# taz.de -- Stellenabbau in den Medien: „Die Geduld ist am Ende“
       
       > In den Medien jagt gerade eine Sparrunde die nächste. Dagegen wehrt sich
       > Verdi, sagt die Gewerkschaftssekretärin Kathlen Eggerling.
       
 (IMG) Bild: Warnstreik beim RBB im Januar
       
       taz: In den vergangenen Wochen haben eine Reihe von Medienbetrieben
       Sparrunden und Entlassungswellen angekündigt, darunter RBB, SWR, Deutsche
       Welle, Springer, Gruner+Jahr und ProSiebenSat1. Was ist da los, Frau
       Eggerling? 
       
       Kathlen Eggerling: [1][Jetzt wird Digital First gnadenlos vorangetrieben].
       Sonst ist es kaum nachvollziehbar, warum jetzt mit aller Gewalt und um den
       Preis riesigen Stellenabbaus diese Sparrunden durchgedrückt werden. Die
       Voraussetzungen sind ja sehr unterschiedlich, ob ÖRR oder privates
       Unternehmen. Warum machen alle gleichzeitig diesen Schritt? Das scheint wie
       verabredet. Das eine Steinchen fällt und reißt alle anderen mit in den
       Abgrund.
       
       Verdi hat vor allem [2][den angekündigten Stellenabbau bei der Deutschen
       Welle] kritisiert. Der Personalrat kritisiert in einem offenen Brief den
       Intendanten Peter Limbourg. Was werfen Sie dem Sender vor?
       
       Die Deutsche Welle hatte in den letzten Jahren immer einen Zuwachs an
       Mitteln. Im Koalitionsvertrag ist zugesichert, DW weiter zu fördern. Warum
       dann plötzlich dieser Abbau? Das ist vorauseilender Gehorsam. Die
       Belegschaft wirft dem Intendanten vor, ohne Not zu sparen und andere
       Maßnahmen nicht ausreichend zu prüfen. Dazu ist es in den letzten Jahren zu
       einer unglaublichen Arbeitsverdichtung gekommen. Alles muss gleichzeitig
       gemacht werden: linear und digital. Das ist auch der Vorwurf der
       Sportkollegen. Sie haben all ihre Vorgaben erfüllt – und jetzt werden sie
       abgebaut.
       
       Die Sportredaktion wird fast vollständig eingestellt … 
       
       … das Budget wird um drei Viertel zusammengestrichen. Die Einschätzung der
       Mitarbeitenden ist, dass man so die Expertise der Abteilung nicht halten
       kann. Man wird mit so wenig Mitteln wohl kaum mehr Programm machen können.
       Das ist die komplette Zerstörung.
       
       Erschwerend kommt hinzu, dass viele Kolleginnen aus Ländern außerhalb
       Europas kommen. Ihre Aufenthaltsgenehmigung hängt vielfach an ihrem
       Arbeitsverhältnis. Wenn sie ihre Stelle verlieren, laufen sie Gefahr, in
       ihre Heimatländer zurückkehren zu müssen. Das kann in manchen Fällen ein
       Problem werden, für Journalisten, die in Ländern zurückkehren müssten, wo
       man Journalisten nicht wohlgesonnen ist. Limbourg hat da eine Verantwortung
       seinen Angestellten gegenüber.
       
       Die Sparrunden werden vor allem freie Mitarbeiter treffen, nicht
       Angestellte. 
       
       Das Pervertierte und das Ungerechte an diesem System ist, dass der Rundfunk
       angewiesen ist auf die freie Mitarbeit. Es wird auch immer offen gesagt:
       Die Sparmaßnahmen werden die Freien treffen, weil das am einfachsten ist.
       Dieses Manko versuchen wir beim RBB durch einen Tarifvertrag mit
       Bestandsschutz für Freie abzumildern. Wir wollen dadurch
       Beschäftigungssicherung erreichen, damit sich so was wie bei der Deutschen
       Welle nicht wiederholen kann.
       
       Auch der RBB hat angekündigt, 100 Stellen zu streichen. Wie ist da die
       Stimmung? 
       
       [3][Die Leute sind sehr sauer]. Es kann nicht sein, dass wir ausbaden
       müssen, was die alte Leitung des RBB verursacht hat, diese ganze
       Geldverschwendung, die überteuerten Gehälter, Ruhegelder. Gleichzeitig
       stecken wir seit Ende letzten Jahres in Tarifverhandlungen fest. Bei den
       anderen Öffentlich-Rechtlichen gab es leider nur sehr mäßige
       Tarifergebnisse. Sie haben sich am Tarifergebnis des öffentlichen Dienstes
       der Länder orientiert, das waren nur 2,8 Prozent. Das ist nicht mal
       Inflationsausgleich. Da konnten wir auch mit Streikmaßnahmen nicht mehr
       erreichen. Aber was der RBB uns anbietet, liegt da noch weit darunter. Sie
       haben zwar eine Einmalzahlung angeboten, aber wir wollen etwas Nachhaltiges
       erreichen, etwas, das nicht gleich verpufft. Da müssen wir mehr Druck
       machen.
       
       Wie? 
       
       Am liebsten mit dem klassischen Mittel des Streiks. Es gab beim RBB bisher
       einen Streiktag, aber da müssen noch mehr folgen. Und viele sind
       kämpferisch. Auch die freien Kollegen sind mittlerweile streik- und
       aktionserprobt. Wir wurden jetzt schon oft um Geduld gebeten und die ist
       auch irgendwann am Ende.
       
       5 Apr 2023
       
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