# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Weitere Entlassungen und Rücktritte
       
       > In Kyjiw entlässt Selenski mehrere Vize-Minister, Gouverneure und Beamte.
       > Derweil geht Warschau in der Debatte um Panzerlieferungen den nächsten
       > Schritt.
       
 (IMG) Bild: Der ukrainische Präsident Selenskyj geht gegen Korruption in der Ukraine vor
       
       ## Weitere Entlassungen und Rücktritte in der Ukraine
       
       Nach Bekanntwerden eines mutmaßlichen Korruptionsskandals in der
       ukrainischen Armee sind am Dienstag mehrere Vize-Minister, Gouverneure und
       hochrangige Beamte zurückgetreten oder entlassen worden, wie die Regierung
       in Kyjiw mitteilte. Darunter waren der stellvertretende
       Verteidigungsminister Wjatscheslaw Schapowalow, der Vize-Sozialminister und
       zwei stellvertretende Minister für territoriale Entwicklung.
       
       Nach Angaben von Taras Melnytschuk, Vertreter der Regierung im Parlament,
       werden die Gouverneure der zentralen Region Dnipropetrowsk, der südlichen
       Regionen Saporischschja und Cherson, der nordukrainischen Region Sumy und
       der Hauptstadt Kyjiw abgesetzt. Auch zwei stellvertretende Leiter der
       ukrainischen Behörde für See- und Binnenschifffahrt wurden entlassen.
       
       Zuvor war bereits bekannt geworden, dass der stellvertretende Leiter des
       ukrainischen Präsidialamts Kyrylo Tymoschenko und der stellvertretende
       Generalstaatsanwalt Oleksij Simonenko aus ihren Ämtern scheiden. Und erst
       am vergangenen Wochenende war der Vize-Minister des Ministeriums für die
       Entwicklung von Gemeinden, Gebieten und Infrastruktur, Wasyl Losynskyj,
       wegen des Verdachts der Veruntreuung entlassen worden. Losynskyj soll
       Schmiergeld erhalten haben, um den Kauf von Generatoren zu überhöhten
       Preisen zu erleichtern. (afp)
       
       ## Kreml warnt Deutschland vor Panzerlieferungen
       
       Der Kreml hat vor einer weiteren Verschlechterung der deutsch-russischen
       Beziehungen gewarnt, sollte die Bundesregierung Leopard-Kampfpanzer in die
       Ukraine liefern lassen. „Solche Lieferungen verheißen nichts Gutes für die
       Zukunft der Beziehungen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der
       russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
       
       Weder mit Berlin noch mit anderen EU- und Nato-Staaten gebe es derzeit
       einen Dialog, sagte Peskow. Moskau hatte in der Vergangenheit schon
       mehrfach die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine als [1][Eskalation
       in dem Krieg kritisiert]. In der vergangenen Woche hat der Sprecher von
       Kremlchef Wladimir Putin allerdings auch gesagt, dass selbst westliche
       Kampfpanzer Russland nicht am Erreichen seiner Kriegsziele hindern könnten.
       Aus seiner Sicht würden sie nur das Leid der Zivilbevölkerung verlängern.
       (dpa)
       
       ## Polen beantragt Erlaubnis für Leopard-Lieferung an Ukraine
       
       Jetzt ist es offiziell: Polen hat in Deutschland eine Erlaubnis beantragt,
       Leopard-Panzer an die Ukraine liefern zu können. Das teilte der polnische
       Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak am Dienstag mit. Bislang hatte das
       Land lediglich die Bereitschaft geäußert, Kampfpanzer aus deutscher
       Herstellung an Kyjiw zu liefern.
       
       ## Ex-Premier Johnson fordert Berlin zu Panzerlieferungen auf
       
       Der britische Ex-Premier Boris Johnson hat Deutschland und andere westliche
       Verbündete zur Lieferung von Kampfpanzern aufgerufen. „Die Ukrainer
       brauchen Hunderte von Panzern, und sie sollten sie von Amerikanern,
       Deutschen, Polen und vielen anderen bekommen“, schrieb Johnson in einem
       Gastbeitrag für die Daily Mail. „Wo muss die westliche Welt diese Panzer
       denn zurzeit stationieren? Um Nordrhein-Westfalen zu bewachen? Tennessee zu
       schützen? Durch die Dörfer von Wiltshire zu streifen?“
       
       Die Ukrainer könnten „zu ihrer immensen Frustration“ mit den bisher
       gelieferten Waffen nicht ausreichend angreifen, schrieb der 58-jährige
       konservative Abgeordnete, der am Wochenende überraschend den ukrainischen
       Präsidenten Selenski in der Ukraine besucht hatte. Das Land brauche
       Flugzeuge, um Ziele aus der Luft anzugreifen, und bewaffnete Fahrzeuge und
       Panzer, um Gebiete zurückzuerobern, so Johnson.
       
