# taz.de -- Rezeption der Frauen-EM: Popp-Kultur und der echte Fußball
       
       > Für fußballspielende Frauen war lange nicht mehr als ein Platz am
       > Katzentisch reserviert. Eine EM lang waren sie nun Mainstream – gut so?
       
 (IMG) Bild: Populäre Popp – nicht nur ihre Kolleginnen feiern die Stürmerin der DFB-Auswahl
       
       Heute Morgen habe ich nachgeschaut, was ein DFB-Trikot von [1][Lena
       Oberdorf] kostet. Vielleicht gefällt mir die Idee, am Sonntag damit draußen
       gucken zu gehen. Vielleicht will ich auch, dass der DFB merkt, dass die
       Frauen mir was wert sind. Dann sehe ich, dass mich das Trikot 108 Euro
       kosten wird. Das entspricht exakt einer Jahreskarte der teuersten Kategorie
       bei Turbine Potsdam. Ich schätze, das Trikot ist dieses Ding, was sie
       Gleichberechtigung nennen. Ich kaufe es nicht. Ich kaufe stattdessen was
       beim Bäcker am Bahnhof, er hat Fußballbrötchen. Da ist mir klar: Jetzt
       haben die Frauen es geschafft.
       
       Fußballspielende Frauen haben eine merkwürdige Entwicklung genommen:
       [2][erst selbstverständlich], dann Outlaws und Gegenkultur, [3][dann
       Katzentisch]. Nun sind sie [4][Popp]-Kultur. Dass noch niemand vor mir
       auf das Wortspiel gekommen ist. Vielleicht sollte ich Shirts mit „Wir sind
       jetzt Popp-Kultur“ verkaufen, 107,99 Euro sind sicher okay.
       
       ## Ohh, Baby Yoda!
       
       Nach einer Podcast-Aufzeichnung zur Männer-Bundesliga quatschen wir
       darüber, wie wohl im Halbfinale Wendie Renard zu überlisten ist und wie man
       die Vertikalpässe der französische Offensive stoppt. So müssen sich „Star
       Wars“-Fans gefühlt haben, als Disney übernahm. Und plötzlich quietscht die
       Öffentlichkeit: Ohh, Baby Yoda! Ich denke, es ist gut, dass Frauenfußball
       für diesen Moment Popkultur geworden ist.
       
       Uefa und Medien haben dieses Turnier groß gemacht, aber nicht größer, als
       sie halten konnten. Im Mainstream liegt eine große Kraft. Das Problem ist
       nicht Populärkultur, sondern, was diese Populärkultur ist. Der kommerzielle
       Verbandsfußball mit Sieg und Niederlage, den alle für „den Fußball“ halten,
       den sie laut beklagen und zugleich verbissen verteidigen. Mit dem Aufstieg
       des Frauenfußballs könnten sie doch begreifen, wie fluide die Idee vom
       echten Fußball ist. Tun sie nicht.
       
       Und so schweifen die Gespräche ab. Hin zur neuen Saison (der Männer),
       Groundhopping (bei den Männern), der Krise des Fußballs (der Männer),
       Fanboy-Kram. Einer im Podcast belehrt mich, dass „die Leute“ eben einfach
       den bestehenden Fußball und dabei Männerfußball sehen wollen, „auch die
       Frauen“. Danke für die Info.
       
       Ich schätze, das muss ein ähnliches Naturgesetz sein wie jenes, dass die
       Leute Baby Yoda lieben. Mit marktführenden Playern, Gewohnheiten, Macht,
       Merchandise, Kapitalismus und Sichtbarkeit hat es sicher nichts zu tun.
       Trotzdem und deswegen wird es ein großes Spiel werden in Wembley.
       
       29 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Schwermer
       
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