# taz.de -- Warnung vor der fünften Welle: Lauterbach impft selbst
       
       > In Niedersachsen wurde die 2G-Regelung für Weihnachtsshopper kassiert.
       > Lauterbach fährt zu den Parteikollegen nach Hannover – und warnt.
       
 (IMG) Bild: Hier impft der Minister persönlich: Karl Lauterbach in einem Impfzentrum in Hannover
       
       Hannover taz | Es ist der erste Auswärtstermin des [1][neuen
       Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD)]. Er habe sich bewusst für das
       „vorbildliche“ Kinderimpfzentrum am Zoo Hannover entschieden, sagt er. Da
       legt er zur großen Begeisterung der Fotografen und Kameraleute dann auch
       noch selbst Hand an und impft zwei Kinder.
       
       Draußen protestiert derweil eine kleine, aber laute Gruppe von
       [2][Coronaleugnern und Impfgegnern]. Als „Kindermörder“ beschimpfen sie
       Lauterbach – sind sich aber gleichzeitig nicht zu schade, verängstigte
       Kinder im Grundschulalter anzupöbeln, die auf dem Weg ins oder aus dem
       Impfzentrum sind.
       
       „Vorbildlich“ wird Lauterbach auch die Coronapolitik von
       [3][Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)] später nennen, denn natürlich ist
       dies in erster Linie ein Besuch unter Parteifreunden. Weil kann diese
       Rückendeckung allerdings gut gebrauchen – nachdem das
       Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die 2G-Regelung für den Einzelhandel
       gekippt hat. Auf die hatte man sich zwar bundesweit geeinigt, aber
       umgesetzt werden muss sie eben über die Coronaverordnungen der Länder.
       
       In mehreren Bundesländern laufen Klagen dagegen, betrieben unter anderem
       von der Handelskette Woolworth. In Schleswig-Holstein hatte das dortige OVG
       die Regelung gelten lassen, in Niedersachsen wurde sie jetzt mit sofortiger
       Wirkung kassiert. Nun murren vor allem die Kommunen, die sich große Mühe
       gemacht haben, Kontrollen und Einlassbändchen zu organisieren, um es ihren
       Händlern leichter zu machen.
       
       Gleichzeitig greift die Verunsicherung auch in anderen Bundesländern um
       sich: Welches Oberverwaltungsgericht urteilt als nächstes und wie? Welches
       Land gibt vorher schon dem Druck des Handels nach, der um sein
       Weihnachtsgeschäft kämpft?
       
       ## Unaufhaltsame Welle für Lauterbach
       
       Weil und Lauterbach betonen zwar beide, keine „Urteilsschelte“ betreiben zu
       wollen, lassen aber trotzdem keinen Zweifel daran, dass sie die
       Entscheidung für falsch halten.
       
       Er gehe von einer massiven fünften Welle durch Omikron aus, sagt
       Lauterbach. „Was ich von meinen Kollegen aus England höre, ist, dass die
       Ausbreitung alles übertrifft, was in der gesamten Pandemie beobachtet
       wurde.“ [4][Die fünfte Welle] lasse sich auch in Deutschland gar nicht mehr
       verhindern.
       
       Und ab einem bestimmten Punkt helfen dann auch die überwiegend milden
       Verläufe nichts mehr, sagt Lauterbach. Die würden die Zahl der Sterbefälle
       vielleicht für zwei oder drei Wochen gering halten. Dann aber hätte das
       Wachstum der Fälle diesen Vorteil schon aufgezehrt und die Krankenhäuser
       würden an ihre Grenzen kommen.
       
       Auch Weil mahnt, man dürfe sich auf den aktuell sinkenden Inzidenzen nicht
       ausruhen. Das Zusammentreffen der vierten und der fünften Welle produziere
       möglicherweise die schwierigste Situation der gesamten Pandemie.
       
       Dies hinauszuzögern, um der Booster-Kampagne mehr Zeit zu verschaffen, sei
       das oberste Ziel, sagt Lauterbach. Deshalb sei er dabei, mehr Impfstoff zu
       organisieren, deshalb plädiere er für Kontaktreduktionen und freiwillige
       Tests auch vor den Feiertagsbesuchen.
       
       ## Was die Richter treibt
       
       Für das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg war dieses Szenario offenbar zu
       weit weg. In seiner Urteilsbegründung hebt es vor allem darauf ab, dass der
       Einzelhandel ja gar nicht nachweislich ein Infektionstreiber ist. Mit einer
       FFP2-Maskenpflicht stünde angesichts der aktuellen Pandemielage ein
       milderes und angemesseneres Mittel zur Verfügung.
       
       Außerdem leuchtete die Ungleichbehandlung der verschiedenen Branchen den
       Richtern nicht ein: Niedersachsen hatte nicht nur Supermärkte und Drogerien
       ausgenommen, sondern beispielsweise auch Gartenmärkte oder Fachmärkte zur
       Reparatur und Instandhaltung von Elektronikgeräten, nicht aber die
       Baumärkte.
       
       In Sachen FFP2-Maskenpflicht wird man nun nachbessern, heißt es aus der
       niedersächsischen Staatskanzlei. Im Übrigen wartet man darauf, wie das OVG
       Lüneburg in der kommenden Woche über die Weihnachtsruhe urteilen wird, mit
       der die Schließung von Clubs und Diskotheken zwischen den Jahren verfügt
       wurde.
       
       Er wäre ja sehr dafür, dass sich das Gericht einmal ein paar Experten zur
       Anhörung einlade und sich die voraussichtliche Lage im Januar modellieren
       lasse, sagte Weil.
       
       Möglicherweise, schwingt dabei unausgesprochen mit, wird man das schöne
       Weihnachtsshopping dann teuer bezahlen. Andrerseits: Wenn es dann wieder zu
       einem allgemeinen Lockdown kommt, verstößt der wenigstens nicht gegen den
       Gleichheitsgrundsatz.
       
       17 Dec 2021
       
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