# taz.de -- Französische Tierschützer versus Fischer: Demos gegen Delfinsterben
       
       > Mehr als 400 tote Delfine sind an der westfranzösischen Atlantikküste
       > seit Dezember 2022 gestrandet. Tierschützer machen die Fischerei
       > verantwortlich.
       
 (IMG) Bild: Toter Delfin an einer Küste der Bretagne
       
       Paris taz | In Frankreich haben Tierschützer in den letzten Tagen gegen ein
       Delfinsterben demonstriert, für das sie die Fischerei verantwortlich
       machen. In der westfranzösischen Stadt Nantes präsentierten sie bei ihrer
       Kundgebung einen toten Delfin, der ihrer Darstellung zufolge mutwillig
       (vermutlich von Fischern) verstümmelt worden ist, um zu vertuschen, dass
       dieses Meeressäugetier sich in einem Fangnetz verfangen hatte und dann
       erstickt war. Die Delfine müssen zum Luftholen regelmäßig an die
       Wasseroberfläche, und wenn sie in Fischernetze gefangen sind, sterben sie
       nach einem 30-minütigen Leiden. Oft weisen die aufgefundenen Delfinkadaver
       Spuren von Verletzungen durch Netze auf. Auch in Paris wurde demonstriert.
       
       Solche dramatischen Folgen einer als rücksichtslos kritisierten Fischerei
       sind viel häufiger, als man bisher annahm. Seit Dezember 2022 wurden an der
       westfranzösischen Atlantikküste mehr als 400 tote Delfine entdeckt. Doch
       die Dunkelziffer soll weit höher sein: „Mehr als 80 Prozent der getöteten
       Delfine versinken im Meer. Die Zahl von 410 toten Delfinen, die man auf den
       französischen Stränden aufgefunden hat, muss mit 5 bis 10 multipliziert
       werden. Das heißt, wir müssen eher von 2500 bis 4000 ausgehen, die de Tod
       gefunden haben“, sagt Lamya Essemlali, die Vorsitzende der
       Tierschutzorganisation Sea Shepherd. Seit 2016 habe das Delfinsterben wegen
       geänderter Fangpraktiken zugenommen. Das bestätigt auch die französische
       Beobachtungsstelle für Meeressäuger Pelagis, die neben den Fangpraktiken
       als weiteren Grund auch den Rückgang der Bestände an kleinen Fischen
       anführt, von denen sich die Delfine ernähren.
       
       Der Druck auf die Fischerei wächst, weil auch die EU-Kommission Frankreich
       ersucht, die Delfine besser zu schützen. Frankreich könnte sogar dazu
       verurteilt werden, Strafzahlungen zu leisten. Dennoch unternehmen den
       Tierschützer zufolge die Behörden aus Rücksicht auf die wirtschaftlichen
       Interessen der Fischerei bisher außer ein paar rein symbolischen Aktionen
       nichts. „Kameras auf den Kuttern zu installieren, das dient bloß dazu, das
       Massaker zu beobachten. Auch akustische Warnsysteme sind nutzlos“, meint
       Allain Bougrain-Dubourg, Sprecher der Naturschutzorganisation LPO, der auch
       den französischen Präsidenten Emmanuel Macron kritisiert: „Er wird uns
       einen Gipfel (zum Schutz) des Planeten und der Ozeane ankündigen, aber was
       geschieht tatsächlich?“
       
       ## Hassbotschaft in Delfin geritzt
       
       Weil sich Organisationen wie Sea Shepherd direkt gegen sie wenden und ein
       Fangmoratorium wenigstens in gewissen Zonen im Winter fordern, reagieren
       manche Fischern offenbar wütend. Einer der am Strand entdeckten toten
       Delfine wies eine in die Haut geritzte homophobe Hassbotschaft an die
       Adresse der Tierschützer auf. Ähnlich wie bei den Kampagnen gegen Pestizide
       der Landwirtschaft wird der Kampf für Umweltschutz und die Biodiversität
       zusehends erbittert. Die Forderung, die Artenvielfalt zu schützen,
       provoziert den Zorn von Branchen, deren Aktivitäten direkt angeprangert
       werden.
       
       23 Feb 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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