# taz.de -- Gesetzesreform in Spanien: Drei Krankentage bei Regelschmerzen
       
       > Spanien baut das Recht auf Schwangerschaftsabbruch aus. Frauen mit
       > starken Regelschmerzen bekommen zudem ein Recht auf Krankschreibung.
       
 (IMG) Bild: Frauen demonstrieren für das Abtreibungsrecht in Madrid
       
       Madrid taz | Die spanische Linkskoalition unter dem Sozialisten Pedro
       Sánchez baut das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und weitere Rechte von
       Frauen aus. Das Kabinett verabschiedete am Dienstag eine umfangreiche
       Reform des „Gesetzes der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und des
       freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs“.
       
       Künftig sollen Frauen ab dem 16. Geburtstag eine [1][ungewollte
       Schwangerschaft beenden] lassen können, ohne dass dazu die elterliche
       Zustimmung nötig ist. In Spanien war auch bisher ein
       Schwangerschaftsabbruch bis zur 14. Woche legal, allerdings nur für
       volljährige Frauen.
       
       Und Frauen, die unter starken Regelschmerzen leiden, haben – sobald das
       Parlament die Reform bewilligt hat – das Recht auf eine Krankschreibung.
       Natürlich schrieb so mancher Frauenarzt Patientinnen mit unerträglichen
       Regelschmerzen krank. Was sich jetzt ändert: Während bei einer normalen
       Krankschreibung die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen binnen der ersten
       drei Tage keine Lohnfortzahlung erhalten, wird dies bei
       Menstruationsbeschwerden künftig anders sein.
       
       Die Sozialversicherung übernimmt den Lohn ab dem ersten Tag der
       Krankschreibung. Da Menstruationsbeschwerden meist eh nicht länger als drei
       Tage andauern, sei eine Sonderregelung notwendig, um Frauen nicht zu
       benachteiligen, so das Ministerium.
       
       ## Angst vor Stigmatisierung
       
       Die Reform wurde von der Gleichstellungsministerin Irene Montero
       ausgearbeitet. Sie gehört zum kleineren der beiden Koalitionspartner, zur
       [2][linksalternativen Unidas Podemos (UP)]. In einem Radiointerview zeigte
       sich Montero „stolz“ darauf, dass Spanien das erste Land in Europa sein
       wird, das eine solche Gesetzesregelung einführt. Die Reform zeige, „dass
       der Staat auf der Seite der Frauen steht“.
       
       Die Krankschreibung bei starken Menstruationsbeschwerden, die von
       Ärztevereinigungen und Frauenverbänden begrüßt wird, hatte bis zum Schluss
       für Diskussionen in der Linkskoalition gesorgt. Nadia Calviño, erste
       Vizepräsidentin und Wirtschaftsministerin, befürchtet, dass das neue Gesetz
       „zu einer Stigmatisierung von Frauen führen könnte“. Montero setzte sich
       letztendlich durch.
       
       Nicht so bei anderen Themen. So wollte Montero die [3][Inanspruchnahme
       einer Leihmutter] im Ausland unter Strafe stellen. Dies scheiterte ebenso
       an den Sozialisten wie der Plan, den Mehrwertsteuersatz für
       Menstruationshygieneprodukte wie Tampons und Binden zu senken. Diese
       Steuersenkung von zehn auf vier Prozent, die Montero vorsah, hatten
       eigentlich beide Koalitionspartner im Programm.
       
       „22 Prozent der Frauen geben an, nicht das kaufen zu können, was sie
       tatsächlich brauchen oder können überhaupt keine Hygieneartikel bezahlen“,
       sagte Montero. Das Finanzamt würde durch diese Maßnahme nur rund 30
       Millionen Euro im Jahr weniger einnehmen. Montero will dies jetzt bei den
       nächsten Haushaltsverhandlungen durchsetzen.
       
       ## Mehr kostenlose Hygieneprodukte
       
       Einen kleinen Fortschritt konnte Montero allerdings erreichen. [4][In
       Bildungseinrichtungen], die spezielle Sozialprogramme haben, sowie in
       Gefängnissen, werden [5][Menstruationshygieneartikel künftig kostenlos]
       ausgegeben. Nach und nach soll dieses Programm auf weitere öffentliche
       Einrichtungen ausgeweitet werden.
       
       Auch beim Schwangerschaftsurlaub beschnitt der große Koalitionspartner
       Monteros Pläne. Er kann künftig bei vollem Lohnausgleich von allen
       werdenden Müttern ab der 39. Woche genommen werden. Montero wollte
       eigentlich die 36. Woche festschreiben. Bisher liegt es im Ermessen des
       Frauenarztes, wann eine Frau vor der Geburt nicht mehr arbeiten muss.
       
       17 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kampf-ums-Recht-auf-Abtreibung/!5850504
 (DIR) [2] /Nach-Rueckzug-von-Gruender-Pablo-Iglesias/!5774836
 (DIR) [3] /Eizellspende-und-Leihmutterschaft/!5654142
 (DIR) [4] /Periodenprodukte-an-Frankreichs-Unis/!5753810
 (DIR) [5] /Kostenlose-Periodenprodukte/!5738219
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spanien
 (DIR) Schwerpunkt Abtreibung
 (DIR) Menstruation
 (DIR) GNS
 (DIR) Schwerpunkt Abtreibung
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Spanien
 (DIR) Frauenrechte
 (DIR) Schwerpunkt Abtreibung
 (DIR) Anti-Feminismus
 (DIR) Schwerpunkt taz folgt dem Wasser
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Schwangerschaftsabbrüche in Spanien: Vox macht auf Orbán
       
       Die rechtsextreme Vox will in Castilla y León das Recht auf Abtreibung
       einschränken. Schwangere sollen vor dem Abbruch den Embryo-Herzschlag
       hören.
       
 (DIR) Krankheit und Arbeit: Krank geschrieben, krankgeschrieben
       
       Warum man vom Kranksein schreibt? Weil Männer nur unter verletzter Ehre und
       diagnostizierten Krankheiten leiden dürfen, wollen sie es dann auch.
       
 (DIR) Ex-Monarch Juan Carlos I. in Spanien: Der Skandalkönig zu Besuch
       
       Der korrupte Altmonarch kehrt aus dem Exil in Abu Dhabi in seine Heimat
       zurück. Dort befördert seine Visite Kritik an der Monarchie an sich.
       
 (DIR) Frauenrecht in Spanien: Menstruation ist kein Urlaub
       
       Was in Spanien an Gesetzgebung auf dem Weg gebracht wird, ist ein
       Gamechanger: Weibliche Gesundheit gehört mitten ins öffentliche
       Bewusstsein.
       
 (DIR) Kampf ums Recht auf Abtreibung: Globales Tauziehen um Frauenrechte
       
       Der Oberste Gerichtshof der USA will das Recht auf Abtreibung kippen. Auch
       international bringt das Gewissheiten ins Wanken.
       
 (DIR) Frauenrechte bei Fortpflanzung: Kinder oder keine
       
       Reproduktive Rechte sind Menschenrechte. Über Verhütung,
       Schwangerschaftsabbruch oder sichere Geburt entscheiden oft nicht die
       Frauen.
       
 (DIR) Internationaler Tag der Menstruation: Das Blut der Unterdrückung
       
       Weltweit ist die Monatsblutung ein Tabu. Zum Aktionstag sprechen fünf
       Frauen, die sich wehren.