# taz.de -- Auswirkungen der Inflation: Menschenwürdige Leben statt Profite
       
       > Politik und Kapital würden die Inflation gern auf die Unter- und
       > Mittelschicht abschieben. Statt Tankrabatt braucht es jetzt eine
       > Umverteilung.
       
 (IMG) Bild: Wer hat, dem wird gegeben und wer nix hat, soll den Gürtel enger schnallen
       
       Den Gürtel enger schnallen. Renteneintrittsalter erhöhen. Jetzt noch:
       Frieren für die Wirtschaft. Die [1][Appelle und Lösungsvorschläge] in
       Krisenzeiten aus Politik und von Kapitalseite an die Bürger*innen kennen
       seit Jahren nur eine Richtung: Um den „Wohlstand der Gesellschaft“
       aufrechtzuerhalten, muss jede*r Einzelne – und damit sind immer Menschen
       aus den unteren gesellschaftlichen Schichten gemeint – seinen oder ihren
       Beitrag leisten.
       
       Um wessen Wohlstand es dabei geht, ist offensichtlich. Während die
       anhaltend hohe Inflation die Löhne frisst, Preise für Grundnahrungsmittel,
       [2][Energiekosten] und Mieten steigen und die Schlangen an den Tafeln jeden
       Tag länger werden, wächst das Vermögen der Reichen immer weiter an.
       
       Dass [3][CDU-Chef Friedrich Merz] in Zeiten, in denen wegen explodierender
       Energiepreise über Wärmehallen für arme Menschen geredet wird, mit dem
       Privatflieger zur Hochzeit von FDP-Finanzminister Christian Lindner jettet,
       der zwischen Sektempfang und Austernbuffet noch schnell den Rotstift bei
       Leistungen für Langzeitarbeitslose ansetzt, ist keine Karikatur einer aus
       den Fugen geratenen Welt, sondern gesellschaftliche Realität.
       
       In Krisenzeiten zeigt die Politik ihr wahres Gesicht. Die Staatsräson
       richtet sich eben nicht nach sozialer Gerechtigkeit oder Wohlstand für
       alle, sondern nach Kapitalinteressen. Die Maßnahmen der Bundesregierung wie
       der [4][Tankrabatt] oder die Energiepauschale sind weder dazu geeignet,
       Geringverdienende, Arbeitslose, Rentner*innen oder Alleinerziehende von
       ihren existenziellen Nöten zu befreien oder den Mittelstand zu entlasten
       noch die Inflation nachhaltig zu bremsen und die Wirtschaft anzukurbeln.
       
       Dabei gibt es viele Möglichkeiten, die Folgen der Coronapandemie und des
       Kriegs in der Ukraine sozial abzufedern. Der von der Diakonie
       vorgeschlagene Krisenzuschlag von 100 Euro pro Monat für die Ärmsten wäre
       ein Anfang. Was es aber wirklich braucht, ist eine Umverteilung von oben
       nach unten – nicht andersherum.
       
       Geeignete Maßnahmen wären etwa eine drastische Erhöhung des Mindestlohns
       und staatlicher Leistungen wie Hartz IV und Wohngeld, ein Mietendeckel und
       Schutz für Kleingewerbe, ein Moratorium für Strom- und Gassperren und die
       Aussetzung von Zwangsräumungen. Noch nachhaltiger wäre die Einführung eines
       Grundeinkommens, damit niemand erst in Armut rutscht.
       
       Finanziert werden könnte das durch eine höhere Reichen- und Erbschaftsteuer
       sowie die Einführung einer Übergewinnsteuer, wie sie Spanien plant. Zu
       teuer? Nur, wenn ein menschenwürdiges Leben weniger zählt als
       Milliardengewinne der Rüstungsindustrie.
       
       13 Jul 2022
       
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