# taz.de -- Chinesischer Konzern im Hamburger Hafen: Scheinheilige Empörung
       
       > Der umstrittene Containerterminal-Deal ist nur ein Symbol. Dahinter
       > steckt eine viel größere Abhängigkeit von China – über die muss geredet
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Wie viele der Container stammen wohl aus China?
       
       Bei Spaziergängen am Hamburger Elbufer kann man sehr schön die
       wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von China erkennen. Ungefähr
       jedes zweite einlaufende große Schiff kommt mittlerweile aus China. In den
       Containern lagern Flachbildfernseher, Fahrräder, Kleidung, Mikrochips,
       Solarzellen und vieles mehr. Die Volksrepublik ist das wichtigste
       Importland für Deutschland und das zweitwichtigste Exportland.
       
       Die Kritik, dass [1][sich die chinesische Staatsreederei Cosco jetzt in ein
       Hamburger Containerterminal einkauft], ist vor diesem Hintergrund reichlich
       scheinheilig. Die Abhängigkeit von China macht sich nicht an diesem Deal
       fest – sondern daran, dass China im Handel mit Deutschland immer wichtiger
       geworden ist: Wir KonsumentInnen haben die billige Energie aus Russland
       gern genommen und nehmen gern die günstigen Waren aus China.
       
       Scheinheilig ist auch, dass die öffentliche Empörung erst dann an Fahrt
       aufnahm, als bekannt wurde, [2][dass sich mehrere Bundesministerien gegen
       den Kauf aussprachen]. Offensichtlich braucht es das Fahrwasser von Robert
       Habeck und Annalena Baerbock, um sich über längst bekannte Kaufabsichten
       empören zu können.
       
       Man hätte es auch bereits [3][nach der Zeitenwende vom 24. Februar] tun
       können, wenn es tatsächlich um die Grundfragen geht: Wie viel Abhängigkeit
       zu einer autokratischen Großmacht wollen wir? Sind gute Beziehungen zu
       China, Arbeitsplätze, die Gewinne von Hamburger Logistikunternehmen und
       unser Konsum wichtiger als eine mögliche Erpressbarkeit, wenn es im Fall
       Taiwan hart auf hart kommt?
       
       Das Beispiel Solarzellen zeigt, was in der Vergangenheit schiefgelaufen
       ist. Diverse Bundesregierungen hatten [4][die deutsche Solarindustrie vor
       die Wand fahren lassen], weil das marktradikale Prinzip galt: Solartechnik
       aus China ist billiger, also ist die hiesige Branche raus. Das bedeutete
       aber gleichzeitig, dass man die Energiewende von einem Handelspartner
       abhängig machte, der deutliche politische Absichten hat.
       
       ## Kehrseite der Globalisierung
       
       Es braucht eine offene, ehrliche Debatte darüber, wie wir es mit China und
       Handelspolitik überhaupt halten. Globalisierung heißt bislang eben auch,
       dass die Großen immer größer und kleine Länder vernachlässigt werden – weil
       es bequem und profitabel ist. Angeblich feilt die Bundesregierung an einer
       „China-Strategie“, von der aber bislang offiziell nichts bekannt ist.
       
       Von der Ampel sind viele Absichtsbekundungen zu hören; man wolle
       Abhängigkeiten reduzieren. Die Handelszahlen mit China sprechen aber eine
       andere Sprache – das zeigt, dass es ungleich schwieriger ist, Farbe zu
       bekennen, als sich öffentlichkeitswirksam über aufgeblasene Symbolthemen
       wie ein Containerterminal zu empören.
       
       28 Oct 2022
       
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       ## AUTOREN
       
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