# taz.de -- Bericht über den globalen Waffenhandel: Europa rüstet schon seit Jahren auf
       
       > Keine Region hat in der vergangenen Fünfjahresperiode so viele Waffen
       > importiert. Das schreibt das Forschungsinstitut Sipri in seinem neuem
       > Bericht.
       
 (IMG) Bild: Beliebtes Exportgut: ein Lockheed Martin F-35 Tarnkappenjet aus den USA
       
       Stockholm taz | Es dürfte nur eine kurze Phase gewesen sein, in der das
       Stockholmer Friedensforschungsinstitut [1][Sipri] bei seinen jährlichen
       Berichten über den globalen Waffenhandel nicht einen weiteren Anstieg,
       sondern einen Rückgang melden konnte. 2020 war das erste Jahr seit der
       Jahrtausendwende, in dem ein Minus von 0,5 Prozent errechnet wurde, im
       vergangenen Jahr waren es laut des am Montag veröffentlichten „Trends in
       international arms transfers 2021“ für die Fünfjahresperiode zwischen 2017
       und 2021 weltweit sogar beachtliche minus 4,6 Prozent. Angesichts der neuen
       Aufrüstungswelle, die sich bereits abzeichnet, war es das dann vermutlich
       auch schon für längere Zeit mit den „guten“ Nachrichten aus Stockholm.
       
       Als „positivste regionale Entwicklung“ der vergangenen Fünfjahresperiode,
       die die Sipri-Trendberichte jeweils umfassen, hebt Sipri-Forscher Pieter D.
       Wezeman hervor, dass die gesammelten Waffenimporte in die südamerikanischen
       Staaten „das niedrigste Niveau seit 50 Jahren erreicht haben“. Andererseits
       hätten „steigende oder anhaltend hohe Raten von Waffenimporten in Länder
       Europas, Ostasiens, Ozeaniens und des Nahen Ostens zu besorgniserregenden
       Aufrüstungen beigetragen“.
       
       Das größte Wachstum der Rüstungseinfuhren gab es in Europa. In den Jahren
       2017 bis 2021 waren die Waffenimporte durch europäische Staaten um 19
       Prozent höher als zwischen 2012 und 2016 und machten 13 Prozent der
       weltweiten Waffentransfers aus. Dieser Trend werde sich weiter verstärken,
       erwartet SIPRI: Schon hätten mehrere Länder Großaufträge vor allem für den
       Kauf von Kampfflugzeugen aus den USA erteilt. Getrieben werde diese
       Entwicklung „durch die starke Verschlechterung der Beziehungen zwischen den
       meisten europäischen Staaten und Russland“, konstatiert Wezeman.
       
       Weitere Regionen mit kräftig gestiegenen Waffenkäufen sind laut Sipri
       Ozeanien und Ostasien. Allein Australien habe seine Rüstungsimporte von
       2017 bis 2021 um 62 Prozent gesteigert. Dafür seien „die Spannungen
       zwischen China und vielen Staaten in Asien und Ozeanien der Hauptgrund“,
       sagt Siemon T. Wezeman vom Waffentransfer-Programm des Instituts: „Diese
       Spannungen sind auch ein wichtiger Faktor für US-Waffentransfers in die
       Region. Die USA sind der größte Lieferant nach Asien und Ozeanien, da
       Waffenexporte ein wichtiges Element der China-Politik der USA sind.“
       
       ## Plus in Saudi-Arabien
       
       Im Nahen und Mittleren Osten hat sich laut den Sipri-Zahlen das starke
       Waffenhandelswachstum der vergangenen Jahre abgeflacht, Saudi-Arabien als
       weltweit zweitgrößtes Importland habe seine Käufe aber um 27 Prozent
       gesteigert. Treibende Kraft seien hier „der Konflikt im Jemen und die
       Spannungen mit dem Iran“. Indien, das weltweit derzeit größte
       Waffenimportland, hat gegenüber dem Vergleichszeitraum 2012 bis 2016 seine
       Rüstungseinfuhren um 21 Prozent verringert, plane aber bereits wieder
       umfassende neue Rüstungskäufe.
       
       Indien war bislang größter Käufer russischer Waffen. Der verminderte Import
       schlägt sich deshalb auch in einem Minus der Rüstungsexporte Russlands um
       26 Prozent nieder. Russland blieb damit zwar zweitgrößtes Exportland, sein
       Anteil am globalen Waffenhandel ist aber von 24 auf 19 Prozent gesunken,
       der der USA von 32 auf 39 Prozent gestiegen. Wuchsen die Rüstungsexporte
       der USA gegenüber 2012 bis 2016 um 14 Prozent, waren es für Frankreich
       sogar 59 Prozent. 56 Prozent dieses Handels entfielen auf Kampfflugzeuge,
       15 Prozent auf Schiffe. Frankreich stand damit für 11 Prozent der globalen
       Waffenexporte, der Anteil Deutschlands – dem hinter Frankreich und China
       weltweit fünftgrößtem Waffenexporteur – sank von 5,4 auf 4,5 Prozent.
       Südkorea und Ägypten, an die jeweils unter anderem vier U-Boote geliefert
       wurden, waren die besten Kunden der deutschen Rüstungsindustrie.
       
       ## Geringe Importe der Ukraine
       
       Der Anteil der Ukraine an den globalen Waffenimporten lag in den
       vergangenen 5 Jahren bei nur 0,1 Prozent. „Waffenlieferungen an die Ukraine
       hatten im Allgemeinen eher eine politische als eine militärische
       Bedeutung“, konstatiert Sipri: „Die aber mit dem Wachsen der Spannungen
       zwischen Russland und der Ukraine seit Ende 2021 zunahm.“ Die größte
       militärische Auswirkung habe die Lieferung von Kampfdrohnen aus der Türkei
       gehabt. Tschechien war mit gepanzerten Fahrzeugen und Artilleriegeschützen
       Hauptlieferant der ukrainischen Armee. Gefolgt von den USA, die vor allem
       Panzerabwehrraketen geliefert hätten.
       
       „Das niedrige Niveau der Waffentransfers in die Ukraine in den Jahren
       2017–21 erklärt sich teilweise durch ihre begrenzten finanziellen
       Ressourcen und durch die Tatsache, dass sie über eigene
       Waffenproduktionskapazitäten verfügen und ein großes Waffenarsenal
       vorhanden ist“, schreibt Sipri: „Darüberhinaus beschränkten mehrere der
       größten waffenexportierenden Staaten bis Februar 2022 Waffenexporte in die
       Ukraine aufgrund von Bedenken, dass solche Transfers zur Eskalation des
       Konflikts beitragen könnten.“
       
       14 Mar 2022
       
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