# taz.de -- Bulgarien hat neue Regierung: Die sechste Wahl fällt vorerst aus
       
       > Lange fand sich in Bulgarien keine Regierung. Nun probieren es die
       > Liberalen mit dem Mitte-rechts-Bündnis – und brechen dabei ein
       > Wahlversprechen.
       
 (IMG) Bild: Regierungschef Nikolai Denkow (PP) und Gerb-Politikerin Marija Gabriel, die ihn ablösen wird
       
       Berlin taz | In Bulgarien scheinen Neuwahlen vorerst abgewendet – es wären
       die [1][sechsten innerhalb von zwei Jahren]. Am Montag einigte sich das
       Mitte-rechts-Bündnis aus Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens
       (Gerb) und Vereinigte Demokratische Kräfte (ODS) mit der liberalen Allianz
       Wir setzen die Veränderungen fort (PP) und Demokratisches Bulgarien (DB)
       auf die Bildung einer Regierung.
       
       Das Expertenkabinett ist zunächst auf 18 Monate begrenzt, der Posten
       des/der Ministerpräsident*in soll nach neun Monaten rotieren. Den
       Anfang als Regierungschef macht der ehemalige Bildungsminister Nikolai
       Denkow von der PP. Ihn wird dann die Gerb-Politikerin Marija Gabriel
       ablösen, die bis dato EU-Kommissarin für Forschung, Innovation, Bildung,
       Kultur und Jugend ist.
       
       Bei der Parlamentswahl am 2. April 2023 war die Partei Gerb von
       [2][Ex-Regierungschef Bojko Borissow mit 26,5 Prozent] als Siegerin
       hervorgegangen, dicht gefolgt von der PP/DB mit 24,6 Prozent. Damit käme
       die Koalition mit 133 von 240 Sitzen auf eine komfortable Mehrheit in der
       Volksversammlung.
       
       Doch selbst wenn diese Konstruktion den politischen Stillstand überwinden
       könnte – für die PP ist der Preis, den dieses Zweckbündnis kostet, hoch.
       2020 war die PP als Antikorruptionsplattform aus wochenlangen
       Massenprotesten hervorgegangen – genau jener Bewegung, die den Anfang vom
       Ende der Amtszeit Borissows einläutete.
       
       ## Bulgarien hat Sympathie für Russland
       
       Kiril Petkow, einer der beiden Vorsitzenden der PP und 2021/22
       Regierungschef, ist ein veritabler Antipode zu Borissow. Auch im letzten
       Wahlkampf hatte er wiederholt jegliche Deals mit der Gerb ausgeschlossen.
       In einer Erklärung am Dienstag entschuldigte er sich. Er habe seine
       Versprechen nicht gehalten. Dennoch sei die Entscheidung das Beste, was in
       dieser Situation habe getan werden können, sagte Petkow. Derweil machten am
       Montag in den sozialen Netzwerken Kommentare die Runde, die die jüngsten
       Entwicklungen als einen Verrat der PP an den Wähler*innen geißelten.
       
       Laut ihrer Übereinkunft will die Regierung eine Pro-Europa-Agenda
       vorantreiben, der Balkanstaat ist seit 2007 Mitglied der EU. Dazu gehört
       der Beitritt Bulgariens zur Euro- und Schengen-Zone (letzteren hatten
       zuletzt Österreich und die Niederlande blockiert) sowie Reformen im
       Justizbereich.
       
       Ein weiterer Grund, warum die PP/DB die Kröte geschluckt haben könnte,
       dürfte die Hoffnung sein, Präsident Rumen Radew in die Schranken zu weisen.
       Dessen Gestaltungsspielraum hatte sich durch die Ernennung mehrerer
       Übergangsregierungen stark erweitert.
       
       Der Ex-General hegt Sympathien für Russland – eine Neigung, die nicht
       wenige Bulgar*innen teilen. Bei einem „Friedensmarsch“ am vergangenen
       Sonntag mit rund 1.000 Teilnehmer*innen, bei dem auch russische Flaggen zu
       sehen waren, wurde in der Hauptstadt Sofia das „Europa-Haus“ mit
       Farbbeuteln beworfen. Tenor: Die USA und die [3][EU seien die wahren
       Aggressor*innen in der Ukraine].
       
       23 May 2023
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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