# taz.de -- Basis für besseres Klimaziel: EU einigt sich beim Klima
       
       > Europa will mehr Kohlenstoff in Wäldern und Böden binden. Außerdem ist
       > ausgehandelt, wie viel die Staaten zum gemeinsamen Klimaziel beitragen.
       
 (IMG) Bild: Schädlingsbefall und Rodung in Hessen: Kann die EU ihr Klimaziel durch ihre Wälder erhöhen?
       
       Berlin taz | Die Europäische Union hat den Grundstein für die Verbesserung
       ihres Klimaziels gelegt. In der Nacht zum Freitag haben sich die zwei
       europäischen Gesetzgebungsorgane, der EU-Ministerrat und das EU-Parlament,
       auf den [1][Aufbau von mehr natürlichen Kohlenstoffsenken geeinigt]. Dazu
       zählen beispielsweise gesunde Wälder und Böden. Bis zum Ende des Jahrzehnts
       sollen diese 310 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent binden. Bisher waren 225
       Millionen Tonnen vorgesehen.
       
       Ihrem bisherigen Klimaziel nach will die Europäische Union ihre
       CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Der jetzt
       gefallene Beschluss zu Kohlenstoffsenken entspreche zwei zusätzlichen
       Prozentpunkten, heißt es beim EU-Parlament. Es ist also zu erwarten, dass
       das Klimaziel in den kommenden Wochen auch offiziell auf die 57 Prozent
       Emissionsreduktion angehoben wird.
       
       Die Europäische Union ist damit spät dran: Auf der letzten
       Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow haben alle Staaten versprochen,
       ihre unzureichenden Klimaziele im Folgejahr noch einmal zu überarbeiten.
       Derzeit läuft schon die nächste Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm
       al-Scheich.
       
       Die Verhandler:innen und Beobachter:innen dort registrieren die
       europäischen Beschlüsse. „Die Einigung bedeutet, dass die EU vorankommt“,
       sagte Chiara Martinelli vom Climate Action Network Europe, die derzeit die
       Verhandlungen in Scharm al-Scheich verfolgt. Auch mit dem neuen Stand sei
       die EU aber „immer noch weit von dem entfernt, was ihr fairer Beitrag zum
       1,5-Ziel des Pariser Abkommens sein sollte“.
       
       ## Europäische Wälder in schlechtem Zustand
       
       In dem Klimavertrag haben alle Regierungen versprochen, die Erderhitzung
       bei deutlich unter 2 Grad und möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen. „Die
       Regierungen in der EU müssen ihre Maßnahmen stärker mit den internationalen
       Klimazielen in Einklang bringen und sich verpflichten, ihre Emissionen bis
       2030 um mindestens 65 Prozent zu senken“, meint Martinelli.
       
       Hinzu kommt die Frage der Umsetzung. Ein neues Ziel festzuschreiben, bindet
       schließlich noch keinen Kohlenstoff. Vielerorts schrumpfen und sterben die
       Wälder. „Die Senken der EU haben im letzten Jahrzehnt abgenommen“, räumte
       der finnische Grünen-Politiker Ville Niinistö ein, Berichterstatter für das
       Thema im EU-Parlament. Er hofft, dass der aktuelle Beschluss werde helfen
       sicherzustellen, „dass der Land-Sektor seinen Teil zum Kampf gegen die
       Klimakrise beiträgt“.
       
       Finnlands Statistikbehörde hatte erst im Sommer bekannt gegeben, dass die
       finnische Natur im vergangenen Jahr gar nicht mehr zu einer Entlastung der
       Klimabilanz beigetragen habe. Stattdessen war sie sogar [2][zu einer
       zusätzlichen Quelle von Kohlendioxid geworden]. Das skandinavische Land ist
       mit dem Problem nicht allein: Das deutsche Umweltbundesamt etwa beklagt
       eine „fortwährend abnehmenden Netto-Kohlenstoffspeicherung im Wald“.
       
       EU-Parlament und -Ministerrat haben diese Woche auch weitere Einigungen zum
       Klimaschutz erzielt. Sie legten zum Beispiel fest, wie sehr die
       Mitgliedsstaaten zu dem kollektiven EU-Klimaziel für 2030 beitragen müssen.
       
       Für manche Wirtschaftsbereiche, bislang die Stromerzeugung und die
       Großindustrie, regelt das der Europäische Emissionshandel. Für den Rest
       bekommt jedes Land konkrete Vorgaben, deren Nicht-Einhaltung zu hohen
       Strafzahlungen für die verantwortlichen Staaten führen kann. Das betrifft
       also Verkehr, Heizenergie, Landwirtschaft sowie kleinere Unternehmen.
       Insgesamt machen diese mehr als die Hälfte der europäischen
       Treibhausgas-Emissionen aus.
       
       ## Reichere EU-Länder müssen Emissionen schneller senken
       
       In diesen Sektoren will die EU die Emissionen bis 2030 um 40 Prozent
       gegenüber 2005 senken. Wohlhabendere Länder müssen mehr dazu beitragen als
       ärmere. Deutschland soll die Emissionen in den fraglichen
       Wirtschaftsbereichen deshalb um 50 Prozent mindern, Griechenland nur um
       22,7 Prozent.
       
       In einem begrenzten Umfang können die Länder mit ihren Emissionsrechten
       handeln. Sprich: Spart Griechenland bis 2030 mehr ein als vorgegeben und
       Deutschland zu wenig, könnten die beiden Länder das gegenseitig verrechnen.
       
       Die Ampel-Regierung hat angekündigt, diese Möglichkeit künftig nicht in
       Anspruch nehmen zu wollen. Gerade erst [3][musste sie einen solchen Deal
       eingehen]: Deutschland musste Ungarn, Bulgarien und Tschechien
       Emissionsrechte im Wert von mehreren Millionen Euro abkaufen, weil die
       Merkel-Regierungen sich zwischen 2013 und 2020 nicht an die europäischen
       Klimaschutz-Vereinbarungen gehalten hatten.
       
       11 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/11/11/fit-for-55-provisional-agreement-sets-ambitious-carbon-removal-targets-in-the-land-use-land-use-change-and-forestry-sector/
 (DIR) [2] /Waelder-werden-Netto-CO2-Produzenten/!5880047
 (DIR) [3] /Klimaschutz-in-Europa/!5888615
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Schwarz
       
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