# taz.de -- Tennisprofi Đoković in Australien: Maden im Essen
       
       > Novak Đoković' Fall wirft auch ein Schlaglicht auf die inhumane
       > Flüchtlingspolitik Australiens. Es wird auf das Prinzip Abschreckung
       > gesetzt.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen australische Flüchtlingspolitik vor dem Hotel, in dem Novak Djokovic vermutet wird
       
       Berlin taz | Es gibt nur wenige Australierinnen und Australier, die dem
       [1][Drama um Novak Đoković] etwas Positives abgewinnen können. Der
       serbische Tennis-Weltranglistenerste ist nach seinem Versuch, mit einer
       Ausnahmebewilligung die in Australien geltende Covid-Impfpflicht für
       Ankommende umgehen zu können, zur Unperson geworden. Đoković verbrachte
       erst acht Stunden im Flughafen in Festhaltehaft. Danach wurde er ins Park
       Hotel Melbourne verschafft.
       
       Đoković ist mit seiner Festnahme ungewollt zu einem Hoffnungsträger für
       australische Flüchtlingsaktivisten geworden. Die hoffen, dass die Situation
       die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit [2][auf Australiens harte
       Einwanderungspolitik] lenken wird. Das Park Hotel wird von der Grenzpolizei
       als Gewahrsamseinrichtung für Asylbewerber genutzt. Etwa 33 Männer sind
       derzeit in dem Hotel inhaftiert. Demonstranten und Flüchtlingsanwälte
       fordern seit Jahren ihre Freilassung.
       
       „Dies ist eine sehr unglückliche Situation, mit der viele Menschen
       konfrontiert sind, die nach Australien kommen“, fasste Alison Battisson von
       Human Rights for All am Donnerstag die Lage des Tennisspielers zusammen.
       Sie geht davon aus, dass der Tennisstar trotz seiner Prominenz nicht anders
       behandelt worden ist als andere Ankömmlinge ohne korrekte Papiere.
       „Zunächst einmal wurden ihm höchstwahrscheinlich Handschellen angelegt, das
       ist eine Standardprozedur. Vom Flughafen aus wurde Đoković dann in einem
       Lieferwagen mit fehlenden Hoheitszeichen zum Hafthotel gebracht.“
       
       Im Hotel selbst seien die Fenster komplett abgedichtet und mit einem Film
       beschichtet, damit die Inhaftierten von außen nicht gesehen werden können.
       
       ## Internierungslager in Papua-Neuguinea
       
       Die Immigrationspolitik Australiens ist sehr strikt. Ohne korrektes Visum
       einzureisen wird von der Regierung als schweres Delikt geahndet. Seit
       Jahrzehnten deportiert Australien zumeist Muslime, die versuchen, über
       Länder wie Indonesien per Boot nach Australien zu fliehen, [3][in
       Internierungslager in Papua-Neuguinea] und Nauru, wo sie jahrelang
       ausharren müssen.
       
       Die Bedingungen in den Lagern werden von NGOs als „unmenschlich“ und
       „grausam“ beschrieben. Mit dieser Politik der Härte will Australien
       offiziell Nachahmer davon abhalten, die gefährliche Reise übers Meer zu
       unternehmen. Flüchtlingsorganisationen werfen Canberra aber vor, mit der
       Methode an den unterschwelligen Rassismus im Land zu appellieren: Die
       Mehrheit steht hinter der Internierungspolitik.
       
       Bei Novak Đokovićs Mitbewohnern im Park Hotel Melbourne handelt es sich
       vorwiegend um Asylsuchende, deren Flüchtlingsstatus abgeklärt werden muss
       oder die auf ihre Abschiebung warten. Dieser Prozess kann viele Jahre
       dauern. Die Inhaftierten dürfen das Hotel und ihre Zimmer in dieser Zeit
       nicht verlassen. Jüngst gab es Berichte über Maden im Essen. Außerdem wurde
       die Anlage von Experten wegen der schlechten Belüftung kritisiert. Kürzlich
       war das Hotel Schauplatz eines Covid-19-Ausbruchs, bei dem sich die Hälfte
       der Häftlinge und etwa zwanzig Mitarbeiter infiziert hatten.
       
       „Novak Đoković hat die Ressourcen der ganzen Welt hinter sich“, sagt Alison
       Battisson. „Wenn jemand wie er in dieses brutale Regime hineingezogen
       werden kann, dann muss man sich mal vorstellen, was mit Menschen passiert,
       die am Flughafen oder per Boot Asyl beantragen. Sie sehen sich einem
       undurchdringlichen System von sich ständig ändernden Regeln und
       Vorschriften gegenüber.“
       
       6 Jan 2022
       
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 (DIR) Urs Wälterlin
       
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