# taz.de -- Belarus im Ukraine-Krieg: Lukaschenkos Zwickmühle
       
       > Der belarussische Präsident kündigt die Aufstellung einer Eingreiftruppe
       > mit Russland an. Grund dafür seien Angriffspläne der Ukraine auf Belarus.
       
 (IMG) Bild: Seite an Seite: Die Präsidenten Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko Ende September 2022
       
       Berlin taz | Der offizielle Eintritt der belarussischen Armee an die Seite
       Russlands in den Krieg gegen die Ukraine – er scheint unmittelbar bevor zu
       stehen: Am Montag kündigte der belarussische Präsident Alexander
       Lukaschenko bei einem Treffen zu Sicherheitsfragen die Aufstellung einer
       gemeinsamen Truppe an. Darauf habe er sich mit dem russischen Staatschef
       Wladimir Putin verständigt, berichtet die belarussische Nachrichtenagentur
       BelTA.
       
       [1][Zur Begründung sagte Lukaschenko, die Bedrohungslage an den westlichen
       Grenzen des Unionsstaates] (eines Staatenbundes zwischen Belarus und
       Russland auf der Grundlage eines Vertrages von 1999; Anm. d. Red.) mache
       diese Entscheidung notwendig. Grundlage der Militäreinheit sei die
       belarussische Armee. Die Aufstellung habe vor zwei Tagen begonnen. Schon
       bald würden mehr als 1.000 russische Soldaten nach Belarus kommen.
       
       Angeblich habe er am Sonntag über inoffizielle Kanäle Informationen
       erhalten, wonach die Ukraine einen Angriff auf Belarus plane, so Präsident
       Lukaschenko. Anstifter sei der Westen, der Belarus in den Krieg
       hineinziehen wolle. „Mein Antwort darauf an unsere Militärs ist einfach:
       Beweist dem ukrainischen Präsidenten und den anderen Verrückten, dass die
       Krim-Brücke ihnen wie ein paar Blumen vorkommen wird, wenn sie mit ihren
       schmutzigen Händen auch nur einen Meter unseres Territoriums berühren“,
       sagte Lukaschenko.
       
       Bisher hatte er steif und fest behauptet, Belarus werde sich nicht aktiv an
       den Kampfhandlungen beteiligen. Dabei ist der Nachbar der Ukraine schon
       längst mitten drin in der sogenannten Spezialoperation. Seit dem Ausbruch
       des Krieges am 24. Februar 2022 stellt Belarus den russischen Truppen
       bereit- willig Logistik sowie seinen Luftraum zur Verfügung. Immer wieder
       erfolgen Angriffe auf die Ukraine auch von belarussischem Territorium aus.
       
       ## Generalmobilmachung in Belarus erwartet
       
       Lukaschenko befindet sich in einer Zwickmühle. Die Mehrheit der
       Belaruss*innen lehnt den Krieg gegen die Ukraine, der sich viele
       verbunden fühlen, entschieden ab. Seit Monaten häufen sich Berichte über
       die Flucht von Männern im wehrfähigen Alter, die sich einem drohenden
       Einsatz in der Ukraine zu entziehen versuchen,.
       
       Gleichzeitig ist Lukaschenko, Belarus gehört dem von Moskau angeführten
       Militärbündnis „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit“
       (OVKS) an, komplett von Russland abhängig – politisch wie wirtschaftlich.
       Vor diesem Hintergrund war es für viele Beobachter*innen ohnehin nur
       noch eine Frage der Zeit, wann Lukaschenko sich einem entsprechenden Begehr
       von Putin nicht mehr würde widersetzen können. Mit ausbleibenden Erfolgen
       Moskaus auf dem Schlachtfeld sowie einer Teilmobilisierung, die ebenfalls
       nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, scheint dieser Zeitpunkt
       offensichtlich gekommen zu sein.
       
       Lukaschenkos Kehrtwende wieder Willen hatte sich bereits vor knapp einer
       Woche angedeutet. Belarus nehme an der „kriegerischen Spezialoperation“
       gegen die Ukraine teil, entsende seine Soldaten aber nicht in das
       Konfliktgebiet und töte auch niemanden, hatte er gesagt. Kurz darauf
       erklärte der belarussische Verteidigungsminister Wiktor Chrenin, Belarus
       müsse vorbereitet sein, um einen Angriff von Polen, Litauen, Lettland und
       der Ukraine abzuwehren. Am vergangenen Samstag war der ukrainische
       Botschafter in Minsk, Igor Kisim, ins belarussische Innenministerium
       einbestellt worden. Dort war ihm eine Protestnote folgenden Inhalts
       übergeben worden: Die Ukraine plane einen Angriff auf Belarus.
       
       Laut der belarussischen Menschenrechtlerin Olga Karatsch dürfte eine
       Generalmobilmachung in Belarus nicht lange auf sich warten lassen. „Leider
       hat der Westen unsere verzweifelten Hilferufe ignoriert“, sagt sie. „Das
       betrifft auch die Öffnung humanitärer Korridore für diejenigen, die nicht
       an Putins Seite in der Ukraine kämpfen wollen. Doch dafür ist es noch nicht
       zu spät.“
       
       10 Oct 2022
       
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