# taz.de -- Weihnachten für umme (15): Friedhöfe sind lauschige Orte
       
       > taz-Adventskalender: Die Berliner Friedhöfe sind einfach unterbewertet.
       > Das macht etwas mit einem, so ein Grabstättenbesuch – und er kostet
       > nichts.
       
 (IMG) Bild: Gräber von Weigel und Brecht auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte
       
       Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise Türchen für
       Türchen nach Wegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden kann mit dem ach so
       besinnlichen Fest. 
       
       [1][Der Tod ist bekanntlich umsonst, logischerweise gilt das auch für den
       Besuch von Friedhöfen]. Obwohl man für einige auch durchaus Eintritt
       verlangen könnte. Warum zum Beispiel möchte jemand, der noch nicht dort
       war, unbedingt mal nach Paris? Natürlich um endlich den Eiffelturm zu
       besteigen, ein anständiges Croissant zu futtern und die Mona Lisa lächeln
       zu sehen. Hat aber alles seinen Preis. Bei einer der Touri-Attraktionen
       schlechthin in der Stadt der Liebe, dem Père Lachaise und dem
       sagenumwobenen Grab von Jim Morrison gilt jedoch: Eintritt frei.
       
       Berlin hat keinen so berühmten Friedhof wie Paris und nicht einmal wie Wien
       einen weltbekannten Zentralfriedhof. Aber ich finde: Die Berliner Friedhöfe
       sind einfach unterbewertet. Wir haben wirklich sehr schöne, was ein Wunder
       ist. Wenn man sich etwa mal die bedeutendsten Parks dieser Stadt anschaut,
       den Görli oder den Mauerpark, die nichts anderes sind als runtergerockte
       Steppen, auf denen man gut Frisbee werfen kann, erwartet man sich von den
       Friedhöfen erst einmal gar nichts. Unterliegt dabei aber einem Irrtum.
       
       Die Friedhöfe am Mehringdamm oder [2][der Alte St.-Matthäus-Kirchhof in
       Schöneberg] beispielsweise sind absolut lauschige, stimmungsvolle und – für
       Berlin absolut ungewöhnlich – gepflegte Örtchen.
       
       ## Special-Interest-Kategorien
       
       Und mindestens so tolle tote Promis wie Jim Morrison haben wir auch.
       Bertolt Brecht, E. T. A. Hoffmann, Rosa Luxemburg, Rio Reiser, wirklich
       unzählige Größen von historischer Bedeutung wurden bei uns beigesetzt. Für
       jeden Geschmack ist etwas dabei, selbst in diversen
       Special-Interest-Kategorien, beispielsweise Walter Ulbricht auf dem
       Zentralfriedhof Friedrichsfelde oder Günter Pfitzmann, der auf dem
       Waldfriedhof Zehlendorf zur letzten Ruhe gebettet wurde.
       
       Und so ein Besuch bei einem Lieblingstoten kann wirklich etwas auslösen.
       Nirgendwo sonst kann man etwa der großen, der wunderbaren Nico
       gewissermaßen sogar physisch so nahe sein wie an ihrem Grab im Friedhof
       Grunewald. Gräber wie dieses haben eine Aura, und als Nico-Fan kann man gar
       nicht anders, als davon ergriffen zu werden. Da stehen und leise „These
       Days“ vor sich hin murmeln.
       
       Wie sagt man heutzutage: [3][Das macht etwas mit einem, so ein
       Grabstättenbesuch]. Der ist Stadterkundung, Erholungstrip, Bildungsreise
       und Selbsterfahrungsworkshop in einem. Und kostet nicht einmal das Leben.
       
       15 Dec 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Hartmann
       
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