# taz.de -- Aufklärung der Missstände beim NDR: Rundfunkrat entmachtet sich selbst
       
       > Der Landesrundfunkrat setzt Wirtschaftsprüfer ein, um den Vorwurf der
       > gefilterten Berichterstattung beim NDR untersuchen zu lassen. Geht's
       > noch?
       
 (IMG) Bild: Will lieber andere prüfen lassen: Laura Pooth, Vorsitzende des Landesrundfunkrats Schleswig-Holstein
       
       Um die Vorwürfe gegen die Leitung des NDR-Landesfunkhauses Kiel
       aufzuklären, kommen jetzt Wirtschaftsanwält*innen ins Spiel – hurra,
       das löst natürlich jedes Problem! Äh, wie eigentlich? Und was macht solange
       der Landesrundfunkrat, das gewählte Kontrollgremien des
       öffentlich-rechtlichen Senders?
       
       Zur Erinnerung: Im August wurden [1][Vorwürfe] von – überwiegend freien –
       Journalist*innen gegen die Redaktionsleitung des Landesfunkhauses laut.
       Intern haben die Fälle einen langen Vorlauf. Auslöser war der Hinauswurf
       des damaligen CDU-Innenministers Hans-Joachim Grote durch Ministerpräsident
       Daniel Günther, ebenfalls CDU, im April 2020. Der NDR-Journalist, der
       darüber berichtete, fühlte sich in seiner Arbeit durch die eigene Leitung
       eingeschränkt. Er bat den hausinternen Redaktionsausschuss um Hilfe.
       
       Später meldeten sich dort weitere Journalist*innen, die von einem
       politischen „Filter“ und einer „vergifteten Stimmung“ in einzelnen
       Redaktionen sprachen. Diese Vorwürfe stehen in einem Bericht des
       Redaktionsrates, der im August öffentlich geworden ist – vielleicht nicht
       ganz zufällig kurz nach dem Skandal um die RBB-Intendantin Patricia
       Schlesinger. Inzwischen sind mehrere Mitglieder der Kieler
       Redaktionsleitung [2][von ihren Ämtern zurückgetreten], der NDR hat ein
       eigenes Recherche-Team auf die offenen Fragen angesetzt.
       
       Auch der [3][Landesrundfunkrat schaltete sich ein] – gut so, dafür ist das
       Gremium da. Nun aber erklärte die Vorsitzende Laura Pooth, dass „für die
       externe Aufarbeitung des Sachverhalts die international arbeitende
       Wirtschaftskanzlei Deloitte beauftragt wurde“. Geht’s noch?
       
       Die „Deloitte Touche Tohmatsu Limited“ mit Hauptsitz in London nennt auf
       ihrer Homepage die Arbeitsgebiete „Wirtschaftsprüfung, Risk Advisory,
       Steuerberatung, Financial Advisory und Consulting“. Klar gibt es Fragen,
       für die es sich lohnen würde, Deloitte einzuschalten. Zum Vergaberecht,
       beispielsweise: Dafür wurde ein Anwalt der Firma gerade mit einem Preis
       auszeichnet. Auch Tipps, wie sich leidige Steuern reduzieren lassen, hat
       die Firma bestimmt parat.
       
       Aber [4][journalistische Ethik?] Fragen, welche Recherche angemessen ist
       und welche Kürzung eine Redaktionsleitung in einem Beitrag vornehmen darf?
       Dummerweise gibt es keinen Paragraphen dafür und kein standardisiertes
       DIN-Prüfverfahren. Eben deshalb wurde der Landesrundfunkrat eingerichtet.
       Ihm gehören Personen an, die verschiedene gesellschaftliche Gruppen
       vertreten: Gewerkschaft und Kirche, Naturschutz und AWO, Parteien,
       Verbände.
       
       Doch statt die Meinungsstärke und Expertise zu nutzen, die so ein Gremium
       besitzen sollte, holen die Mitglieder eine Anwaltskanzlei. Die natürlich
       Unsummen an Geld kostet, aber das nur nebenbei. Was auch immer Deloitte am
       Ende feststellt, der Rundfunkrat hat mit diesem Schritt bewiesen, dass er
       überflüssig ist. Schade eigentlich.
       
       22 Sep 2022
       
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