# taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Koalition kommt, Corona bleibt
       
       > Am Montag schauen alle auf den rot-grün-roten Koalitionsvertrag für die
       > Hauptstadt. Bei Corona schauen alle nur leider weiter zu.
       
 (IMG) Bild: Rot-grün-rote Spitzenfrauen: Jarasch (Grüne), Giffey (SPD), Schubert (Linke) (v.l.)
       
       Diese Woche geht am Montag spannungsmäßig gleich mal in die Vollen: Die
       rot-grün-roten Koalitionäre in spe wollen vorstellen, wie sie diese Stadt
       die nächsten fünf Jahre zu regieren gedenken. Unter welchem Motto [1][der
       Koalitionsvertrag ] wohl stehen wird? Auch was mit „Fortschritt“, wie
       [2][der Ampelvertrag im Bund]? Der steht unter dem Titel „Mehr Fortschritt
       wagen“ und soll ein Bündnis für allerlei sein. Freiheit ist dabei und
       Gerechtigkeit, natürlich, und noch irgendwas – ach ja, Nachhaltigkeit, die
       Grünen regieren ja auch mit, fast vergessen angesichts der nun ja,
       Ambitionen sind es kaum, bei der Verkehrs- und Umweltpolitik.
       
       Aber zurück in die mühevollen Ebenen der Berliner Landespolitik.
       VerhandlerInnen kolportierten, dass SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey
       bei den Verhandlungen in den letzten Wochen jedes Komma auf den Prüfstand
       gestellt habe – was den Entstehungsprozess des Koalitionsvertrags zu einer
       recht zähen Angelegenheit machte.
       
       Immerhin dürfte es beim Schlussredigat jetzt vielleicht etwas schneller
       gehen mit der Prüfung von Rechtschreibung und Interpunktion – und das ist
       auch gut so, denn die Linke will ihre Mitglieder auf einem Parteitag am
       Samstag bereits über das Werk abstimmen lassen. Bis dahin muss das Ding
       gedruckt, verschickt, gelesen und für gut befunden sein.
       
       Goutiert die Basis die Koalitionsprosa nicht – zum Beispiel, weil sie den
       Umgang mit dem Enteignen-Volksentscheid zu ambitionslos findet –, hat die
       Linke indes ein Problem. Oder vielleicht auch gerade nicht? Immerhin wäre
       das ein möglicher Exit aus einer Koalition, in der die Linke in ihrem
       Kernressort, der Wohnungspolitik, nicht viel wird gestalten können – mit
       dem in einen einjährigen [3][Arbeitskreis wegmoderierten Volksentscheid],
       dem gekippten Vorkaufsrecht, der SPD-Neubaupolitik. Wahrscheinlich ist so
       ein Exit-Szenario aber eher nicht. Die WählerInnen dürften es der Partei
       auch kaum verzeihen, wenn sie nicht auf dem Feld zumindest versucht
       mitzugestalten, wofür sie sie gewählt haben.
       
       Spannend wird am Montag auch sein, wer welche Ressorts übernimmt. Die SPD
       dürfte auf die „großen“ Ressorts Inneres und Finanzen bestehen und wird
       zudem beim Thema Mieten und Stadtentwicklung kaum die Kontrolle aus der
       Hand geben. [4][Kommt noch Bildung hinzu?] BeobachterInnen halten es
       inzwischen für nicht so unwahrscheinlich – zumal Giffey bei der Vorstellung
       der Zwischenergebnisse ein „Weitermachen“ betonte, bloß keine neuen
       Reformen also. 25 Jahre SPD-Bildungspolitik sind also vielleicht doch noch
       nicht genug.
       
       [5][Umwelt und Verkehr können sich hingegen die Grünen nicht nehmen
       lassen.] Nachdem Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch vergangene Woche
       bereits die Verhandlungsergebnisse zu Wissenschaft verkündete und sie sehr
       explizit mit der Zukunft des Wirtschaftsstandorts Berlin verknüpfte, wäre
       Wirtschaft und Wissenschaft ein weiteres mögliches und neu zugeschnittenes
       Ressort.
       
       Und die Linke? Darf wohl weiter Kultur und Soziales verantworten. Ein
       drittes Ressort, weil bloß zwei einfach kein vorzeigbarer
       Verhandlungserfolg sein können für die Linke, ließe sich vielleicht mit
       Gesundheit finden.
       
       Apropos Gesundheit: [6][Corona wütet weiter], am Sonntag lag die Inzidenz
       in Berlin bei 371,6 – mit dem Hinweis der Gesundheitsverwaltung versehen,
       dass die Fallzahlen aus Neukölln derzeit „systematisch untererfasst“ seien.
       Mit anderen Worten: Man kommt mit dem Zählen nicht mehr hinterher. Leider
       glaubt die Politik sich an ihre selbst verordnete Stillhalten-Regel halten
       zu müssen (auch wenn das Virus es nicht tut): Überprüfen der
       Coronamaßnahmen erst wieder kommende Woche. Bis dahin gucken wir mal der
       Inzidenz weiter beim Wachsen zu und [7][shoppen uns in den Lockdown.]
       
       29 Nov 2021
       
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