# taz.de -- Fußball-EM der Frauen: Mit Hunger und Prinz
       
       > Trainerin Martina Voss-Tecklenburg hat den vorläufigen Kader der
       > DFB-Auswahl vorgestellt. Ex-Spielerin Birgit Prinz ist als Psychologin
       > dabei.
       
 (IMG) Bild: Wird das Team zur EM führen: Teamkapitänin Alexandra Popp
       
       Frankfurt taz | Sie haben das gut gemacht, die Mädchen aus der U10 und U12
       der SG Bornheim Grün-Weiss, die in einem Video die Namen jener 28
       Spielerinnen aufsagten, die das vorläufige Aufgebot der deutschen
       Nationalmannschaft für die EM in England (6. bis 31. Juli) bilden.
       Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg saß bei der Kaderbekanntgabe in
       der alten DFB-Zentrale daneben und grinste. Sie kannte ja auch den
       gleichzeitig präsentierten Slogan ihrer EM-Mission schon. „Hungriger“ heißt
       der, wobei die Endung „GER“ für Germany steht.
       
       Hungrig immerhin wollen sich die Deutschen zeigen. Voss-Tecklenburg sagte
       dazu: „Wir gehören vielleicht nicht mehr zu den Topfavoriten.“ Bereits in
       der Gruppenphase bekommt es [1][ihr zuletzt in der WM-Qualifikation von
       Serbien besiegtes Ensemble] mit Vize-Europameister Dänemark (8. Juli) und
       Mitfavorit Spanien (12. Juli) zu tun; zwei Teams, die neben Gastgeber
       England, Titelverteidiger Niederlande, Frankreich und Schweden als
       Titelanwärter gelten.
       
       „Das gab es in der Form noch nie, so viele Nationen auf dem Schirm zu
       haben“, bemerkte die Bundestrainerin, die 125 Länderspiele in Zeiten
       bestritt, als eigentlich immer Deutschland Europameister wurde. Die
       Kräfteverhältnisse haben sich radikal verschoben: Das DFB-Team muss
       aufpassen, dass vor dem letzten Gruppenspiel gegen Finnland (16. Juli)
       nicht schon alles vorbei ist. Voss-Tecklenburg („traue dem Team vieles zu“)
       ist viel zu sehr Optimistin, um sich mit solch düsteren Szenarien
       auseinanderzusetzen.
       
       Die 54-Jährige trägt enorme Vorfreude in sich, wenn es in der neuen
       DFB-Akademie mit einem Pre-Camp (5. bis 9. Juni) losgeht. Dabei werden die
       viel belasteten Spielerinnen des VfL Wolfsburg oder Sara Däbritz von Paris
       St.-Germain noch geschont. [2][Unbedingt dabei sein wollte Alexandra Popp],
       die nach langer Verletzungspause an der Fitness feilen wird: Der im Sturm
       eingeplanten Kapitänin werden alle Türen in die Stammelf offen gehalten,
       auch weil die 31-Jährige als Wortführerin geschätzt wird.
       
       ## Almuth Schult in der Reserve
       
       Für Torhüterin Almuth Schult als zweite Meinungsmacherin hat sich hingegen
       die Hoffnung so gut wie zerschlagen, in England zwischen den Pfosten zu
       stehen – an Merle Frohms von Eintracht Frankfurt kommt die 31-Jährige nicht
       mehr vorbei. „Merle ist seit drei Jahren die Nummer eins. Von daher ändert
       sich an diesem Status gar nichts“, betonte Voss-Tecklenburg. „Sie hat bei
       uns drei Jahre sehr gute bis herausragende Leistungen gezeigt.“ Die
       27-Jährige kann diesen Zuspruch vor ihrem ersten Turnier gewiss gut
       gebrauchen.
       
       Voss-Tecklenburg weiß, dass Mannschaft und Trainerteam insgesamt besser
       harmonieren müssen als bei der WM 2019 in Frankreich, um diesmal ins
       Halbfinale zu kommen – erst recht, wenn es im Viertelfinale bereits gegen
       England gehen sollte. Es wird im Basisquartier in Brentford im Westen von
       London letztlich darauf ankommen, die Balance zwischen An- und Entspannung
       hinzubekommen. Vor dem zweiten Trainingslager in Herzogenaurach (21. bis
       29. Juni) und dem Testspiel gegen die Schweiz in Erfurt (24. Juni) wird das
       Aufgebot auf 23 Akteure reduziert.
       
       Das Gerüst stellen der Doublesieger VfL Wolfsburg und Vizemeister FC Bayern
       mit je acht und Eintracht Frankfurt mit sechs Spielerinnen, wobei speziell
       die Frankfurter Entwicklung die Bundestrainerin beeindruckt. „Der Verein
       hat sich geöffnet.“ Es sei großartig gewesen, dass die Eintracht-Frauen die
       Reisen zu den Europa-League-Spielen der Männer nach Barcelona und Sevilla
       mitmachen konnten. Ähnlich stimmungsvoll soll es ja auch in England werden,
       wo sich „volle Stadien, großartige Spiele mit herausragenden Spielerinnen“
       ankündigen, wie Voss-Tecklenburg prophezeite.
       
       Dass ihr Team im öffentlichen Brennglas nicht den Fokus verliert, dafür
       soll Birgit Prinz sorgen. Die Rekordtorjägerin reist als Sportpsychologin
       mit und sei „ein absoluter Mehrwert für die Gruppe“. Die 44-Jährige werde
       „bei jeder Besprechung dabei sein, jede Spielerin kann von ihr
       profitieren“. Und eine Birgit Prinz weiß, wie Titel gewonnen werden. Zu
       ihrem letzten internationalen Triumph, dem EM-Gewinn 2009, schoss sie im
       Finale gegen England (6:2) in Helsinki selbst noch zwei Tore. Da waren die
       Bornheimer Mädels noch gar nicht auf der Welt.
       
       31 May 2022
       
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