# taz.de -- Hürden bei der Familienplanung: Kinder passieren nicht einfach so
       
       > Kinderwünsche gelten manchen als spießig. Dabei ist es manchmal sehr
       > wichtig, genau zu wissen, ob man das will – oder es überhaupt möglich
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Das ist eben nicht einfach so passiert
       
       Mein Vater sagt, eigentlich wollte er gar keine Kinder. Wenn ich ihn frage,
       wie es dazu kommen konnte, dass er dennoch drei bekommen hat, lautet die
       Antwort: „Das ist einfach so passiert“. Dasselbe sagt meine Oma über ihre
       Kinder. Der Spruch nervt mich schon deshalb, weil meine Vorfahren damit
       jegliche Mitverantwortung von sich weisen.
       
       Noch mehr regen mich aber ihre abwertenden Sprüche über Leute auf, die so
       spießig sind und ihre [1][Kinder planen]. Denn guess what: Kinder passieren
       eben nicht einfach so. Zumindest nicht allen. Viele Menschen, mich selbst
       eingeschlossen, hätten gar keine andere Möglichkeit, Kinder zu bekommen,
       als sie zu planen.
       
       Liegt es daran, dass meine Familie aus lauter Unfällen besteht und sie sich
       diesbezüglich einen gewissen Stolz angeeignet haben, um ihre
       Verhütungsunfähigkeit zu übertünchen? Hat es etwas damit zu tun, dass ich
       von zwei Generationen von Hippies abstamme? Oder sind Boomer im Allgemeinen
       einfach noch ein bisschen sorgloser durchs Leben getapert als wir
       Millennials und Generation Z?
       
       ## Einfach so schwanger werden geht nicht immer
       
       Klar: Kein Verhütungsmittel ist zu 100 Prozent sicher. [2][Ungeplante
       Schwangerschaften passieren]. Doch ich sehe einen Unterschied zwischen
       ungeplanten und absolut ungewollten Schwangerschaften. Wer wie meine Eltern
       ausreichend Zugang zu sexueller Bildung, Verhütungsmitteln und sicheren
       Schwangerschaftsabbrüchen hat, kann es in der Regel verhindern, Kinder zu
       bekommen.
       
       „Einfach so“ schwanger werden kann hingegen nicht jede*r. Wer
       beispielsweise in einer queeren Beziehung lebt, muss seine Kinder nicht nur
       planen, sondern oft auch viel Geld ausgeben und bürokratische Hürden
       überwinden. [3][Menschen mit Kinderwunsch], die nicht in einer romantischen
       Zweierbeziehung leben, müssen planen. Menschen mit bestimmten Krankheiten
       müssen planen.
       
       Ich beispielsweise habe Endometriose. Dagegen nehme ich ein Medikament
       ähnlich der Pille, das ich bewusst absetzen müsste, um schwanger werden zu
       können. Gleichzeitig würden dadurch meine Schmerzen wieder schlimmer
       werden. Ich müsste mich also für einen Zeitpunkt entscheiden und mich dann
       mit dem Schwangerwerden möglichst beeilen.
       
       ## Viele Stressfaktoren
       
       All das sind Stressfaktoren, die Menschen wie meine schlecht verhütenden
       Eltern und Großeltern nicht kennen. Auch eine ungeplante Schwangerschaft
       kann selbstverständlich sehr viel Stress auslösen. In meiner letzten
       Beziehung mit einer cis Frau empfand ich es als großes Privileg, mir darum
       keine Gedanken machen zu müssen.
       
       Doch auch „einfach so“ Kinder bekommen zu können – wenn man es denn möchte
       –, ist für mich ein Privileg. Es bedeutet, sich nicht zu der schwierigen
       Entscheidung für den richtigen Zeitpunkt durchringen zu müssen, den es eh
       nicht gibt. Dabei bleibt alles schön romantisch, natürlich und
       kostengünstig. Herzlichen Glückwunsch zu deinen drei unspießigen Kindern,
       Papa.
       
       1 Nov 2021
       
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