# taz.de -- Bremen gewinnt gegen Wolfsburg: Werder ist wieder auf Kurs
       
       > Nach vier Niederlagen vergrößert der SV Werder Bremen mit dem verdienten
       > 2:1 gegen den VfL Wolfsburg den Abstand auf die Abstiegsplätze.
       
 (IMG) Bild: Werders Niclas Füllkrug (Mitte) kämpft gegen Wolfsburgs Arnold (rechts) und Bornauw um den Ball
       
       Bremen taz | Seit Samstagnachmittag gibt es eine neue Position im Fußball:
       den Elfmeterpunktbewacher. Erfunden wurde sie von Werder Bremens Stürmer
       Marvin Ducksch, kurz nachdem der Videoschiedsrichter den Grün-Weißen im
       Spiel gegen den VfL Wolfsburg einen Hand-Elfmeter zugesprochen hatte.
       
       Während sich die Wolfsburger noch wütend beschwerten, schritt
       überraschenderweise nicht Werders Top-Schütze Niclas Füllkrug, sondern
       Marvin Ducksch zum Punkt und stellte sich entschlossen auf diesen. Unschöne
       Erinnerungen an das Spiel gegen den FC Augsburg wurden wach, als Ducksch
       kurz vor Schluss einen Strafstoß verschossen und einen Punkt verschenkt
       hatte.
       
       Doch diesmal wollte er nur verhindern, dass ein Wolfsburger den Punkt vor
       der Ausführung des Elfmeters absichtlich ramponiert – wie es Augsburgs
       Torwart Rafał Giekiewicz getan hatte. Groß war die Erleichterung, als
       Füllkrug, der sich noch einen neuen Ball besorgt hatte, zum 1:0
       verwandelte. „Weil er clever ist“, antwortete Füllkrug später auf die
       Frage, warum Ducksch so gehandelt habe.
       
       Diese Szene wird nicht nur in Werders Kuriositätensammlung eingehen – sie
       stand am Samstag vor allem dafür, dass der Zusammenhalt in der Mannschaft
       nach vier Niederlagen am Stück noch intakt ist. Im Vorfeld des Spieles
       gegen die „Mannschaft der Stunde“, die sechsmal hintereinander gewonnen
       hatte, war schon das Schreckgespenst der Abstiegssaison 2020/21
       aufgetaucht, als die Mannschaft sich früh auf der sicheren Seite wähnte und
       dann in einem Abwärtsstrudel versank.
       
       ## Ein deutlicher Aufwärtstrend bei den Bremern
       
       Diesmal hatten viele noch die desaströse 1:7-Niederlage in Köln vor einer
       Woche vor Augen, obwohl bei der knappen Niederlage gegen den
       Tabellenzweiten Union Berlin am Mittwoch schon ein deutlicher Aufwärtstrend
       zu erkennen war.
       
       Diesen setzte Werder gegen den VfL Wolfsburg von Anfang an fort. Hinten
       bekamen das Team viel stärkeren Zugriff auf die gegnerische Offensive als
       zuletzt, das Mittelfeld wurde mit langen Bällen oder Kombinationen
       schneller überbrückt und im letzten Drittel entstanden viele Räume für
       aussichtsreiche Abschlüsse. „Jeder hat die Wege mitgemacht, wir waren eine
       Mannschaft auf dem Platz“, sagte Abwehrchef Niklas Stark. „Das fühlt sich
       einfach gut an.“
       
       Es wurde aber auch deutlich, was bei Werder außer Geschlossenheit und
       Einsatzwillen unverzichtbar ist: die Qualität von Niclas Füllkrug. Nicht
       nur als Elfmeterschütze, sondern auch als einer, der mit Dribblings und
       klugen Pässen zahlreiche gefährliche Situationen einleitet. Und natürlich
       als nervenstarker Vollstrecker wie beim 2:0 in der 77. Minute. Es war sein
       13. Treffer in dieser Saison – aktueller Bestwert in der Bundesliga.
       
       Die Spekulationen über einen möglicherweise noch im Winter bevorstehenden
       Wechsel des Nationalspielers, der nach seinen starken Leistungen bei der WM
       auch international begehrt ist, hatte er selbst befeuert, als er Anfang des
       Jahres seine Berateragentur wechselte. Klar ist auch, dass Werder ab einer
       bestimmten Summe aus finanziellen Gründen darüber nachdenken würde, den
       vertraglich bis 2025 gebundenen Stürmer freizugeben. Sportlich wäre das ein
       Vabanque-Spiel. Füllkrug selbst sagte im Hinblick auf die am Dienstag
       endende Transfer-Periode: „Ich denke nicht, dass da noch etwas passiert.“
       
       Aber auch mit Füllkrug geht Werder nicht ohne Personalsorgen in die letzten
       16 Saisonspiele. Der erste Anzug sitzt zwar, aber dahinter besitzt der
       Kader auf mehreren Positionen nicht genug Qualität, um verletzungsbedingte
       Ausfälle oder Formkrisen kompensieren zu können. Während unmittelbare
       Konkurrenten wie der FC Augsburg oder Mainz 05 in der Winterpause personell
       nochmal zugelegt haben, hat Werder Bremen mit Nicolai Rapp sogar noch einen
       wertvollen Reservisten abgegeben. Dem Wunsch Ole Werners nach Verstärkungen
       wollte die Geschäftsführung aus finanziellen Gründen bislang nicht
       nachkommen.
       
       ## Neues Vertrauen in den Kader
       
       Neue Zuversicht in das Personal vermittelten am Samstag die Leistungen der
       offensiven Mittelfeldspieler Niklas Schmidt und Jens Stage, die für den
       verletzten Romano Schmid sowie den erkrankten Leonardo Bittencourt gekommen
       waren. In der Abwehr konnte Ole Werner es sich erlauben, den serbischen
       WM-Teilnehmer Milos Veljković erneut auf der Bank zu lassen, weil Niklas
       Stark sich als gleichwertige Alternative erwies.
       
       Die nächste Nagelprobe für die Qualität des Kaders wartet schon am
       kommenden Sonntag beim abstiegsgefährdeten VfB Stuttgart. Dort wird mit dem
       gelbgesperrten Mitchell Weiser der neben Füllkrug herausragende
       Werder-Spieler fehlen. Niemand anders versteht es so, sich auf engstem Raum
       mit Technik und Spielverständnis Vorteile zu verschaffen wie der rechte
       Außenverteidiger. Die Ruhe und Übersicht, mit denen er Füllkrug gegen
       Wolfsburg den Treffer zum 2:0 auflegte, fehlte ihm allerdings in der 6.
       Minute der Nachspielzeit. Durch ein Foul provoziert, legte er sich mit zwei
       Wolfsburgern an und erhielt die fünfte gelbe Karte.
       
       Nach dem späten Anschlusstreffer durch Kevin Paredes machte Werder es
       nochmal unnötig spannend und hatte nicht die Cleverness, den Ball in den
       eigenen Reihen zu halten. Angefeuert vom Publikum, das jeden
       Befreiungsschlag feierte, rettete die Mannschaft den wichtigen Sieg ins
       Ziel. Der ist keine Garantie für den Nicht-Abstieg, bestätigt aber Werders
       Weg, „auf unsere Stärken zu setzen und dem eigenen Fußball zu vertrauen“,
       wie Ole Werner sagte.
       
       29 Jan 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
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