchen“, sagt er fachmännisch.
       
       „Dann bin ich ja wirklich beruhigt.“
       
       „Ich gebe Ihre Steuererklärung an den zuständigen Sacharbeiter weiter.
       Damit ist für Sie alles erledigt. Einen angenehmen Tag noch“, wünscht er
       mir höchst freundlich, als er mit meinen Unterlagen verschwindet.
       
       Das wäre geschafft! In diesem Jahr habe ich die 1.200 Euro für den
       Steuerberater eingespart.
       
       Aber ich befürchte, dass auf Dauer eine jährliche „Selbstanzeige als
       Steuerbetrüger“ beim [3][Finanzamt] doch etwas unangenehm auffallen könnte.
       
       1 Jul 2023
       
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