# taz.de -- Corona und Korruption in Vietnam: Gute Geschäfte mit dubiosen Tests
       
       > Ein in Vietnam entwickelter Coronatest hat sich als Betrug entpuppt.
       > Ausgerechnet der in einen anderen Skandal belastete Innenminister hat das
       > aufgedeckt.
       
 (IMG) Bild: Das Unternehmen „Viet A“ hat mit nicht zugelassenen überteuerten COVID-19-Testkits Unsummen verdient
       
       Berlin taz | In Vietnam betrifft ein Korruptionsskandal um ein
       Corona-Testkit nicht nur gleich drei Ministerien, sondern auch den
       KP-Parteichef Nguyen Phu Trong. Er ist der mächtigste Mann des Landes.
       
       Eine bis dahin unbekannte Firma namens Viet A aus dem Speckgürtel der
       südlichen Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon) hatte schon im März 2020
       verkündet, ein eigenes Corona-Testkit mit Unterstützung des Gesundheits-,
       Wissenschafts- und Verteidigungsministeriums entwickelt zu haben. Es galt
       zu Beginn der Pandemie als Teil des Nationalstolzes, dass Vietnam einen
       eigenen Coronatest entwickelt hat.
       
       Er kam dann auch massenweise zum Einsatz. Zunächst war der Preis moderat.
       Doch mit steigender Nachfrage nach den Tests schoss er in die Höhe. Bald
       war der Preis höher als für andere Tests auf dem Weltmarkt. Die offizielle
       Parteizeitung [1][Nhan Dan] und andere staatliche Blätter behaupteten schon
       im April 2020 unter Berufung auf die genannten Ministerien, das Testkit sei
       von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugelassen.
       
       Tatsächlich lief zu der Zeit noch das Zulassungsverfahren. Doch die
       Behauptung wurde auch noch aufrecht erhalten, als die WHO im Oktober 2020
       die Zulassung des vietnamesischen Tests ablehnte.
       
       ## Hohe Provisionen für dubiose Tests
       
       Das Wissenschaftsministerium verkündete sogar die Falschmeldung, dass
       britische Behörden dem Testkit ein Zertifikat für die Erfüllung
       europäischer Standards ausgestellt hätten. Und Viet A [2][verkündete],
       seine Produkt in großer Zahl nach Großbritannien, in die USA, nach Indien,
       Finnland und in 20 weitere Staaten zu exportieren.
       
       Das Ziel war offenbar, den Absatz der teuren Tests im Inland zu fördern.
       Das wurde auch durch hohe Provisionen an Leiter von
       Gesundheitseinrichtungen erreicht, welche die Tests kauften. So wurden dem
       Direktor eines Gesundheitsamtes umgerechnet 1,3 Millionen US-Dollar
       gezahlt. Insgesamt flossen [3][offiziellen Angaben zufolge] 35 Millionen
       Dollar vom Hersteller an Beamte.
       
       Auch als der mächtige KP-Chef Nguyen Phu Trong Anfang 2021 das Unternehmen
       Viet A auszeichnete und seinem Generaldirektor einen Orden überreichte,
       kurbelte er damit das Geschäft mit den Testkits noch weiter an.
       
       Doch im Dezember nahmen auf Geheiß von Innenminister To Lam Ermittler das
       Führungspersonal von Viet A sowie mehrere Direktoren von Gesundheitsämtern
       fest und enthüllten damit den Korruptionsskandal.
       
       ## Innenminister gibt sich als Saubermann
       
       Nun mag es normal erscheinen, dass ein Innenministerium Korruption
       aufdeckt. Doch in Vietnam hatte das ein Geschmäckle: Denn die Festnahmen
       erfolgte just zu einer Zeit, als der Innenminister selbst unter Beschuss
       stand und der Parteichef schon dessen baldige Entlassung ins Spiel gebracht
       hatte.
       
       To Lam hatte sich bei einem Besuch in Großbritannien dabei filmen lassen,
       wie er sich in einem sündhaft teuren Londoner Restaurant ein vergoldetes
       Steak zum Preis von mehr als eintausend Dollar servieren ließ. Das von der
       britischen BBC verbreitete [4][Video] ging in Vietnams sozialen Netzwerken
       viral und sorgte für Empörung.
       
       Denn das offensichtliche Verprassen von Steuer- oder vielleicht sogar
       Korruptionsgeldern passt nicht in eine Zeit, in der die meisten Vietnamesen
       unter den [5][wirtschaftlichen Folgen der Pandemie] leiden. Mit der Razzia
       gegen Viet A schlug To Lam zurück, als wollte er sagen: Andere
       einschließlich des Parteichefs sind doch in einen noch größeren Skandal
       verwickelt als ich.
       
       Scheibchenweise halten seitdem immer neue Details Vietnams Öffentlichkeit
       in Atem. So wurde bekannt, dass Viet A seine Räume lediglich in einer
       dreißig Quadratmeter großen Garage hatte. Haben dort tatsächlich
       Wissenschaftler ein sensibles Medizinprodukt entwickelt und unter
       hygienischen Bedingungen produzieren können? Oder stammen die Testkits in
       Wirklichkeit aus China und wurden in der Garage nur umetikettiert?
       
       Viet A hatte für die Entwicklung des Tests mehr als 800.000 Dollar
       Fördermittel erhalten und nach Erkenntnissen der Ermittler damit 175
       Millionen Dollar Umsatz gemacht.
       
       4 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://nhandan.vn/khoa-hoc/bo-kit-xet-nghiem-covid-19-cua-viet-nam-duoc-who-chap-thuan-456532/
 (DIR) [2] https://nhandan.vn/khoa-hoc/bo-xet-nghiem-covid-19-cua-viet-nam-dat-tieu-chuan-chau-au-456056/
 (DIR) [3] https://nhandan.vn/thoi-su-phap-luat/cong-ty-viet-a-chi-800-ty-hoa-hong-trong-vu-nang-gia-kit-xet-nghiem-681481/
 (DIR) [4] https://www.bbc.com/news/world-asia-59174383?fbclid=IwAR1qhP5cCoGUDUGhw5Q3a-jCitRIaWs5JBKFR0mHOGNB6XWMg8qRN5cZy00
 (DIR) [5] /Corona-in-Vietnam/!5791622
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
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