# taz.de -- Die Wahrheit: Frau Jesus aus Hessen
       
       > Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Nancy „Fancy“ Faeser,
       > Spitzenkandidatin für Auferstehung und Innereien der SPD.
       
 (IMG) Bild: Die rote Nancy in Berlin – halb Filmstar, halb Hessin
       
       Die Erdkugel stoppte für eine Schrecksekunde ihren Lauf, der Mond kam für
       einen Moment ins Taumeln, die Sonne selbst verlor für einen Augenblick das
       Gleichgewicht und drohte das Planetensystem aus den Angeln zu werfen, als
       die Nachricht wie eine Schockwelle durch die Milchstraße raste und endlich
       an den Festen des Weltalls rüttelte: Nancy Faeser will Ministerpräsidentin
       in Hessen werden und stellt sich dort, mitten im Zentrum des Kosmos, zur
       Wahl.
       
       Am 8. Oktober 2023 ist es so weit, falls es so weit kommt. Denn wie in
       einem Naturschauspiel erhoben sich warnende Stimmen aus dem Sumpf! Sie
       riefen aus dem Nebel der Geschichte den Namen Norbert Röttgen herbei,
       dessen ruchloser Träger einst in Nordrhein-Westfalen, gleich links von
       Hessen, die seit Menschengedenken amtierende und fleckenlose Hannelore
       Kraft aus dem Land jagen wollte und am Ende selber kenterte, womit er sehr
       zu Recht auch sein schön gepolstertes Dasein als Bundesumweltminister
       einbüßte. Verachtet und zusammengeschrumpelt, muss Röttgen seither hinter
       irgendeinem Ofen sein Dasein fristen, der Menschheit zum Gespött.
       
       Und es war einmal im hübschen Hessen selbst, dass ein Mann mit scharfen
       Kanten namens Manfred Kanther Bundesinnenminister war wie jetzt die liebe,
       weiche Nancy Faeser; mit allzu dicken Eiern ging er ins Rennen um das
       höchste und herrlichste Amt in Wiesbaden – und musste von Glück sagen, dass
       er am Abend des Wahltags mit geplatzter Hose und verbogenem Rückgrat zurück
       ins damalige Bonn kriechen durfte. Wo er sich heute befindet, weiß niemand.
       
       Sie alle waren Menschen. Nancy Faeser aber, als sie am 2. Februar des schon
       zitierten Jahres 2023 ihren Appetit auf Hessen bekundete, ist mehr. Schon
       im Alter von zehn Jahren und also zwei weniger als Jesus diskutierte sie
       mit den Schriftgelehrten im Taunus, den Lehrern am
       Albert-Schweitzer-Gymnasium in Schwalbach, und bewies sich. Während der
       eingeborene Sohn Gottes irgendwann seinen festen Wohnsitz verlor, als
       parteiloser Prophet durchs Land kringelte und tingelte und den Leuten kluge
       Reden übers Himmelreich in die Ohren senkte, machte sich die
       sozialdemokratisch geborene Tochter des Schwalbacher Bürgermeisters ehrbar
       und wickelte als klug herumhantierende Juristin in einer Wirtschaftskanzlei
       in Frankfurt (nahe Schwalbach) Geld ein.
       
       ## Auf dem Rücken der Wähler
       
       Gleich Jesus, der freilich scheiterte, waren und sind ihre wahre Bestimmung
       aber die Menschen mit Beinen und Armen, nicht der Mammon ohne. Statt im
       Heiligen Land Luft abzulassen und sich danach besser zu fühlen,
       durchwanderte sie die SPD von Schwalbach bis an die Grenzen des
       Main-Taunus-Kreises und zog 2003 auf dem Rücken der Wähler im Jerusalem
       Hessens ein, in Wiesbaden.
       
       Anders als die männliche Schreckschraube aus Palästina wusste sie sich aber
       zu behaupten und rechtzeitig Hessen zu verlassen: Statt sich an ihr Amt als
       Fraktionsführerin der SPD zu klemmen und sich im Landtag annageln zu
       lassen, floh sie im Dezember 2021 rechtzeitig nach Berlin.
       
       Schon 2009 hatte sie ihre Fühler dorthin ausgefahren und das Fangnetz
       ausgerollt, ganz ohne einen Petrus. Und fürwahr, sie zimmerte sich ein Nest
       im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und
       Juristen und grub sich mit weitem Blick auf den 8. Dezember 2021 in der
       Arbeitsgruppe „Innen“ des SPD-Parteivorstands ein, nachdem sie eine
       Mitgliedschaft in den Arbeitsgruppen „Außen“, „Oben“, „Unten“, „Vorn“ und
       „Hinten“ politisch klug verworfen hatte.
       
       ## Herrlichkeit des diesseitigen Reiches
       
       Elf Jahre lang bimste sie nun alles über Vorratsdatenschutz und
       Cybermissbrauch, Modernisierung der Bevölkerung und Kindersicherung, über
       die Schönheit des Staates und die Macht, Kraft und Herrlichkeit des
       diesseitigen Reiches voller Recht und Ordnung. Doch als sie alles bis zum
       letzten Faden gelernt hatte, als Bundesministerin des Inneren ans Licht der
       Welt gehoben wurde und ihr Wissen wie einst der Heiland äußerlich anwenden
       und ausschlachten sollte – da ward es ihr rasch langweilig; oder es war so,
       dass ein 24-Stunden-Tag sie nicht auslastete.
       
       Immer wieder begab sich Nancy Faeser daher nach Hessen, denn in Schwalbach
       hat sie anders als Jesus Mann und Kind. Und seit dem 2. Februar 2023 darf
       die Bundesinnenministerin sogar legal nach Hessen reisen, um an der
       scheintoten Landes-SPD das Wunder der Auferstehung zu wirken und sich im
       Herbst als Frau zur ersten weiblichen Ministerpräsidentin ausrufen zu
       lassen – statt hinter dem Ofen zu enden oder mit geplatztem Rückgrat zurück
       nach Berlin zu kriechen.
       
       An jenem 2. Februar 2023 setzten nach kurzem Schluckauf Weltall,
       Milchstraße, Sonne, Mond und Erde ihren ruhigen Lauf fort, als sei nichts
       geschehen. Und am 8. Oktober 2023?
       
       24 Mar 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Köhler
       
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