# taz.de -- Xis Anruf in Kiew: Noch kein Grund zur Freude
> Gegenüber der EU präsentiert Chinas Staatschef sich mit seinem Anruf beim
> ukrainischen Präsidenten als Friedensvermittler. Glaubwürdig ist das
> nicht.
(IMG) Bild: Peking profitiert von der Abhängigkeit Moskaus: Chinas Präsident Xi beim Staatsbesuch im Kreml
Schon am Tag nach Xi Jinpings Telefonat mit Selenski folgt die
Ernüchterung: Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass es sich beim
ersten Gespräch zwischen den beiden seit Kriegsbeginn vor allem um einen
klugen Schachzug Pekings handelt.
Immerhin 14 Monate hat sich Xi trotz mehrfacher Bitten Selenskis Zeit
gelassen, [1][um endlich zum Hörer zu greifen]. Der Zeitpunkt hat mit einem
diplomatischen Eklat zu tun: Am Freitag hatte Chinas [2][Botschafter in
Paris die Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken infrage gestellt] –
und damit für immensen Missmut in der EU gesorgt, dem wichtigsten
Handelspartner der Volksrepublik. Nun geht es für China um
Schadensbegrenzung.
Vor allem aber kann Xi mit seinem Vorschlag, einen [3][Sondergesandten nach
Kiew] zu schicken, zwei scheinbar gegensätzliche Ziele erreichen: Gegenüber
Brüssel präsentiert er sich als Friedensvermittler, ohne bislang handfeste
Resultate produzieren zu müssen. Indirekt dürfte er jedoch auch seinem
„alten Freund“ Wladimir Putin beistehen: Schließlich bereiten sich die
ukrainischen Truppen gerade auf eine große Gegenoffensive vor, die China
nun mit seiner diplomatischen Intervention weiter verschieben wird.
Der tschechische Präsident und ehemalige Nato-General Petr Pavel hat seine
Skepsis an der chinesischen Vermittlerrolle so formuliert: „Ich glaube,
dass es im Interesse Chinas liegt, den Status quo zu verlängern, weil es
Russland zu einer Reihe von Zugeständnissen drängen kann“, sagte er [4][in
einem Interview gegenüber Politico].
Fakt ist: Peking profitiert von der Abhängigkeit Moskaus, doch es hat kein
Interesse daran, dass die russische Regierung in eine existenzielle Krise
gerät.
Um die Kritiker eines Besseren zu belehren, müsste Chinas Staatschef einmal
den Elefanten im Raum benennen: Dass Moskau der Aggressor ist. Bislang
spricht Peking von dessen „legitimen Sicherheitsinteressen“. Die Schuld
sieht China bei der Nato und den USA, die mit ihren Waffenlieferungen „Öl
ins Feuer gießen“ würden.
27 Apr 2023
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## AUTOREN
(DIR) Fabian Kretschmer
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