# taz.de -- Olympischer Sportbund in der Krise: Stützen des Systems
       
       > Beim DOSB soll mit der Wahl eines Nachfolgers von Präsident Alfons
       > Hörmann alles besser werden. Dabei lassen sich die Probleme nicht
       > personalisieren.
       
 (IMG) Bild: Letztmals Kleider-Repräsentant: Hörmann bei der Vorstellung der Olympia-Kleidung für Peking 2022
       
       „Wenn es einer von euch noch einmal wagen sollte, zu behaupten, dass ich
       Angst verbreiten würde, dann mache ich euch fertig.“ Dies könnte eine
       Sprechblase aus der Comic-Welt sein, in der wohl bekannte Menschentypen
       manchmal so herrlich pointiert und überspitzt nachgezeichnet werden.
       
       Wer Interesse an schrägen Karikaturen aus dem menschlichen Universum hat,
       wird allerdings auch in der Sportwelt bestens unterhalten. So wurde die
       eingangs vorgestellte, so absurd einschüchternde Botschaft in einer leicht
       abgewandelten Variation von Alfons Hörmann, dem noch amtierenden
       Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes, signiert.
       
       Wie diese Woche bekannt wurde, hat der oberste deutsche Sportfunktionär
       seine vermutlich am meisten beanspruchten Mitarbeiter, die Anwälte, auf das
       ehemalige DOSB-Vorstandsmitglied Karin Fehres angesetzt.
       
       Mit Hilfe eines Sprachsachverständigen will man erkannt haben, dass der
       ausgewiesenermaßen von mehreren verfasste anonyme Brief, in dem Hörmann als
       Begründer [1][einer Kultur der Angst] im DOSB angegriffen wurde und der
       letztlich zu seinem angekündigten Rückzug aus dem Amt führte,
       ausschließlich von Fehres stammen könne. Um ein Strafverfahren gegen sie
       abzuwenden, müsse sie sich als alleinige Verfasserin des Briefes bekennen.
       Fehres erklärte, sie habe in keiner Form an diesem Brief mitgewirkt.
       
       ## Talent zur Komik
       
       Obendrein hat sich Hörmann und die DOSB-Führung durch selbst beauftragte
       Gutachten bescheinigen lassen, dass es keine Kultur der Angst gebe.
       Vielleicht liegt das größte Talent des Sports tatsächlich in der Komik.
       Wenn Hörmann, der sich in den letzten Wochen als Opfer einer Intrige
       inszeniert hatte, sich einzelne vermeintliche [2][Gegenspieler:innen]
       herauspickt, weiß er natürlich um die kollektive Wirkung solcher Maßnahmen.
       
       Ein Glück nur, könnte man denken, dass dieser Spuk bald zu Ende ist, und
       die Findungskommission mit den Sportfunktionär:innen Claudia Bokel und
       Thomas Weikert sowie CSU-Politiker Stephan Mayer drei Kandidaten für die
       Wahl der Hörmann-Nachfolge am 4. Dezember in Weimar vorgeschlagen hat.
       
       Alle reden vom Neuanfang. Doch so einfach ist das nicht. Das Problem des
       DOSB, der es in den letzten Jahren geschafft hat, den Unmut der eigenen
       Belegschaft, der Landessportbünde, der Spitzensportverbände, der
       Politiker:innen und des Internationalen Olympischen Komitees auf sich
       zu ziehen, lässt sich nicht personalisieren. Es geht um weit mehr als um
       die Hörmann-Nachfolge. Eine Kultur der Angst speist sich nicht aus einer
       einzigen Quelle. Den Brief, mit dem Karin Fehres unter Druck gesetzt wurde,
       haben beispielsweise auch die Vorstandschefin Veronika Rücker und
       Finanz-Vorstand Thomas Arnold unterschrieben. Und auch diese dürften auf
       weitere Stützen im System angewiesen gewesen sein.
       
       Wie wenig Führungswechsel in einem maroden System bewirken, kann man beim
       Deutschen Fußball-Bund studieren, seitdem Präsident Wolfgang Niersbach 2015
       über die dubiosen ans Licht gekommenen Vorgänge bei der Vergabe der WM 2006
       nach Deutschland stürzte.
       
       Das hat zudem mit den intransparenten Vorgängen bei der Kandidatenauslese
       zu tun. Die DOSB-Findungskommission siebte etwa Stefan Klett, den
       Präsidenten des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, als möglichen
       Hörmann-Nachfolger aus. Welche Kriterien dabei angelegt wurden, wird allein
       der Fantasie der Wahlberechtigten überlassen. So verzichtet Klett lieber
       auf seine Möglichkeit, auch gegen das Votum der Findungskommission in
       Weimar anzutreten. Als Einzelkämpfer hat er keine Chance. Wenn sich die
       drei Präsidentschaftskandidaten am Sonntag den Mitgliedsorganisation des
       Dachverbandes in Düsseldorf vorstellen, sollten ihre inhaltlichen und
       personellen Vorstellungen zur Teamarbeit genau abgefragt werden.
       
       12 Nov 2021
       
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