       Er sei stolz darauf, dass Großbritannien erneut vorangehe und 14
       Kampfpanzer des Typs Challenger 2 in die Ukraine liefere. „Nun ist es Zeit
       für andere, sich unserem Beispiel anzuschließen.“ Er glaube nicht daran,
       dass der russische Präsident Wladimir Putin so weit gehen würde, Atomwaffen
       einzusetzen. Putin wolle den Krieg als Konflikt zwischen der Nato und
       Russland darstellen. „Das ist es aber nicht“, schrieb Johnson. „Es ist ein
       brutaler und unprovozierter Angriff auf ein unschuldiges europäisches Land,
       und alles, was die Freunde der Ukraine tun, ist, ihr zu helfen, sich selbst
       zu verteidigen.“
       
       ## Pistorius: Partner können mit Leopard-Ausbildung beginnen
       
       Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ermuntert
       Leopard-Partnerstaaten, mit der Ausbildung an dem Kampfpanzer zu beginnen.
       „Da stehen wir nicht im Weg“, sagt Pistorius bei einer Pressekonferenz mit
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Deutschland werde dies aber erst
       machen, wenn eine Entscheidung über die Lieferung von Leoparden an die
       Ukraine getroffen worden sei. Damit rechne er „in Kürze“, bekräftigt der
       SPD-Politiker. (rtr)
       
       ## Selenski entlässt Vizechef seines Büros
       
       Der Vizechef des ukrainischen Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, hat bei
       Staatschef Wolodimir Selenski nach Kritik an seiner Arbeit die Entlassung
       beantragt. Selenski entsprach dem Gesuch und entließ den Spitzenbeamten von
       seinem Posten, wie aus einem auf der Internetseite des Präsidenten
       veröffentlichten Dekret hervorgeht.
       
       Zuvor hatte Tymoschenko für Aufsehen gesorgt, weil er mit einem
       US-Geländewagen unterwegs gewesen war, den der Autokonzern General Motors
       für die Rettung von Bürgern aus den Kampfzonen im Kriegsgebiet und für
       humanitäre Missionen zur Verfügung gestellt hatte. Der Beamte hatte seine
       Fahrten damit als dienstlich verteidigt.
       
       Selenski hatte in den vergangenen Tagen nach [2][Skandalen um Korruption
       und Bereicherung] im Staatsapparat ein entschlosseneres Vorgehen gegen
       Fehlverhalten angekündigt. Ein stellvertretender Minister wurde entlassen,
       weil er Schmiergelder für den Ankauf von Stromgeneratoren kassiert haben
       soll. Das Verteidigungsministerium steht in der Kritik, Lebensmittel für
       Soldaten zu überhöhten Preisen eingekauft zu haben. Viele Bürger in der
       Ukraine verdächtigen Teile der Führung, sich im Zuge der hohen Finanzhilfen
       des Westens zu bereichern. (dpa)
       
       ## Finnland zieht Nato-Beitritt ohne Schweden in Betracht
       
       Angesichts eines möglichen [3][Neins der Türkei zu einem Nato-Beitritt
       Schwedens] muss Finnland nach Einschätzung seines Außenministers Pekka
       Haavisto einen Beitritt zum Verteidigungsbündnis ohne Stockholm in Betracht
       ziehen. Zwar bleibe ein gemeinsamer Beitritt der beiden Länder die „erste
       Option“, sagte Haavisto am Dienstag im finnischen Fernsehen. Sein Land
       müsse aber „bewerten, ob etwas passiert ist, das Schweden längerfristig
       daran hindern würde, weiterzukommen“. Es sei jedoch zu früh, „um eine
       Position einzunehmen“, sagte Haavisto.
       
       Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte am Montag angesichts des
       angestrebten Nato-Beitritts von Stockholm gesagt, „Schweden sollte von uns
       keine Unterstützung erwarten.“ Er reagierte damit auf eine Demonstration
       von Rechtsextremisten mit einer [4][Koran-Verbrennung vor der türkischen
       Botschaft] in Stockholm am Wochenende. Sie hatte Empörung in der
       islamischen Welt ausgelöst. (afp)
       
       ## Strack-Zimmermann zuversichtlich über Panzerlieferungen
       
       Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes
       Strack-Zimmermann, hat sich zuversichtlich geäußert, bei der Entscheidung
       über eine [5][Lieferung von Leopard-Kampfpanzern] an die Ukraine
       voranzukommen. Sie sei optimistisch, mit dem neuen
       Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) „gemeinsam etwas auf den
       Weg zu bringen“, sagt die FDP-Politikerin im ZDF.
       
