# taz.de -- SZ-Podcast über Sportwetten: Das Spiel endet nie
       
       > Ein neuer Podcast erzählt tiefschürfend und spannend vom problematischen
       > Phänomen Sportwetten. Süchtige wie auch Wettbürobetreiber kommen zu Wort.
       
 (IMG) Bild: Oliver Kahn beim Tipico Renntag in Köln, 2019
       
       Island gilt nicht gerade als Basketballnation. Trotzdem gibt es in
       Deutschland Menschen, die ganz genau wissen, dass der IR Reykjavík zuletzt
       gegen Tindastóll in der ersten isländischen Basketballliga verloren hat;
       oder wie es gerade um Rugby in Frankreich und Eishockey in Österreich
       steht.
       
       Menschen, die all das auf dem Radar haben, sind oft nicht nur fanatische
       Sportfans. Denn auf all diese Sportereignisse lässt sich ganz bequem online
       oder in deutschen Wettbüros Geld setzen und mit etwas Glück auch gewinnen.
       Es sind Menschen wie Paul, der von sich sagt, dass er auf bis zu 15
       verschiedene Sportarten gewettet hat. Dass er sogar Boulevardmedien
       studierte, um herauszufinden, welcher Tennisspieler sich gerade von seiner
       Freundin getrennt hat, nur um einen möglichen Ausgang des anstehenden
       Matchs besser voraussagen zu können.
       
       Paul ist einer der Protagonisten im Podcast „Verzockt – das System
       Sportwetten“, einem Projekt von Spotify und Süddeutscher Zeitung. Host
       Anton Stanislawski versucht darin herauszufinden, wie es eigentlich dazu
       kommen konnte, dass Deutschland sich heute [1][im Sportwetten-Rausch]
       befindet. Denn Sportwetten boomen. Knapp 10 Milliarden Euro Umsatz werden
       damit pro Jahr in Deutschland generiert. Ein Großteil der Teams der Ersten
       und Zweiten Fußballbundesliga haben mittlerweile einen Wettanbieter als
       Sponsor. Die Banden in den großen Stadien sind voll von Werbung mit
       Glücksversprechen, und online posten Streamer wie Montana Black (2,9
       Millionen Follower bei Youtube) mit einer sehr jungen Zielgruppe stolz ihre
       Wettscheine. Sportwetten als großer Spielspaß für alle.
       
       Schon der niederländische Kulturtheoretiker Johan Huizinga rief den „Homo
       ludens“, den spielenden Menschen aus. Das Spiel wird, sagt er, begleitet
       von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des
       Andersseins als das gewöhnliche Leben. Die Frage ist nur: Was ist, wenn das
       Spiel in das gewöhnliche Leben eindringt und zum Problem wird?
       
       ## Am Anfang geht das gut
       
       Auch davon erzählt Paul im Podcast. Als Minderjähriger leiht er sich
       heimlich den Ausweis des Vaters, um zu wetten. Irgendwann beschäftigt er
       sich den ganzen Tag mit Quoten und Strategien für einen möglichst hohen
       Gewinn. Während andere bei Problemen eine schnelle Zigarette rauchten,
       wettet Paul.
       
       Am Anfang geht das gut. Hier und da ein drei- oder vierstelliger Gewinn.
       Doch irgendwann sind da Schulden, und als er Geld von seiner Mutter klauen
       will, fliegt alles auf. Sportwetten, das zeigt der Podcast, können zu
       einem riesigen Problem werden. [2][Wie viele Wettsüchtige es in Deutschland
       gibt], ist nicht genau erfasst. Die Dunkelziffer ist zu hoch. Und auch im
       Hintergrund geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Die ersten beiden
       Folgen des sechsteiligen Podcasts beschäftigen sich nicht nur mit der
       Suchtgefahr von Sportwetten. Stanislawski erklärt zusammen mit
       Expert*innen auch die Geschichten des Wettgeschäfts in Deutschland und
       die Hintergründe von einem der großen Buchmacher: Tipico.
       
       Man erfährt, dass es in Deutschland lange ein staatliches Monopol auf
       Sportwetten gab, darüber hinaus nur Pferdewetten erlaubt waren, dass
       Privatanbieter ihre Firmensitze hauptsächlich in Malta haben, um Steuern zu
       sparen. Stanislawski führt ruhig durch das Thema, lässt sowohl Süchtige als
       auch Wettbürobetreiber und -Kritiker zu Wort kommen. „Verzockt – das System
       Sportwetten“ ist nicht alarmistisch, sondern als tiefschürfende Recherche
       angelegt, die alle Nuancen des Themas abdecken will. In den ersten beiden
       Folgen gelingt das gut, und auch die dritte Folge verspricht Spannung: Es
       geht um manipulierte Fußballspiele.
       
       26 Jan 2023
       
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