# taz.de -- Virusvarianten, Impfziel und Ampelpläne: Omikron ist klüger als die FDP
       
       > Die neue Virusvariante hat kapiert, wie man uns austrickst. Derweil macht
       > die neue Regierung große Versprechen. Rückblick auf die Weihnachtswoche.
       
 (IMG) Bild: „Die FDP wird garantiert dafür sorgen, dass alle nötigen Coronabeschlüsse immer zu spät fallen“
       
       taz: Frau Herrmann, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Ulrike Herrmann: Omikron ist auf dem Vormarsch.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Omikron ist offenbar eine besonders schlaue Coronavariante, die klar
       erkannt hat, wie ein Virus die Welt erobert: Es ist hochansteckend, tötet
       aber den Wirt eher selten, sodass es sich immer weiter ausbreiten kann. Die
       meisten Menschen überleben – und das Virus auch. Das ist besser als Delta,
       auch wenn die nächsten Wochen hart werden.
       
       [1][Bund und Länder haben sich am Dienstag] auf Kontaktbeschränkungen auch
       für Geimpfte und Genesene geeinigt – aber erst nach Weihnachten. Dabei
       hatte das RKI für sofortige Kontaktbeschränkungen plädiert. Interessant ist
       auch der Sinneswandel des ehemaligen Mahners und heutigen
       Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD), finden Sie nicht auch? 
       
       Karl Lauterbach ist eben in einer neuen Rolle. Jetzt hat er
       Koalitionspartner – und dann auch noch die FDP. Prominente Liberale wie
       Wolfgang Kubicki lehnen ja sogar die 2G-Regel ab. Die FDP wird garantiert
       dafür sorgen, dass alle nötigen Coronabeschlüsse immer zu spät fallen.
       
       Die Impfquote von 80 Prozent wird ebenfalls nicht Anfang, sondern höchstens
       Ende Januar erreicht. Anders als angekündigt. 
       
       Man muss fair sein: Nicht die Bundesregierung scheitert, sondern die
       Landesregierungen von Sachsen oder Thüringen. Bestünde Deutschland nur aus
       Bremen und dem Saarland, hätten wir schon eine Impfquote von 80 Prozent und
       mehr.
       
       Die taz hat diese Woche über den Jahreswirtschaftsbericht des
       Bundeswirtschaftsministeriums unter Robert Habeck (Grüne) berichtet.
       [2][Habeck fordert eine „erweiterte Wohlfahrtsmessung“,] die den
       klassischen BIP-Zahlen „Gerechtigkeits- und Nachhaltigkeitsindikatoren“ zur
       Seite stellt. Wird der Kapitalismus also bald doch menschenfreundlich? 
       
       Das Problem am Kapitalismus ist, dass er wachsen muss, um stabil zu sein.
       Unendliches Wachstum ist aber in einer endlichen Welt nicht möglich. Also
       muss man sich vom Kapitalismus verabschieden, wenn man Klimaschutz
       betreiben will. An dieser brutalen Tatsache ändert sich nichts, indem man
       neue Messgrößen einführt.
       
       Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Saskia Weishaupt ist Zielscheibe eines
       rechten Shitstorms. Weishaupt hatte in Bezug auf eine Demo gegen
       Coronamaßnahmen am Donnerstag in München getwittert: „Die Taktik von den
       Querdenker:innen ist es, sich Stück für Stück die Straße zu erkämpfen.
       Polizei muss handeln und im Zweifelsfall Pfefferspray und Schlagstöcke
       einsetzen. Wir dürfen ihnen keinen Millimeter überlassen!“ Ist der starke
       Staat nun unser Freund? 
       
       Das Gewaltmonopol des Staates war schon immer eine gute Idee. Die
       Alternative wäre Selbstjustiz oder Bürgerkrieg.
       
       Familienministerin Anne Spiegel hat einen bezahlten zweiwöchigen
       „Väterurlaub“ nach Geburt angekündigt. Hat es dafür die Grünen in der
       Regierung gebraucht? 
       
       Die zwei Wochen sind schön. Aber für den Alltag der Eltern ist
       entscheidend, ob es genug Betreuungsangebote für ihre Kinder gibt. Derzeit
       fehlten bundesweit etwa 173.000 Kita-ErzieherInnen, und diese Lücke wird in
       den nächsten Jahren noch größer.
       
       [3][Mit Franziska Giffey bekommt Berlin erstmals eine Regierende
       Bürgermeisterin.] Im Wahlkampf ging sie mit dem Slogan „Ganz sicher Berlin“
       auf Stimmenfang. Wird Berlin das nächste Bayern? 
       
       Giffey gedenkt, von einem Trend zu profitieren: Die erfassten Straftaten
       sinken in Berlin seit Langem. Da gibts jedes Jahr eine Erfolgsmeldung.
       Selbstdarstellung kann Giffey, ganz wie Söder.
       
       Vorige Woche tauchte ein Video der ehemaligen chinesischen
       Weltklasse-Tennisspielerin Peng Shuai auf. Sie spricht von
       Missverständnissen und will nie behauptet haben, von einem Parteifunktionär
       sexuell missbraucht worden zu sein. Muss ein Olympia-Boykottbeschluss der
       Bundesregierung her? 
       
       Ein politischer Boykott wäre richtig. China wird sich deswegen nicht ändern
       – aber vielleicht das Internationale Olympische Komitee, das die Spiele
       vergibt.
       
       Und was machen wir jetzt mit unserem Geld? 
       
       Das bleibt ein großes Rätsel. Immobilien sind jedenfalls riskant, wie das
       Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung jüngst ermittelt hat. Vor allem
       in den Großstädten sind die Wohnungen spekulativ überteuert – wer jetzt
       noch kauft, könnte später verlieren. Und damit zurück an Friedrich
       Küppersbusch.
       
       Fragen: mlr, waam, vag 
       
       Ulrike Herrmann ist Autorin und Wirtschaftsredakteurin der taz und schreibt
       gerade ein Buch über das „Ende des Kapitalismus“. Sie ist die
       Urlaubsvertretung für die Kolumne von [4][Friedrich Küppersbusch].
       
       26 Dec 2021
       
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