       Einer möglichen Lieferung von Kampfflugzeugen erteilte Strack-Zimmermann
       allerdings eine Absage. „Ein Flugzeug ist was völlig anderes,
       Luftüberlegenheit zu kreieren ist was völlig anderes. Da sehe ich uns
       überhaut nicht.“ (rtr)
       
       ## Stoltenberg bekräftigt Ruf nach Waffenlieferungen
       
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte in der Debatte über eine
       Lieferung von Kampfpanzern westlicher Bauart an die Ukraine die Einheit der
       Nato und warb erneut für mehr Waffenlieferungen. Seit Beginn des Krieges
       vor knapp einem Jahr habe es in der Allianz, inklusive Deutschland, „ein
       noch nie da gewesenes Level an Unterstützung“ gegeben, sagte Stoltenberg am
       Montag im TV-Sender Welt. „Meine Botschaft ist, dass die Alliierten mehr
       liefern müssen, schwereres Gerät liefern müssen, Ausrüstung, Kampfsysteme
       für die Ukraine. Und das ist absolut dringlich notwendig.“ (dpa)
       
       ## 🐾 Neonazi an der ukrainischen Front
       
       Der Rechtsextreme Stephan K. aus Solingen kämpft in der Ukraine gegen
       Russland. Die Behörden versuchen das zu verhindern, aber er ist kein
       Einzelfall, [6][schreibt] taz-Redakteur Konrad Litschko.
       
       ## Schwere Kämpfe bei Bachmut und Awdijiwka
       
       Russische Besatzungstruppen und ukrainische Verteidiger lieferten sich am
       Montag erneut [7][schwere Kämpfe] um Bachmut und Awdijiwka im Osten der
       Ukraine. Die russischen Angriffe seien unter schweren Verlusten
       abgeschlagen worden, teilte der ukrainische Generalstab in Kyjiw am Abend
       mit. Um das gesamte Gebiet Donezk zu erobern, greife die russische Armee
       „ohne Rücksicht auf eigene Verluste“ an. Die Darstellung ließ sich zunächst
       nicht unabhängig überprüfen.
       
       Das russische Militär sprach unterdessen von einer Intensivierung der
       Kämpfe in der zentralen Region Saporischschja. Nach Vorstößen der
       russischen Einheiten in den vergangenen Tagen sei inzwischen eine
       Umgruppierung und Neuaufstellung von Einheiten auf ukrainischer Seite
       beobachtet worden, berichtete die Staatsagentur Tass. (dpa)
       
       ## Beschuss in Tschassiw Jar
       
       In der ukrainischen Stadt Tschassiw Jar sind am Montag mindestens neun
       Hochhäuser durch russischen Beschuss beschädigt worden. Eine Person sei
       dabei getötet worden, zwei weitere Menschen seien verletzt worden, teilt
       der Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, auf Telegram mit. Der
       Bericht konnte nicht unabhängig verifiziert werden. (rtr)
       
       ## Ukraine verhängt Sanktionen gegen Russisch-Orthodoxe
       
       Die Ukraine verhängt Sanktionen gegen 22 Russen, die der
       russisch-orthodoxen Kirche angehören. Sie würden „unter dem Deckmantel der
       Spiritualität Terror und eine völkermörderische Politik unterstützen“, sagt
       der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski.
       
       Laut einem Erlass des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der
       Ukraine steht auf der Liste auch Michail Gundajew, der die
       russisch-orthodoxe Kirche im Weltkirchenrat und anderen internationalen
       Organisationen in Genf vertritt. Er ist russischen Staatsmedien zufolge ein
       Neffe des Oberhaupts der [8][russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill].
       Die Ukraine hatte Kyrill im vergangenen Jahr mit Sanktionen belegt. (rtr)
       
       ## Prigoschin dankt Soledar-Kämpfern
       
       Der Chef der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, [9][Jewgeni Prigoschin],
       dankte seinen Kämpfern für ihren Einsatz beim Kampf um die ostukrainische
       Stadt Soledar. In einem am Montag verbreiteten Videoausschnitt erinnerte er
       an die vergangenen Monate im Kriegseinsatz. „Wir haben jetzt ein halbes
       Jahr Krieg hinter uns, wie ihn weder eure Großväter oder Urgroßväter erlebt
       haben“, sagte Prigoschin. Im Vergleich zu den Kämpfen um Soledar sei die
       Schlacht der Roten Armee um Stalingrad im Jahr 1942 gegen die deutsche
       Wehrmacht „eher ein Urlaub“ gewesen.
       
       Bei den wochenlangen erbitterten Kämpfen um die ostukrainische Kleinstadt
       Soledar hatten Söldner der Wagner-Truppe die Speerspitze der russischen
       Angriffe gebildet. Die Söldner erlitten bei der Eroberung des Ortes schwere
       Verluste. Prigoschin, ein Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir
       Putin, hatte für den Einsatz in der Ukraine in Russland Tausende von
       Häftlingen rekrutiert. (dpa)
       
       ## Moskau will mehr Militär in annektierten Gebieten
       
       Russland wird nach Angaben des neuen russischen Generalstabschefs
       [10][Waleri Gerassimow] drei weitere motorisierte Infanteriedivisionen in
       den ukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja einsetzen. Moskau
       zufolge wurden die Regionen im September annektiert. „Das Hauptziel dieser
       Arbeit ist es, den Schutz der Souveränität und der territorialen Integrität
       unseres Landes zu gewährleisten“, sagte Gerassimow der
       Online-Nachrichtenseite Argumenti i Fakti. (rtr)
       
       24 Jan 2023
       
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