# taz.de -- AKWs im Ukraine-Krieg: Spiel mit der nuklearen Katastrophe
       
       > Die Internationale Atomenergie-Organisation ist besorgt über ukrainische
       > AKWs in russischen Händen. Immerhin läuft der Strom in Tschernobyl
       > wieder.
       
 (IMG) Bild: Hat seit Donnerstagnachmittag wieder Strom: Ein eingeschlossener Reaktor von Tschernobyl
       
       Es war ein ungewöhnlicher Gast: Rafael Grossi, der Direktor der
       Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), ist zu den
       [1][ukrainisch-russischen Gesprächen nach Antalya] gekommen. Ihm ging es um
       die Sicherheit der 15 Atomkraftwerke in der Ukraine. Russischer Beschuss
       der Nuklearanlage Saporischschja mit ihren sechs Reaktorblöcken haben
       weltweit Angst vor einer neuen nuklearen Katastrophe geweckt, wie sie 1986
       im ukrainischen AKW Tschernobyl geschehen war. „Russland muss seine
       Streitkräfte umgehend aus den AKWs Tschernobyl und Saporischschja
       zurückziehen, um ein Desaster in Europa zu verhindern“, schrieb Grossi nach
       dem Treffen auf Twitter.
       
       Die Ukraine erzeugte bisher 51 Prozent ihres Stromes mithilfe von AKWs.
       Grossi ist alarmiert, weil die IAEA die Datenverbindung zu den
       Überwachungsgeräten in Saporischschja und Tschernobyl verloren habe. „Die
       Fernübertragung von Daten aus den IAEA-Überwachungsanlagen ist ein
       wichtiger Bestandteil unserer Kontrollen“, teilte er mit. Die
       Datenleitungen „ermöglichen uns, Kernmaterial und Aktivitäten an diesen
       Standorten zu überwachen, wenn unsere Inspektoren nicht anwesend sind“.
       
       Saporischschja, das größte AKW in Europa, ist seit den ersten Märztagen
       unter russischer Kontrolle. Der russische Beschuss hatte dort ein
       Schulungszentrum und ein Museum getroffen. Sie waren in Brand geraten, was
       die Sorge um die benachbarten Reaktoren neu entfachte.
       
       Die Ukraine hatte der IAEA am Sonntag mitgeteilt, dass das Kernkraftwerk
       zwar weiterhin durch reguläres Personal betrieben werde, die Werksleitung
       jedoch unter dem Befehl eines russischen Kommandeurs stehe. Nur mit dessen
       Zustimmung sei der technische Betrieb der sechs Reaktorblöcke möglich. Dies
       widerspreche dem Sicherheitskonzept bei AKWs, sagte Grossi. Auch hätten
       russische Streitkräfte nach Angaben aus Kiew die Kommunikation mit dem
       Personal durch das Abschalten des Internets und einiger mobiler Netzwerke
       stark eingeschränkt.
       
       ## Mit Dieselgeneratoren die Katastrophe verhindern
       
       Der Nuklearexperte Heinz Smital von Greenpeace hatte das Vorgehen Russlands
       „unverantwortlichen Wahnsinn“ genannt. Nun sorgt er sich auch um das
       Atomkraftwerk Juschnoukrainsk in der Südukraine, auf das russische Truppen
       vorrücken. „Sobald die russischen Soldaten die Stromversorgung der
       Südukraine kontrollieren, hat der Kreml ein Druckmittel gegenüber der
       ukrainischen Regierung in der Hand“, so Smital.
       
       Russische Truppen hatten zu Beginn ihres Einmarsches auch das AKW-Gelände
       von Tschernobyl besetzt. Dessen vier Blöcke sind seit 2000 stillgelegt.
       Doch [2][wegen gekappter Leitungen ist die Stromversorgung der Anlage
       ausgefallen] und musste durch Dieselgeneratoren ersetzt werden. Sollte
       denen der Treibstoff ausgehen, wäre die Kühlung der dort gelagerten alten
       Brennstäbe gefährdet.
       
       Außerdem rügte die IAEA, dass die Belegschaft seit zwei Wochen ohne
       Schichtwechsel arbeiten müsse. Am Donnerstagnachmittag stellten
       belarussische Experten die Stromversorgung wieder her. Tschernobyl habe
       wieder Strom, teilte das russische Energieministerium mit.
       
       10 Mar 2022
       
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