# taz.de -- Missbilligung von Schulsenatorin: Koalition steht hinter Busse
       
       > Missbilligungsantrag der CDU gegen Bildungssenatorin Busse (SPD)
       > scheitert im Parlament. Weniger Unterricht für Busse keine Option gegen
       > Lehrermangel.
       
 (IMG) Bild: Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am 9. Juni im Berliner Abgeordnetenhaus
       
       Berlin taz | In der Diskussion um [1][knapp 1.000 fehlende Lehrkräfte zum
       kommenden Schuljahr] bleibt Bildungsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD)
       hart: Eine Reduzierung der Unterrichtsstunden an den Schulen kommt für sie
       nicht in Frage. Die Senatorin werde sich weiterhin „auf die Sicherung der
       Stundentafel fokussieren“, sagte ihr Sprecher am Donnerstag auf
       taz-Anfrage. Das sei Busse „sehr wichtig“.
       
       Die Senatorin kontert damit eine aufkommende Debatte, wie man dem sich
       weiter verschärfenden Lehrkräftemangel begegnen könnte. Busse selbst will
       nämlich lieber bei den Förder- und Profilstunden der Schulen sparen.
       
       Doch viele Expert*innen widersprechen dieser Idee inzwischen. Die
       Gewerkschaft GEW fordert ein Umdenken bei Leistungsanforderungen und
       Lerninhalten. Auch über Kürzungen bei regulären Unterrichtsstunden müsse
       man „nachdenken“, statt pauschal bei den Förderstunden zu kürzen.
       Allerdings: „Wenn es weniger Unterricht gibt, können am Ende nicht
       dieselben Leistungen abgefragt werden“, sagte der Berliner
       Landesvorsitzende Tom Erdmann.
       
       Im Kern geht es um die Frage: Wie macht man aus einem Zuwenig an
       Lehrkräften trotzdem sinnvoll Schule? Durch die Aufrechterhaltung des
       Stundenplans um jeden Preis jedenfalls nicht, hatte auch der Neuköllner
       [2][Linken-Politiker Philipp Dehne in einem Meinungsbetrag] in der taz
       geschrieben. Er plädiert für weniger, aber dafür personell gesicherte
       Pflichtstunden – anstatt beim Förderunterricht zu kürzen. Schließlich
       bringe es ja nichts, wenn ein Kind zwar Mathe hat, aber nichts versteht.
       
       Auch in der rot-grün-roten Koalition äußern sich die bildungspolitischen
       Sprecher*innen inzwischen offen für ein Antasten des Pflichtunterrichts:
       Das dürfe keine „heilige Kuh“ sein, hatte etwa die Linken-Abgeordente
       Franziska Brychy dem Tagesspiegel gesagt. In der AG Bildung der SPD findet
       die Idee nach taz-Informationen ebenfalls Anklang.
       
       ## Auch Sport ist wichtig
       
       Der Landeselternausschuss hingegen äußerte sich auf Anfrage am Donnerstag
       eher verhalten. „Kürzungen bei Mathe und Deutsch sind sicher ein No Go, da
       braucht es eher ein Plus als ein Minus“, sagte Landeselternsprecher Norman
       Heise. Aber auch Sportunterricht sei gerade nach der Pandemie wichtig, so
       Heise, „und so lassen sich wohl für jedes Fach gute Argumente finden“.
       
       Aus Heises Sicht ist der Ansatz der Bildungsverwaltung gar nicht so
       schlecht: „Die Schulen sind in ihrer Eigenverantwortung gefragt, und ich
       bin sicher, sie werden zu Ergebnissen kommen.“ Auch, dass
       unterdurchschnittlich ausgestattete Schulen in schwierigen Kiezen bei
       Einstellungsrunden in Zukunft bevorzugt werden sollen sei nicht verkehrt.
       
       Ein bisschen Zuspruch kann die Senatorin derzeit gut gebrauchen. Für Busse
       sind es schwierige Wochen. Nicht nur die Lehrer*innen fehlen, auch die
       Schulplätze: Hunderte Sechstklässler*innen konnte [3][in den zu
       Wochenbeginn verschickten Bescheiden für die weiterführende Schule] nach
       den Sommerferien noch keine konkrete Schule genannt werden – weil es
       schlicht keine Schulplätze mehr gibt. Ein Novum.
       
       Auch Diskriminierungsvorwürfe gegen Busse reißen nicht ab. Als langjährige
       Schulleiterin einer Neuköllner Brennpunktschule hatte sie sich in der
       Vergangenheit kritisch über zugewanderte Familien geäußert („Wir sind
       arabisiert“). Busse hat ihre Formulierungen von damals inzwischen bedauert,
       sich aber nicht klar inhaltlich distanziert.
       
       „Unserer Meinung [nach] hat sie starke Vorurteile gegenüber der arabischen
       Community. Es wurde von ihr oft abschätzig von den arabischen Eltern und
       Kindern gesprochen“, twitterte Gökhan Akgün, Personalrat der GEW in
       Friedrichshain-Kreuzberg und gut vernetzt in der migrantischen Community am
       Mittwoch. Das sei die Einschätzung, die ihn wiederholt von den Eltern und
       auch aus dem Kollegium von Busses ehemaliger Schule erreichten, sagte er
       der taz.
       
       Am Donnerstag forderte die CDU schließlich das Parlament auf, die
       Amtsführung der Senatorin offiziell zu missbilligen. Busse habe „bei den
       Herausforderungen der Schulpolitik völlig versagt“, hieß es in der
       Beschlussempfehlung. „Was Ihnen fehlt ist Verantwortungsbewusstsein,
       Engagement und eine Vision“, legte Katharina Günther Wünsch,
       bildungspolitische Sprecherin der Fraktion nach.
       
       Wie erwartet wollte die Koalition ihre Schulsenatorin aber so schnell und
       noch früh in der Legislatur nicht in Frage gestellt sehen: Torsten
       Schneider (SPD) lobte seine Parteigenossin als „Frau, die sich reinhängt“ –
       schließlich sei es ihr nicht vorzuwerfen, dass sie den
       Lehrer*innenmangel klar benenne. Selbst für die die oppositionelle
       FDP, die sich enthielt, sagte ihr bildungspolitischer Sprecher Paul
       Fresdorf in Richtung CDU: „Sie haben das scharfe Schwert der Missbilligung
       viel zu früh gezogen.“
       
       Der Missbilligungsantrag wird am Ende mit den Stimmen der Koalition
       abgelehnt. Busse selbst hörte der Debatte zu, ohne das Wort zu ergreifen.
       
       9 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
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