# taz.de -- Die Wahrheit: Willkommen in der Kuscheldiktatur
       
       > Gegner der Coronamaßnahmen bemühen immer wieder die Nazi-Zeit als
       > Referenz. Dabei haben die Deutschen in ihrer Kernkompetenz doch schwer
       > nachgelassen.
       
       Pardon, aber wenn das, was wir in den letzten zwei Jahren erlebt haben,
       eine Diktatur war, dann haben wir Deutsche in einer unserer
       Kernkompetenzen schwer nachgelassen. Das konnten wir doch schon mal besser,
       oder?
       
       Man muss in diesem Zusammenhang noch nicht mal vom Nationalsozialismus
       sprechen – obwohl dazu einiges zu sagen wäre, vor allem, weil die
       Coronamaßnahmen-Gegner wahnsinnigerweise selbst regelmäßig das Nazisystem
       als Referenz bemühen, indem sie sich gelbe Sterne anheften und sich mit
       Sophie Scholl vergleichen. Und Karl Lauterbach mit Goebbels.
       
       Es reicht, einen Blick auf die DDR zu werfen. Auch dort waren die
       Unterdrückungsmechanismen erheblich effektiver als alles, wozu das heutige
       Politikpersonal – jenseits der AfD – je in der Lage wäre. Aber ausgerechnet
       ostdeutsche „Spaziergänger“ behaupten gern mal vor Fernsehkameras, das
       „Coronaregime“ sei „schlimmer als die DDR“.
       
       Okay, dann wurden an der Mauer also keine Menschen erschossen, niemand
       wurde in Bautzen eingesperrt, es gab im Osten keine Zwangsadoptionen und
       Künstlerinnen bekamen keine Auftritts- und Publikationsverbote. Wenn
       Deutschland im Jahr 2022 wirklich schlimmer ist als die SED-Diktatur, dann
       war nicht der Prager Frühling, sondern die DDR der berühmte Sozialismus mit
       menschlichem Antlitz. Ach was, dann war sie ein Sozialismus mit dem Gesicht
       einer Diddl-Maus. Historikerinnen sehen das zwar anders, aber vermutlich
       wissen auch diesbezüglich RT Deutschland, KenFM und Nena mehr als die
       Wissenschaft.
       
       Man darf gespannt sein, gegen welche totalitären Freiheitseinschränkungen
       die Querdenker-Partisanen kämpfen werden, wenn Corona besiegt sein sollte.
       Den Parkticket-Terror in den Innenstädten? Die Schulpflicht? Den Regen? Das
       Wetter im Allgemeinen? Das faschistische Nacht-Trommel-Verbot? Oder gegen
       den Paragrafen 183 StGB, der die Erregung öffentlichen Ärgernisses unter
       Strafe stellt – denn warum zum Teufel sollte man nicht in der U-Bahn
       onanieren dürfen? Mein Körper, meine Entscheidung!
       
       Die Tatsache, dass sich unter den Demonstranten so viele „ganz normale
       Bürger“ befinden, die man bisher noch nie auf Demos gesehen hat, sollte
       eigentlich nicht überraschen. Bisher haben sie nie demonstriert, weil sie
       sich für nix interessieren, außer für sich selbst. Und ihre Fernreise,
       ihren SUV oder ihre Yogamatte. Nun aber geht es genau darum, um ihr
       Lieblingsthema: Ich, ich, ich. Sie sollen kurz mal zurückstecken? Womöglich
       zum Wohl anderer? Es hackt wohl. Und so marschieren respektive spazieren
       sie neben einem notorisch rassistischen, antisemitischen Nazi-Mob – und
       kämpfen für ihr wohlstandsverwahrlostes Ego.
       
       Nazis wie Corona-Wutbürger werden weiter heldenhaft Widerstand leisten.
       Gegen eine Kuscheldiktatur, in der die schlimmste Strafe darin besteht,
       ohne Impfung nicht in die Pizzeria zu dürfen.
       
       26 Jan 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hartmut El Kurdi
       
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