# taz.de -- Pussy-Riot-Aktivistin verhaftet: Schockiert und wütend
       
       > Die russische Pussy-Riot-Aktivistin Aysoltan Niyazova ist in Kroatien
       > festgenommen worden. Inzwischen wurde sie entlassen.
       
 (IMG) Bild: Pussy-Riot-Mitstreiterin Maria Ajochina mit Anwältin vor einem Gefängnis in Zagreb
       
       Aysoltan Niyazova von der oppositionellen feministischen russischen
       Rockband Pussy Riot ist bei ihrem Grenzübertritt von Slowenien nach
       Kroatien vom kroatischen Grenzschutz verhaftet worden. Dies berichtet die
       russische Performancekünstlerin [1][und Aktivistin Maria Aljochina] der taz
       am Telefon. Grundlage sei ein von 2002 stammendes Auslieferungsgesuch von
       Turkmenistan, in dem die turkmenischen Behörden ihr Veruntreuung von
       Geldern der turkmenischen Zentralbank vorwerfen, so Aljochina.
       
       Niyazova, die die russische und turkmenische Staatsbürgerschaft besitzt,
       bestreitet diesen Vorwurf. Sie hatte bis zu ihrer Verhaftung am 30. Mai
       Pussy Riot auf einer Konzertreise durch Europa begleitet. [2][Mit dieser
       Konzertreise] will die Gruppe, die in der Vergangenheit mehrfach gegen den
       russischen Überfall auf die Ukraine protestiert hatte, Gelder für ein
       ukrainisches Krankenhaus einspielen.
       
       Aljochina ist „schockiert und wütend“ über die Festnahme von Aysoltan
       Niyazova. „Niyazova ist seit zehn Jahren meine Freundin. Für sie ist der
       Krieg gegen die Ukraine eine große Tragödie. Das, was Kroatien mit meiner
       Freundin macht, hat nichts mit europäischen Werten gemein.“
       
       Aljochina kann nicht verstehen, dass das Auslieferungsgesuch 20 Jahre alt
       ist. Niyazova sei in den letzten 20 Jahren viel gereist, so Aljochina, und
       nie habe es in irgendwelchen Ländern Probleme gegeben. „Was ich hier
       erlebe, weckt eher Assoziationen an Nordkorea als an Europa“, so Aljochina
       zur taz. Zweimal habe sie ihre Freundin in den letzten drei Tagen besuchen
       dürfen. Jedes Mal habe sie mit ihr nur durch ein dickes Glas getrennt reden
       können.
       
       ## Allzu freundlicher Umgangston
       
       Aljochina selbst weiß, was Gefängnis ist. Die frühere Greenpeace-Aktivistin
       hatte zwei Jahre in russischer Haft wegen eines Auftritts, des
       „Punk-Gebets“, in dem die Gruppe in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale
       Patriarch Kyrill und Wladimir Putin kritisiert hatte, abgesessen. Gegenüber
       der taz äußerte sie sich sehr verwundert über den freundlichen Umgangston
       zwischen den kroatischen und den turkmenischen Behörden.
       
       Konzertmanager Alexander Tscheparuchin, der gemeinsam mit Aljochina die
       „Riot Days Tour“ organisiert und die Festnahme von Niyazova aus nächster
       Nähe beobachtet hatte, fürchtet das Schlimmste, sollte Niyazova
       ausgeliefert werden. „Sollte Niyazova nach Turkmenistan ausgeliefert
       werden“, so Tscheparuchin zur taz, „muss man mit dem Schlimmsten rechnen.
       Konkret heißt das auch mit Folter, Haft und Tod.“
       
       Gleichzeitig äußerte sich Tscheparuchin besorgt über die Zustände in dem
       kroatischen Gefängnis. Schlimmer als in Russland sei es dort, Niyazova habe
       keinen Kontakt zu ihrer Anwältin, habe keinen Dolmetscher.
       
       Auch Amnesty International forderte die kroatischen Behörden auf, das
       turkmenische Auslieferungsersuchen abzulehnen und Niyazova freizulassen.
       Die Menschenrechtsorganisation fürchtet bei einer Auslieferung, dass
       Niyazova in Turkmenistan misshandelt werde.
       
       „Kroatien darf die Pussy-Riot-Anhängerin und Aktivistin Aysoltan Niyazova
       nicht an Turkmenistan ausliefern und muss sie aus der Haft entlassen“ heißt
       es in einem Statement von Amnesty International. Kroatien müsse sich an
       internationales Recht halten, dürfe niemanden in ein Land schicken, in dem
       der betreffenden Person möglicherweise Menschenrechtsverletzungen
       bevorstehen.
       
       3 Jun 2022
       
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