# taz.de -- Osnabrücker Stadtwerke in der Krise: Fakt oder Fiktion
       
       > Stehen die Stadtwerke Osnabrück vor der Pleite? Ja, suggeriert „Der
       > Spiegel“. Nein, sagt das Unternehmen. Die Kund:innen sind verunsichert.
       
 (IMG) Bild: Schlägt sich negativ in der Bilanz der Stadtwerke Osnabrück nieder: Steinkohlekraftwerk Lünen
       
       Osnabrück taz | Bei der [1][Stadtwerke Osnabrück AG] gärt es. Da ist die
       Gas- und Strompreiskrise, unter der das Tochterunternehmen der Stadt massiv
       leidet, so wie viele andere kommunale Energieversorger auch. Und da sind
       „unternehmerische Fehlentscheidungen“, wie Marco Hörmeyer gegenüber der taz
       einräumt, Sprecher des Grundversorgers der Region. Sie reichen von
       Kohlekraft-Investitionen bis zum Ein- und Verkauf von Energie.
       
       Doch damit nicht genug. Mitte Oktober kam ein Artikel des
       [2][Nachrichtenmagazins Der Spiegel] hinzu: Den Stadtwerken drohe „die
       Pleite“, heißt es da. Denn sie hätten sich „verzockt“. Und weiter liest man
       dort: „Offensichtlich ringt die Firma um ihre Existenz.“
       
       Eine Prognose, die viele Kund:innen der Stadtwerke alarmiert hat. Droht
       ihnen ein lichtloser Winter vor kalten Heizungen? Steht ihnen ein Blackout
       bevor, wie ihn Verschwörungsideolog:innen, Neorechte und die
       Apokalypse-Jünger:innen der Prepperszene ausmalen?
       
       Die Stadtwerke weisen den Beitrag des Spiegel zurück. Auf welcher Basis das
       Magazin diese Behauptungen aufstelle, sagt Hörmeyer, „erschließt sich uns
       nicht“. Man weise „diese unwahren und zum Teil rufschädigenden Behauptungen
       ausdrücklich zurück“. Hörmeyer: „Uns droht keine Pleite, wir ringen auch
       nicht um unsere Existenz – ganz im Gegenteil.“ Man arbeite daran, die
       Stadtwerke „zukunftsfest aufzustellen“.
       
       ## „Die Telefone stehen nicht still“
       
       Folge der Berichterstattung des Spiegel sei, „dass sich verunsicherte und
       irritierte Kunden, Geschäftspartner und Banken bei uns melden“, sagt
       Hörmeyer. „Die Telefone stehen nicht still.“ Die Belieferung der
       Kundschaft sei „natürlich gesichert“. Man beschaffe Strom und Gas bis zu
       zwei Jahre im Voraus.
       
       Der Spiegel hatte einen 15 Positionen langen Fragenkatalog an die
       Stadtwerke Osnabrück geschickt. Den habe man „umfassend und transparent
       beantwortet“, sagt Hörmeyer. Fragen wie Antworten liegen auch der taz vor.
       Die Stadtwerke räumen eine Belastung durch ihre Beteiligung am Geld
       fressenden Steinkohlekraftwerk Lünen ein, ein millionenschweres Defizit für
       das Geschäftsjahr 2021. Im Energiehandel sei man „nicht adäquat aufgestellt
       gewesen“. Dies habe zu „unprofitablen Aktivitäten“ geführt.
       
       Sie betonen aber: Über das Geschäftsjahr 2022 lasse sich „noch keine
       verlässliche Aussage treffen“. Man unterstütze die Forderung, einen
       staatlichen Schutzschirm für die Stadtwerke aufzuspannen, aber „ob, wann
       und in welcher Höhe wir Liquiditätshilfen benötigen“, lasse sich nicht
       vorhersagen. Angesichts der aktuellen Situation gebe es bei den Stadtwerken
       „keine Denkverbote“. Alle Sparten müssten sich „einer konsequenten
       Neuausrichtung unterziehen“.
       
       Das klingt nach schweren wirtschaftlichen Problemen, aber nicht nach einer
       drohenden Pleite. Man habe “die Stadt fest im Rücken“, sagt Hörmeyer, dazu
       gebe es „sehr klare Signale aus Politik und Verwaltung“. Keine Bank sehe
       Probleme für die zugesagten Kredite.
       
       Eine Spiegel-Frage, auf die es von den Stadtwerken keine Antwort gab:
       „Welche Effekte hätte eine Insolvenz/Pleite der Stadtwerke für die Stadt?“
       Sie zielt offenbar auf Volker Bajus, Fraktionsvorsitzender der Grünen im
       Osnabrücker Stadtrat und Stadtwerke-Aufsichtsratsmitglied. Ihn zitiert der
       Spiegel mit der Aussage, womöglich fehle es der Kommune dadurch an Mitteln
       für freiwillige Leistungen, er befürchte „Kürzungen bei kulturellen und
       pädagogischen Angeboten, beim Theater, der Jugendarbeit, der
       Frauenberatungsstelle“. Die Situation mache „Angst“. Nur: Bajus sieht sich,
       nach drei Telefonaten und einem Mailwechsel mit Spiegel-Autor Simon Book,
       „falsch und verkürzt“ zitiert.
       
       ## Fragen nur „hypothetisch“
       
       Die Spiegel-Fragen hätten nur hypothetisch auf eine Pleite gezielt, und auf
       den Markt der kommunalen Energieversorger allgemein. Der fertige
       Spiegel-Artikel erzeuge jetzt jedoch den Eindruck, die Pleite sei bereits
       Fakt, und treffe Osnabrück. „Von einer tatsächlichen Insolvenz ist jedoch
       nie die Rede gewesen“, sagt Bajus. „Sie existiert ja auch nicht.“ Bajus
       hatte dem Spiegel auch den Satz freigegeben: „Ich hoffe, dass die
       Stadtwerke mittelfristig wieder auf Kurs sind und Überschüsse für die Stadt
       erwirtschaften.“ Er fehlt im Artikel.
       
       In der Online-Fassung ist der Text übrigens „Strom und Erdgas sind aktuell
       ausverkauft“ betitelt. Der Hintergrund: Stadtwerke-Neukund:innen erhalten
       derzeit keine Strom- und Gasverträge mit langfristig festgelegten Preisen,
       nur teurere Tarife in der Grund- und Ersatzversorgung. Ausverkauft heißt
       also nicht: Es ist nichts mehr da.
       
       „Dass die Stadtwerke Osnabrück pleite sind“, sagt Spiegel-Journalist Book,
       von der taz um eine Kommentierung gebeten, „haben wir nie behauptet“. Man
       habe Gespräche „im Rathaus“ geführt, mit dem Aufsichtsrat. „Wir bleiben bei
       unserer Einschätzung.“
       
       Pleiteticker.de, Teil der neuen Medien von Ex-Bild-Chefredakteur Julian
       Reichelt, raunt derweil, die Zukunft des Versorgers lasse „nichts Gutes
       erahnen“. Deutschlands Wirtschaft „schmiert ab“, behauptet die Plattform,
       man werde „das Ergebnis dieses grünen Wahnsinns dokumentieren“.
       
       18 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Osnabruecker-Stadtwerke-in-Schieflage/!5880585
 (DIR) [2] https://www.spiegel.de/wirtschaft/energie-krise-in-deutschland-strom-und-erdgas-sind-aktuell-ausverkauft-a-40eab173-9f64-459b-8347-f53207916b7a
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harff-Peter Schönherr
       
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