# taz.de -- Filmempfehlungen für Berlin: Doppelt verwandt
       
       > Wieder im Kino: Astaire/Rogers-Musicals der 30er und Familiendokus von
       > Jide Tom Akinleminu. Sergej Losnitzas „Donbass“ von 2018 erlangt neue
       > Brisanz.
       
 (IMG) Bild: Dokumentation der eigene Familiengeschichte: „Portrait of a Lone Farmer“ von Jide Tom Akinleminu
       
       „Verliert seine Haare. Tanzt ein wenig.“ Mit diesem Memo eines Assistenten
       anlässlich einer Filmprobeaufnahme zu Beginn der 1930er Jahre begann die
       Weltkarriere von Fred Astaire – von 1933 bis 1976 tanzte er dann wohl doch
       mehr als „ein wenig“ in Dutzenden von Hollywoods brillanten Filmmusicals.
       Beim Studio RKO traf er auf Ginger Rogers, ein blondes All-American Girl,
       das auf den ersten Blick gar nicht recht zu dem stets eleganten Astaire zu
       passen schien. Doch: „Sie gab ihm Sex, er verlieh ihr Klasse“, analysierte
       Schauspielkollegin Katharine Hepburn einmal die Partnerschaft der beiden
       Stars, die bereits wenig später legendär werden sollte.
       
       Konzeptuell waren die Astaire/Rogers-Musicals der 30er-Jahre der Gegensatz
       zu den großen Showmusicals à la Busby Berkeley: Musik und Tanz sind hier
       ein absolut unverzichtbarer Bestandteil des Plots, sie wirken in den
       Liebesgeschichten als zwingendes Mittel der Verführung. Wenn Worte nicht
       mehr weiterhelfen, findet das Paar im Tanz zur Harmonie.
       
       Das Kino Arsenal zeigt jetzt in der Reihe [1][„Cheek to Cheek – Filme mit
       Ginger Rogers und Fred Astaire“] acht der gemeinsamen Filme des
       Tanztraumpaares, sie lohnen alle. Ein kleiner Favorit ist „Top Hat“ (1934,
       R: Mark Sandrich), der zusätzlich mit den absurd-phantastischen
       Venedig-Dekorationen des RKO-Art-Directors Van Nest Polglase und dem
       sagenhaft witzigen Edward Everett Horton an Astaires Seite punkten kann
       („Cheek to Cheek – Filme mit Ginger Rogers und Fred Astaire“ 10.-28.3.,
       Arsenal 1; „Top Hat“, 11.3., 19 Uhr, 19.3., 21 Uhr, Arsenal 1).
       
       ## Familiendoppel mit Jide Tom Akinleminu
       
       Ein Thema, das sich im Dokumentarfilm der letzten Jahre verstetigt hat, ist
       die eigene Familie. Auch der dänische Regisseur und dffb-Absolvent Jide Tom
       Akinleminu stellt sie in den Mittelpunkt seiner Filme „Portrait of a Lone
       Farmer“ (2013) und „When a Farm Goes Aflame“ (2021), mit denen er jetzt
       beim Dok-Termin #10 im [2][Kino FSK] vertreten ist.
       
       Die Filme handeln von der Beziehung seiner Eltern und von den Auswirkungen
       ihrer Entscheidungen auf sein eigenes Leben: 1975 zog seine dänische Mutter
       Grete mit ihrem nigerianischen Mann nach Nigeria, um dort eine Farm zu
       bewirtschaften. Doch 1990 kehrte sie aufgrund der instabilen politischen
       Lage mit ihren Kindern nach Dänemark zurück. Ihr Mann blieb letztlich in
       Nigeria – doch erst 2013 fand der dänische Teil der Familie heraus, dass er
       dort bereits lange zuvor eine zweite Familie gegründet hatte.
       
       Während „Portrait of a Lone Farmer“ vor allem einen Versuch des Regisseurs
       darstellt, bei einem Besuch in Nigeria eine Beziehung zum lange abwesenden
       Vater und zu den Verwandten aufzubauen, handelt „When a Farm Goes Aflame“
       von der neuen Sachlage, den Befindlichkeiten der Mutter und einer langen
       Liste von Fragen an die Verwandten. Doch dabei wird schnell klar, dass es
       einen sehr unterschiedlichen Willen gibt, sich dem Sachverhalt zu stellen.
       Grete geht offen damit um, Jides Vater hingegen kann nicht wirklich darüber
       sprechen.
       
       Aber woran liegt das? Ein kultureller Unterschied? Ein Unterschied zwischen
       Frauen und Männern? Es bleiben einige Fragen offen. Regisseur Jide Tom
       Akinleminu ist im Anschluss an die Vorführung von „When a Farm Goes Aflame“
       im fsk-Kino zur Diskussion anwesend („Portrait of a Lone Farmer, 13.3., 16
       Uhr, „When a Farm Goes Aflame“ 13.3., 18 Uhr, [3][fsk-Kino]; 14.3., 18 Uhr,
       [4][Bundesplatz-Kino]).
       
       Kann man Clint Eastwood ungebremst mit einer 44er Magnum in San Francisco
       herumballern lassen? Das fragten sich schon 1971 die Rezensenten von „Dirty
       Harry“, als der harte Polizeifilm von Don Siegel so gar nicht in das
       liberaler werdende gesellschaftliche Klima zu passen schien. Heute ist
       „Dirty Harry“ ein Klassiker – nicht zuletzt aufgrund der Erkenntnis, dass
       ein Film über einen Zyniker nicht unbedingt zynisch sein muss (13.3., 12
       Uhr, [5][Astor Film Lounge]).
       
       Der momentan gefragteste ukrainische Filmregisseur dürfte Sergej Losnitza
       sein, der bereits seit vielen Jahren in Deutschland lebt, aber weiterhin
       stets sehr scharfsichtige Filme über seine alte Heimat dreht. Aus gegebenem
       Anlass ist „Donbass“ (2018) wieder im Kino, ein Drama in 13 Szenen über
       jenen Konflikt, der sich jetzt zu einem veritablen Krieg ausgeweitet hat
       (10.-16.3., 15.15 Uhr, [6][Delphi Lux]).
       
       10 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/cheek-to-cheek-filme-mit-ginger-rogers-und-fred-astaire/
 (DIR) [2] https://fsk-kino.peripherfilm.de/
 (DIR) [3] https://fsk-kino.peripherfilm.de/events/event/dok-termin-portrait-of-a-lone-farmer/
 (DIR) [4] http://www.bundesplatz-kino.de/
 (DIR) [5] https://berlin.premiumkino.de/
 (DIR) [6] https://www.yorck.de/kinos/delphi-lux
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lars Penning
       
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