# taz.de -- Wahlen in Angola: Tief gefallene Befreiungsbewegung
       
       > Angolas MPLA hat die Wahlen nur noch knapp gewonnen. Ihr Absturz ist
       > ebenso verdient wie vorhersehbar. Jahrzehnte der Dominanz sind stets
       > gefährlich.
       
 (IMG) Bild: Marktszene in Luanda, Angola im August 2022: es bleibt unter dem seit 2017 amtierenden neuen Präsidenten João Lourenço eine kriselnde Realwirtschaft
       
       Früher oder später erwischt es sie alle. Jede siegreiche bewaffnete
       Befreiungsbewegung auf der Welt, die nicht zu einer immer brutaleren
       Diktatur verkommen will, muss sich irgendwann entweder von ihrer
       glorreichen Geschichte verabschieden oder sich vom Volk in die
       Geschichtsbücher verabschieden lassen. Jetzt trifft es Angolas MPLA
       (Angolanische Volksbefreiungsbewegung), die nach fast einem halben
       Jahrhundert totaler Dominanz sämtlicher staatlicher Institutionen mit nur
       noch 51 Prozent wiedergewählt wird.
       
       Der Hauptgrund: Angolas spektakulärer wirtschaftlicher Zusammenbruch. Das
       Bruttoinlandsprodukt sackte zwischen 2014 und 2020 von über 137 auf unter
       54 Milliarden US-Dollar ab. Nicht nur sinkende Ölpreise sind für dieses
       Drama verantwortlich. Die einst fetten Wachstumszahlen waren auch ein
       Ergebnis von Korruption und Spekulation einer winzigen Elite, die sich auf
       die [1][erweiterte Familie des damaligen Präsidenten José Eduardo dos
       Santos] und deren Bekanntenkreis beschränkte.
       
       In wenigen Ländern der Welt hat der Revoltespruch der Armen, „Wir sind die
       99 Prozent“, die Realität so gut getroffen. Viele dieser Gelder wurden
       seitdem veruntreut, gestohlen, ins Ausland geschafft oder sind schlicht
       versandet. Es bleibt unter dem seit [2][2017 amtierenden neuen Präsidenten
       João Lourenço] eine kriselnde Realwirtschaft, in der das Pro-Kopf-Einkommen
       jedes Jahr weiter sinkt, wirtschaftliche Perspektiven schwinden und die
       harte Hand eines autoritären Staates sozialistischer Tradition
       Eigeninitiative zum Überleben erschwert.
       
       Ähnlich wie zuvor in Südafrika und [3][Simbabwe hat nun auch in Angola die
       städtische Jugend die Reißlinie] gezogen. Ihre massive Wählerwanderung
       Richtung Opposition hat die MPLA an den Rand einer Niederlage gebracht. Nun
       regiert also eine Partei, die sich als Staatspartei versteht, aber deren
       Vormachtstellung vom Volk nicht mehr akzeptiert wird. Meistens geht das
       nicht gut aus. Die Konfrontation MPLA/Unita hat in Angola schon zwei der
       blutigsten Kriege Afrikas beschert. Ein drittes Mal darf es nicht geben.
       
       29 Aug 2022
       
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