# taz.de -- Zu hohe Grenzwerte für Feinstaub in der EU: Dreckige Luft verkürzt das Leben
       
       > Feinstaub macht schon in kleinen Mengen krank, sagen Gesundheitsverbände.
       > Die Grenzwerte in der Europäischen Union seien deutlich zu hoch.
       
 (IMG) Bild: Auspuff mit Abgasen eines Verbrennungsmotors
       
       Berlin taz | Die Grenzwerte für Feinstaub in der Europäischen Union sind
       deutlich zu hoch. Darauf haben Gesundheitsexperten hingewiesen. In der EU
       sind 25 Mikrogramm für kleine beziehungsweise 40 Mikrogramm für große
       Partikel erlaubt. Bereits 2021 hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
       empfohlen, Maximalwerte von 5 Mikrogramm pro Kubikmeter für kleine Partikel
       und 10 Mikrogramm für größere Teilchen im Gesetz zu verankern. Da ist eine
       riesige Diskrepanz zwischen dem, was die Wissenschaft empfiehlt, und dem,
       was der Gesetzgeber vorsieht“, kritisiert Barbara Hoffmann,
       Umweltmedizinerin der Universität Düsseldorf.
       
       Schon kleinste Feinstaubmengen können großen Schaden im menschlichen Körper
       anrichten. Darum müsse die Politik die gesetzlichen Regelungen zur
       Luftverschmutzung anpassen. Wie groß das gesundheitliche Risiko ist, werde
       oft nicht wahrgenommen, erklärte Klaus Reinhardt, Präsident der
       Bundesärztekammer. Feinstaub sei nicht zu sehen, meistens auch nicht zu
       riechen und nicht unmittelbar zu spüren.
       
       Viele Gesundheitsschäden zeigten sich erst mit zeitlicher Verzögerung –
       dafür allerdings umso schlimmer: „Von Kopf bis Fuß sind alle
       lebenswichtigen Organe betroffen“, sagte Hoffmann. [1][Feinstaub sei zum
       Beispiel krebserregend], könne chronische Lungenerkrankungen verschärfen,
       das Herzkreislaufsystem schädigen oder die Entwicklung von Demenz
       beschleunigen.
       
       Die schädlichen Luftpartikel rangierten auf Platz 4 der Gründe für
       vorzeitiges Versterben, „in Deutschland sind etwa 70.000 Todesfälle pro
       Jahr durch Luftverschmutzung mitverursacht“, so Hoffmann. Das entspreche
       ungefähr 8 Prozent aller Sterbefälle. Je kleiner die Partikel, desto größer
       die Gefahr: Kleinste Teilchen könnten am tiefsten in die Lunge vordringen,
       von dort ins Blut gelangen und so nahezu überall Entzündungsreaktionen
       hervorrufen.
       
       ## Grenzwerte für Feinstaub zu niedrig
       
       Die EU-Luftqualitätsrichtlinie, die die Grenzwerte für die Mitgliedstaaten
       festlegt, wird zurzeit überarbeitet. Im Herbst 2022 [2][legte die
       EU-Kommission Änderungsvorschläge] vor. „Leider ist die Kommission davor
       zurückgeschreckt, den Gesundheitsschutz wirklich an erste Stelle zu
       setzen“, sagte Anne Stauffer von der Organisation Health and Environmental
       Alliance (HEAL), deren Hauptsitz in Brüssel ist.
       
       Zwar wolle die Kommission die WHO-Empfehlungen umsetzen – allerdings nur
       schrittweise, erst bis 2050. Stauffer machte sich für eine vollständige
       Anpassung bis 2030 stark und ergänzte: „In diesem Gesetzesvorschlag gibt es
       zu viele Schlupflöcher, zu viele Möglichkeiten, die Grenzwerte nicht
       einzuhalten“ – etwa weil nur der Jahresgrenzwert rechtlich bindend sei.
       Tagesgrenzwerte hingegen dürften überschritten werden.
       
       Dass die EU-Kommission die Richtlinie nachbessert, ist Teil des sogenannten
       Null-Schadstoff-Aktionsplans, der wiederum zum [3][europäischen Green New
       Deal] gehört. „Wenn wir strikte Grenzwerte haben, hilft das auch dem
       Klimaschutz“, so Stauffer. Die meiste Luftverschmutzung entstehe im
       Straßenverkehr, in der Industrie und Energieerzeugung, der Landwirtschaft
       und beim Heizen, zum Beispiel mit Holzpellets. „Maßnahmen gegen Feinstaub
       dienen dem Abschied von fossilen Brennstoffen“ – und damit laut Stauffer
       auch der Verringerung von CO2-Emissionen.
       
       24 Feb 2023
       
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