# taz.de -- Finanzhilfe für ukrainische Streitkräfte: Briefmarken als Bitcoins
       
       > Die ukrainische Post hat mehrere Briefmarken mit Kriegsmotiven
       > herausgebracht. Die Menschen stehen dafür Schlange – und finanzieren
       > damit die Armee.
       
 (IMG) Bild: Wird zu Höchstpreisen versteigert: Briefmarken mit dem russischen Kreuzer „Moskwa“
       
       Eine Filiale der Ukrainischen Post, „Ukrpotschta“. Etwas abseits eine
       kleine Menschengruppe. „Stehen Sie hier an?“, frage ich. „Nein.“ – „Wurden
       welche geliefert?“ – „Nein.“ – „Und warum stehen Sie hier?“ „Vielleicht
       kommen welche. Aber vielleicht fragen Sie auch noch mal?“ Die Angestellte
       der Filiale sagt, dass heute keine mehr geliefert werden. Die Rede ist von
       den berühmten Briefmarken mit dem russischen Kriegsschiff.
       
       Zu Beginn des russischen Großangriffs hatte der russischen
       Lenkwaffenkreuzer „Moskwa“ die Grenzsoldaten der ukrainischen
       Schlangeninsel aufgefordert, sich zu ergeben. Einer der Ukrainer hatte
       geantwortet, „Russisches Kriegsschiff, f*ck dich!“ In den folgenden Tagen
       und Wochen wurde dieser Satz auf Plakate und T-Shirts gedruckt und fand
       Eingang in Liedtexte. Auch Menschen, die sonst keine Schimpfwörter
       benutzen, möchten den Besetzern damit sagen: Ihr habt hier nichts verloren,
       niemand hat hier auf euch gewartet, haut ab.
       
       Auf den Briefmarken selber ist der berühmte Satz nicht zu lesen, aber das
       Bild macht klar, worum es geht. Am 12. April wurden die Marken in Umlauf
       gebracht. Ich erinnere mich noch, dass ein Freund mich bat, ihm vom Kiewer
       Hauptpostamt einen Satz mitzubringen. Ich fuhr aber nicht hin, die Metros
       fuhren im 50-Minuten-Takt ins Stadtzentrum. Als die Bitcoins aufkamen,
       haben das vermutlich Leute ähnlich verpasst wie ich jetzt das mit den
       Marken.
       
       Und am 13. April hat das ukrainische Militär eben dieses Kriegsschiff
       versenkt. Fall erledigt! In der Folge standen Menschen Schlange für die
       Briefmarken. Der Verkauf wurde limitiert, die Marken waren schnell
       ausverkauft. Ukrpotschta brachte eine zweite Marke, „Das war’s dann wohl,
       russisches Kriegsschiff“ mit einer Auflage von 5 Millionen Exemplaren
       heraus. Fünfmal mehr als von dem ersten Motiv, limitiert auf zwei pro
       Käufer.
       
       Einige haben die Marken mit Gewinn weiterverkauft. Für andere sind diese
       Briefmarken ein Andenken an historische Ereignisse. Aber natürlich ist die
       korrekteste Verwendung für sie die Unterstützung der ukrainischen
       Streitkräfte. Zu ihrer Unterstützung wurden neben diesen Briefmarken auch
       das gläserne Mikrofon, [1][das Kalush Orchestra beim ESC gewonnen hat], und
       andere Dinge versteigert. Das Mikro hat übrigens 900.000 Dollar erzielt –
       der ganze Erlös ging ans Militär.
       
       Und die Marken mit dem russischen Kriegsschiff kommen jetzt über Ebay auf
       den internationalen Markt. Sie reichen vermutlich nicht für alle. Schon
       jetzt arbeitet Ukrpotschta an einer neuen historischen Briefmarke. Darauf
       wird stehen „Guten Abend, wir kommen aus der Ukraine!“ Das ist ein Satz
       [2][aus einem Stück der Gruppe Probass ∆ Hardi], der zum inoffiziellen
       Kriegsgruß in der Ukraine avanciert ist.
       
       Aus dem Russischen von [3][Gaby Coldewey] 
       
       Finanziert wird das Projekt von der [4][taz Panter Stiftung]. 
       
       Einen Sammelband mit den Tagebüchern bringt der Verlag edition.fotoTAPETA
       im September heraus.
       
       17 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ukraines-Sieg-beim-ESC/!5852387
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=BvgNgTPTkSo
 (DIR) [3] /Gaby-Coldewey/!a23976/
 (DIR) [4] /!p4550/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Olena Makarenko
       
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