# taz.de -- Bundesliga startet mit Kantersiegen: Kölle hätt et Quäntschen
       
       > Der 1. FC Köln spielt Werder Bremen mit 7:1 an die Wand. Der höchste Sieg
       > seit 40 Jahren zeigt, wie gut Steffen Baumgart die Mannschaft entwickelt.
       
 (IMG) Bild: Coach coacht in der Coachingzone: Steffen Baumgart gratuliert Steffen Tigges
       
       Das Spiel war längst entschieden, mit 5:1 führte der heimische 1. [1][FC
       Köln] zur Halbzeit gegen Werder Bremen und mancher Zuschauer richtete sich
       bereits auf eine entspannte zweite Halbzeit ein. Schließlich spielen die
       Kölner schon am Dienstagabend beim FC Bayern München. Da lag der Gedanke,
       ein paar Kräfte für dieses Spiel zu sparen, gewissermaßen auf der Hand.
       
       Aber solche Überlegungen sind tabu unter [2][Trainer] Steffen
       [3][Baumgart], der bei eisiger Winterkälte ein typisches Baumgart-Zeichen
       setzte. Nach der Pause kam der Trainer ohne seinen schwarzen Hoodie im
       T-Shirt aus der Kabine und führte weitere 45 Minuten einen besonders wilden
       Trainertanz an der Seitenlinie auf. Er trieb seine Spieler immer weiter an,
       gönnte niemanden auch nur einen Moment des Nachlassens, und am Ende hatte
       der FC mit 7:1 gewonnen.
       
       Es war der höchste Bundesligasieg des Klubs seit 40 Jahren. „Heute kann man
       das kurz genießen“, sagte der Trainer später, „aber man darf das nicht
       überbewerten“, sein Team habe eben „das Quäntchen gehabt“, das für solche
       Spiele nötig sei. Der Spruch vom berühmten „Quäntchen“ war reichlich
       untertrieben, denn die Kölner kommen ja aus einer Art Herbstkrise mit nur
       einem Punkt aus den fünf Bundesligapartien vor der WM-Pause. Jetzt macht
       der Klub wieder Tempo. Es geht weiter, immer weiter, das ist ein Hauptmotiv
       der Baumgart-Jahre, die schon jetzt eine kleine Ära sind.
       
       Weil mittlerweile jedem klar ist, dass hier nicht einfach der nächste
       Trainer in der Reihe der Gisdols, Anfangs und Beierlorzers unterwegs ist,
       sondern ein Mann, der wirklich etwas bewegen kann. In der Hinrunde war das
       noch schwierig, weil aufgrund der Teilnahme an der Conference League
       ständig Wettkämpfe absolviert werden mussten, kaum Zeit für Übungen blieb
       und viel Kraft verloren ging.
       
       Nach dem Spektakel gegen Bremen sagte Baumgart: „Wir wussten, wenn die
       Jungs den Akku wieder voll haben, dann kommen wir wieder in die Spur. Der
       große Unterschied zur Hinrunde ist, dass wir im Winter einfach trainieren
       konnten.“ Denn der FC sei eine „Entwicklungsmannschaft“, die vielen
       günstigen Spieler, die meist aus unteren Ligen kommen, brauchen viele
       Stunden auf dem Trainingsplatz.
       
       In der langen Pause hatten sie diese Zeit, und das war gut zu sehen am
       Samstagabend. Der junge Mittelfeldspieler Eric Martel, 20, der vor der
       Saison von RB Leipzig nach Köln gewechselt war, spielte genauso
       hervorragend wie der Innenverteidiger Julian Chabot, 24.
       
       Steffen Tigges, 24, leitete das 1:0 mit einem gewonnenen Zweikampf und zwei
       klugen Pässen ein, schoss das 2:0, wurde später aber vor allen Dingen wegen
       seines Treffers aus 45 Metern zum 3:0 gefeiert. „Heute hat in allen
       Bereichen alles funktioniert“, sagte Tigges, der im vergangenen Sommer von
       Borussia Dortmund zum FC gekommen war.
       
       Der Flügelspieler Linton Maina, 23, spielte schon in der Hinserie stark,
       vergab aber noch zu viele Chancen. Vor Weihnachten habe ihm „der
       Torabschluss noch gefehlt, daran arbeiten wir jeden Tag“, sagte er.
       Offensichtlich mit Erfolg. Gegen Bremen traf Maina souverän zum 1:0.
       
       Auch Denis Huseinbasic, der für eine Miniablöse von Kickers Offenbach kam,
       wird mehr und mehr zu einer tragenden Figur in dieser Mannschaft, weil
       Baumgart einfach die Fähigkeit hat, Spieler wachsen zu lassen.
       
       Und die enorme emotionale Wucht, die sowohl er selbst als auch das Kölner
       Publikum entwickeln können, hilft sehr bei diesem Prozess.
       
       Am Ende dieses Abends herrschte diese rührselig-stolze, mitunter etwas
       selbstverliebte Karnevalsstimmung in Müngersdorf, und die Menschen sangen
       in Anspielung auf die bevorstehende Reise zum Tabellenführer: „Zieht den
       Bayern die Lederhosen aus.“
       
       Das Duell in München könnte ein interessantes Spiel auf hohem Niveau
       werden, denn die Kölner Intensität kann jeder Mannschaft Probleme bereiten.
       „Wir werden auch versuchen, gegen die Bayern zu gewinnen, wir wollen was
       entwickeln, wir wollen was machen, deshalb bleiben wir mutig“, kündigte
       Baumgart an, der faszinierend gut zu diesem Fußballverein passt. Zuletzt
       deutete er sogar an, dass er bereit ist, seinen 2024 endenden Vertrag zu
       verlängern, ohne mehr Geld zu verlangen.
       
       22 Jan 2023
       
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