# taz.de -- Flucht über den Ärmelkanal: Asylprobleme in Großbritannien
       
       > Tausende Menschen kommen illegal an der englischen Küste an, viele aus
       > Albanien. Dagegen will die Sunak-Regierung Härte zeigen, ist aber
       > überfordert.
       
 (IMG) Bild: Gerettete Migrant:innen an der Küste bei Dover
       
       London taz Nun ist es zu: Manston, ein Migrationszentrum größtenteils für
       Menschen, die den Ärmelkanal auf kleinen Booten überqueren, um in England
       Asyl zu beantragen, hat seit Anfang dieser Woche geschlossen. Eigentlich
       sollten gerade angekommene Menschen nur 24 Stunden dort bleiben. Aber sie
       wurden oft wochenlang festgehalten, das Zentrum war überfüllt und es
       mangelte an Sicherheit und Hygiene.
       
       Krankheiten verbreiteten sich. Ein Mann aus dem Zentrum starb inzwischen in
       einem britischen Krankenhaus. Die übrigen Menschen evakuierte die
       Regierung. Wegen der schlechten Bedingungen klagt eine
       Menschenrechtsorganisation gegen das britische Innenministerium.
       
       Doch auch die Ärmelkanal-Überfahrt ist gefährlich. Vor einem Jahr, am 24.
       November 2021, machte auch in Deutschland ein Fall Schlagzeilen, bei dem
       [1][mindestens 27 Menschen im Ärmelkanal ertranken], weil ihr Schlauchboot
       bei der Überfahrt nach England sank. Dennoch gelang es im vergangenen Jahr
       28.526 Menschen, nach Großbritannien zu kommen. Dieses Jahr sind es bereits
       mehr als 40.000 Menschen.
       
       Der britischen Regierung sind diese Überquerungen ein Dorn im Auge, denn
       sie zeigen, dass sie das Brexit-Versprechen von kontrollierten Grenzen
       nicht halten kann. Und es wird deutlich, dass die neuen Aufgaben kaum zu
       stemmen sind, obwohl die Regierung bereits umgerechnet täglich acht
       Millionen Euro für Unterbringung von Asylbewerber:innen ausgibt.
       
       ## Härte kommt gut an
       
       Dass Asylbewerbungen nur extrem langsam bearbeitet werden, ist ein Teil des
       Problems. Nur vier Prozent der Fälle des vergangenen Jahres haben die
       Beamten schon bearbeitet. Rund 122.000 Asylbewerber warten derzeit auf eine
       Entscheidung, 10.000 davon sogar schon mehr als drei Jahre.
       
       Bis die erste Entscheidung gefallen ist, dürfen die
       Antragsteller:innen nicht in Großbritannien arbeiten – obwohl
       Industrie und Handel dringend Arbeitskräfte brauchen und deshalb eine
       weichere Einwanderungspolitik fordern. Aber sowohl die Sunak-Regierung als
       auch die Labour-Opposition wollen offensichtlich mit Härte zur Einwanderung
       punkten. Härte kommt in zahlreichen Regionen, wie abgehängten Orten im
       Nordosten und Nordwesten Großbritanniens, gut an.
       
       Zielscheibe von rechten Politiker:innen sind aber nicht mehr Menschen
       aus Polen, Rumänien oder Bulgarien wie noch vor sieben Jahren, sondern
       Albaner:innen. Sie machen mittlerweile einen deutlich höheren Prozentsatz
       bei denen aus, die ohne Erlaubnis ins Land kommen.
       
       Während 2017 noch 1.900 Personen aus Albanien illegal nach Großbritannien
       einreisten, waren es allein in der ersten Hälfte von 2022 4.700
       Albaner:innen. Von allen Menschen, die zwischen Mai und September 2022 ohne
       Einreiseerlaubnis ankamen, stammten 42 Prozent aus Albanien – 95 Prozent
       von ihnen Männer.
       
       Doch sind diese Menschen alle Flüchtlinge mit guter Aussicht auf Asyl? Wenn
       es um die 5 Prozent Frauen geht, dann meistens ja. 90 Prozent von ihnen
       erfüllen die Grundvoraussetzungen für einen Asylantrag. „Sie sind manchmal
       Opfer von Verschleppung, jedoch zunehmend Opfer aus gesellschaftlichen
       Gründen, etwa weil Schwangerschaft außerhalb der Ehe in Albanien immer noch
       ein Tabu ist, für das Frauen aus ihren Familien verbannt werden“, berichtet
       Kadime Jata von Sfida Manga, der Hilfsorganisation für Albaner:innen in
       Großbritannien.
       
       Bei albanischen Männern liegt die Rate der erfolgreichen Asylanträge
       hingegen bei nur 14 Prozent. Laut Jata haben jene Erfolg, die
       beispielsweise vor lebensgefährlicher Gewalt unter Jugendlichen flüchten.
       
       Andere wollen gar keinen Asylantrag stellen. Die BBC berichtete von einem
       Albaner, der angab, zu Arbeitszwecken gekommen zu sein, und deswegen sofort
       abgeschoben wurde. „Schleusergruppen locken mit Versprechen auf angeblich
       lukrative Arbeitsmöglichkeiten“, bestätigt Jata.
       
       Aber wie ließe sich das Problem lösen? „Sie sollten einfach
       Arbeitserlaubnisse erhalten! Wenn sie richtig auf dem Arbeitsmarkt sind,
       werden sie feststellen, dass die britischen Arbeitsbedingungen schwer sind,
       und wenn man Miete, Lebenshaltungskosten und Steuern zahlen muss, am Ende
       wenig übrig bleibt.“ Den Schleusergruppen würden legale Möglichkeiten
       ebenfalls das Geschäft vermiesen, glaubt Jata.
       
       24 Nov 2022
       
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