# taz.de -- Überraschende Neuwahlen in Spanien: Eine Frage der Identität
       
       > Spaniens Ministerpräsident Sánchez hat nach den Regional- und
       > Kommunalwahlen nur eine Chance - und er nutzt sie. Politisch hat er viel
       > vorzuweisen.
       
 (IMG) Bild: Sanchéz ist angezählt, aber längst nicht geschlagen
       
       Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez beweist Mut. Gleich nach der
       Niederlage seiner Sozialisten bei den Kommunal- und Regionalwahlen [1][löst
       er das Parlament auf und zieht die Parlamentswahlen auf den 23. Juli vor].
       Damit erwischt er die siegreichen Rechten von Partido Popular (PP) und VOX
       kalt. Die hatten ihren Fahrplan bis zum Winter bereits vorbereitet. Sie
       wollten Sánchez Tag für Tag vorwerfen, dass er ein autoritärer,
       undemokratischer Regierungschef sei, der an seinem Amt festhält und das
       Land zerstört, statt des Volkes Willen abzufragen. Diese Kampagne ist nun
       hinfällig.
       
       Sánchez hatte nur eine Chance und er nutzt sie. Er will endlich wieder von
       Politik reden, statt von ideologischen Gespenstern wie der Zerstörung
       Spaniens durch eine längst nicht mehr aktive bewaffnete Organisation namens
       ETA, deren politische Erben, EH Bildu, ihn im Parlament bei sozialen
       Verbesserungen unterstützen. Höhere Mindestlöhne, höhere Renten, besserer
       Mieterschutz, Kündigungsschutz, Energiepreissenkung, Hilfen für [2][vom
       Klima] gebeutelte Landwirte: Sánchez hat viel vorzuweisen.
       
       Die PP wird in den kommenden Wochen ein Problem haben. Sie wird ihre
       Koalitionsabkommen in Gemeinden und Regionen mit der [3][rechtsextremen VOX
       vorstellen müssen]. Die wird die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen, die
       Diktatur zu verherrlichen, ihre rassistischen, frauen- und
       minderheitsfeindlichen Sprüche loszuwerden und Maßnahmen in die
       Koalitionsabkommen zu diktieren. Das macht Vielen Angst und könnte
       mobilisieren – für eine erneute Amtszeit von Sánchez.
       
       Anders als bei den Kommunalwahlen ist die Frage der Identität bei den
       Parlamentswahlen gut aufgehoben. Denn darum geht es: traditionell,
       machohaft, für ein uniformes, katholisches Spanien mit Stierkampf, das
       keine sexuellen Minderheiten und keine Regionalsprachen kennt – einheitlich
       und groß, wie es Franco ausdrückte – oder modern, vielfältig, bunt, sozial,
       plurinational, Vorreiter bei Rechten für alle. Vergangenheit oder Zukunft –
       am 23. Juli wird sich Spanien festlegen müssen.
       
       29 May 2023
       
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