# taz.de -- Georgiens Ukraine-Kurs: Vornehme Zurückhaltung
       
       > Das einst westlich orientierte Georgien nimmt immer mehr Rücksicht auf
       > Russland. Der große Nachbar kontrolliert große Gebiete des
       > Kaukasuslandes.
       
 (IMG) Bild: Übung auf dem Schießplatz Tarskoje, Nordossetien
       
       Berlin taz | Die Ukraine kann sich dieser Tage [1][vor internationalen
       Solidaritätsbekundungen] kaum noch retten. Mit einer Resolution, die das
       Parlament verabschiedet hat, schließt sich jetzt auch Georgien der Gruppe
       der Schwurbler*innen an. Das Dokument lässt tief blicken.
       
       Darin ist zwar von einer Sorge angesichts einer möglichen militärischen
       Eskalation in der Ukraine die Rede. Auch fehlt der Hinweis nicht, dass ein
       Beitritt zur Nato das Recht eines jeden Staates und Versuche unannehmbar
       seien, dieses Recht durch militärische oder politische Mittel zu
       beschränken. Eine Erwähnung Russlands sucht man jedoch vergebens.
       
       Die vornehme Zurückhaltung von Tiflis hat Gründe. Denn die
       Südkaususrepublik weiß spätestens seit ihrem Krieg gegen Russland um
       Südossetien im Jahr 2008, was Respekt gegenüber der Souveränität und
       territorialen Integrität eines Staates bedeuten: nichts. De facto
       kontrolliert Moskau über seine Militärpräsenz in den Regionen Südossetien
       und Abchasien 20 Prozent des Territoriums. Und es geht lustig weiter.
       
       Im Zuge der „Borderization“ – verschiebt sich die „Grenze“ langsam, aber
       stetig, [2][von Südossetien aus immer weiter ins georgisches Gebiet hinein]
       und das auch noch vor den Augen einer Beobachter*innenmission der
       EU. Unlängst stoppte die abchasische Regierung ein Programm der EU und UNO
       über vertrauensbildende Maßnahmen zwischen Georgier*innen und
       Abchas*innen. Nicht schwer zu erraten, auf wessen Mist diese Initiative
       gewachsen ist.
       
       Dennoch spricht Russlands Außenminister Sergej Lawrow, so geschehen nach
       dem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Antony Blinken im Januar, davon, es
       sei Zeit, die Beziehungen zu Georgien zu normalisieren. Das ist zwar
       blanker Hohn, aber durchaus nicht ausgeschlossen, der georgischen Regierung
       sei Dank. Denn die scheint sich immer weiter von westlichen Werten zu
       entfernen. Das war bei der Durchführung der letztjährigen Kommunalwahlen
       genauso zu beobachten wie beim brutalen Umgang mit Demonstrierenden –
       besonders dann, wenn unter ihnen auch Russland kritische Töne laut werden.
       
       ## Enthaltung der Opposition
       
       Apropos Opposition: Deren Vertreter*innen im Parlament, die es immerhin
       noch gibt, enthielten sich bei dem Votum über die Resolution aus Protest
       der Stimme. Dafür mussten sie sich vorwerfen lassen, sie wollten die
       Ukraine und Georgien im Krieg sehen.
       
       Eine Art Feldzug führt [3][die Regierungspartei „Georgischer Traum“] gegen
       ihre Kritiker*innen hingegen schon lange. Und so dürfte die jüngste
       Erklärung zur Ukraine die Gesellschaft weiter polarisieren, was auch die
       innenpolitische Instabilität befördern wird. Wo dabei der lachende Dritte
       sitzt, ist klar: Im Kreml, wo sonst.
       
       3 Feb 2022
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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