# taz.de -- Klimapolitik in den USA: Mit Geld gegen die Klimakrise
       
       > US-Präsident Biden will sein Land für die Erderhitzung wappnen. Den
       > Notstand ruft er aber nicht aus: Zu groß ist der Widerstand aus der
       > eigenen Partei.
       
 (IMG) Bild: 2021 verursachten extreme Wetterereignisse in den USA Schäden von 145 Milliarden Dollar
       
       Washington taz | Nicht nur in Europa leiden die Menschen aktuell unter
       einer Hitzewelle. Auch in den USA befinden sich in dieser Woche mehr als
       100 Millionen Menschen von Texas bis New York in der Gefahrenzone. Die
       [1][gefährlich hohen Temperaturen], die in einigen Regionen die
       40-Grad-Marke sprengen sollen, sind nicht nur eine Belastung für die
       dortige Bevölkerung, sondern auch für die hiesige Infrastruktur. Vor allem
       Stromausfälle sind deshalb keine Seltenheit.
       
       Für die alljährlichen Temperaturrekorde in den USA und anderswo machen
       Wissenschaftler den anhaltenden Klimawandel verantwortlich. Die Vereinigten
       Staaten gehören im internationalen Vergleich noch immer zu den größten
       Produzenten von klimaschädlichen Treibhausgasen. [2][Unter US-Präsident Joe
       Biden sollte sich das ändern.] Der Demokrat wollte die USA zu einem der
       führenden Länder im Kampf gegen den Klimawandel machen, doch getan hat sich
       bislang nur wenig.
       
       Am Mittwoch verkündete Biden nun, dass er die Macht seines Amtes vollends
       ausnutzen wolle, um auch ohne die Unterstützung des US-Kongresses die
       Klimakrise zu bekämpfen. „Der Klimawandel ist buchstäblich eine
       existentielle Bedrohung für unsere Nation und die Welt“, sagte der
       US-Präsident während einer Rede im US-Bundesstaat Massachusetts.
       
       Im vergangenen Jahr verursachten extreme Wetterereignisse in den USA
       Schäden von insgesamt 145 Milliarden Dollar. Und da mit diesen in Zukunft
       noch häufiger zu rechnen ist, dürften die Kosten in den kommenden Jahren
       deutlich steigen. Laut Biden stellt der Klimawandel damit bereits jetzt
       eine Bedrohung für die Wirtschaft und die nationale Sicherheit dar.
       
       ## 2,3 Milliarden für die Kommunen
       
       „Als Präsident habe ich die Verantwortung, mit Dringlichkeit und
       Entschlossenheit zu handeln, wenn unserer Nation eine akute Gefahr droht.
       Und genau das ist der Klimawandel,“ sagte Biden. Als erste Handlung
       verkündete er Investitionen von 2,3 Milliarden Dollar, um Kommunen besser
       gegen die Folgen des Klimawandels zu schützen. Das Geld soll dazu dienen,
       die Infrastruktur im Land künftig gegen extreme Hitze, Dürre,
       Überschwemmungen, Wirbelstürme und auch Tornados widerstandsfähiger zu
       machen.
       
       Um die Menschen in der aktuellen Hitzewelle zu unterstützen, sollten 385
       Millionen Dollar davon sofort verwendet werden – zum Kauf von Klimaanlagen
       und zum Aufbau von sogenannten Kühlzentren in Schulen und anderen
       öffentlichen Gebäuden.
       
       Neben den Investitionen gab Biden auch bekannt, dass es im Golf von Mexiko
       neben Ölbohrinseln bald auch Windkraftparks geben könne. Der erste
       Offshore-Windpark der USA nahm 2016 vor der Küste von Rhode Island seinen
       Betrieb auf. Ein weiterer Offshore-Windpark entlang der Atlantikküste
       befindet sich aktuell im Bau. „Wir werden sicherstellen, dass der Ozean für
       die saubere Energie unserer Zukunft geöffnet ist“, so Biden.
       
       ## Biden ruft nicht den Klimanotstand aus
       
       Bei diesen zwei Ankündigungen blieb es zunächst. Weitere
       Regierungs-Maßnahmen, präsidentielle Dekrete und behördliche Verordnungen
       zur Bekämpfung der Klimakrise sollen in den kommenden Tagen und Wochen
       folgen. Der Präsident ging allerdings nicht so weit, einen nationalen
       Notstand in Bezug auf den Klimawandel in den USA auszurufen.
       
       Die Einstufung der Klimakrise als eine nationale Notlage würde dem
       Präsidenten weitere Möglichkeiten zu deren Bekämpfung eröffnen. Laut dem
       Weißen Haus ist diese Option noch nicht vom Tisch. Der Grund, warum Biden
       überhaupt diesen Alleingang in Erwägung zieht, ist der Gegenwind aus der
       eigenen Partei. Der demokratische Senator Joe Manchin aus West Virginia
       hatte vergangene Woche angekündigt, dass er aufgrund der aktuellen
       wirtschaftlichen Situation nicht für ein Klima- und Steuerpaket stimmen
       könne.
       
       ## Patt im US-Senat
       
       Ohne die Stimme des Demokraten hat das Gesetzespaket bei den ausgeglichenen
       Sitzverhältnissen im US-Senat (beide Parteien haben 50 Sitze) keine Chance
       zu bestehen. „Politische Schlagzeilen haben keinen Wert für die Millionen
       von Amerikanern, die sich aufgrund einer Inflationsrate von 9,1 Prozent
       Lebensmittel und Treibstoff kaum noch leisten können“, sagte ein
       Pressesprecher des Senators gegenüber NBC News.
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass Manchin die Pläne seiner Partei und des
       Präsidenten durchkreuzt. Erst im Dezember sorgte er für das Aus von Bidens
       mit 1,75-Billionen-Dollar-dotiertem Klima- und Wirtschaftspaket.
       
       Für die Demokraten ist das ein weiterer Rückschlag vor den diesjährigen
       Kongresswahlen. Die Republikaner, die im November die Mehrheit im
       US-Repräsentantenhaus zurückerobern wollen, freut es.
       
       ## Der Verkehrsminister will weltweit den Ton angeben
       
       Zwar sind Bidens Umfragewerte im Keller und die Wirtschaftslage, vor allem
       die hohe Inflationsrate, sorgt für Verunsicherung in der US-Bevölkerung.
       Der Präsident hofft jedoch, dass die Kombination aus neuen, gut bezahlten
       Arbeitsplätzen und weniger Umweltverschmutzung sowie die Konkurrenz zu
       China am Ende auch den US-Kongress davon überzeugen, energisch gegen die
       Klimakrise vorzugehen.
       
       „Amerika sollte beim Kampf gegen den Klimawandel den Ton angeben und den
       Rest der Welt dazu auffordern, uns nachzueifern, anstelle sich einem Land,
       das in Bezug auf das Klima keine gute Arbeit leistet, anzupassen“, sagte
       der US-Verkehrsminister Pete Buttigieg im Interview mit dem
       Wirtschaftssender CNBC.
       
       Um die Menschen in der aktuellen Hitzewelle zu unterstützen, sollten 385
       Millionen Dollar davon sofort verwendet werden – zum Kauf von Klimaanlagen
       und zum Aufbau von sogenannten Kühlzentren in Schulen und anderen
       öffentlichen Gebäuden.
       
       21 Jul 2022
       
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