# taz.de -- Haft für Sarkozy: Ein Jahr mit Fußfessel
       
       > Die Kosten im französischen Wahlkampf 2012 wurden laut Gericht auf
       > illegale Weise abgerechnet. Ins Gefängnis muss Ex-Präsident Nicolas
       > Sarkozy wohl nicht.
       
 (IMG) Bild: Haft wohl ohne Gefängnis, aber mit Fußfessel für Nicolas Sarkozy
       
       Paris taz | [1][Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy] ist am Donnerstag
       in der sogenannten [2][Bygmalion-Affäre]vom Pariser Strafgericht der
       illegalen Finanzierung seiner Wahlkampagne von 2012 für schuldig erklärt
       und zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Laut Gericht darf er diese Strafe
       aber ohne Gefängnisaufenthalt mit einer Überwachung durch eine
       elektronische Fußfessel verbüßen.
       
       Dem Gericht zufolge überschritt der 66-Jährige 2012 die gedeckelten
       Wahlkampfkosten bei seiner letztlich gescheiterten Wiederwahlkampagne. Der
       Expräsident habe „bewusst darauf verzichtet, die Kosten unter Kontrolle zu
       halten“, sagte die Vorsitzende Richterin Caroline Viguier. Insgesamt waren
       14 Personen wegen Betrugs und illegaler Finanzierung des Wahlkampfs
       angeklagt, darunter die Leiter von Sarkozys Kampagnenteam. Alle wurden zu
       teilweise auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafen zwischen zwei und
       dreieinhalb Jahren verurteilt.
       
       Sarkozy hat seinen Anwalt Thierry Herzog sogleich mitteilen lassen, dass er
       Berufung einlegt – wie schon im März dieses Jahres nach seiner Verurteilung
       zu drei Jahren Haft (davon zwölf Monate ohne Bewährung) wegen versuchter
       Bestechung eines Richters. Auch laufen gegen ihn noch Ermittlungen wegen
       des Verdachts auf illegale Finanzierung seiner Wahlkampagne von 2007 durch
       unterschlagene Gelder aus Libyen.
       
       Sarkozy weist jegliche Schuld empört zurück. Er hatte im Verlauf der
       fünfwöchigen Verhandlungen im Frühsommer jegliche persönliche Verantwortung
       für das illegale System zur Verheimlichung von Auslagen für
       Wahlveranstaltungen durch eine doppelte Buchhaltung abgestritten.
       Vermutlich in Erwartung einer Verurteilung war er am Donnerstag selber
       nicht vor Gericht erschienen.
       
       Sarkozy hatte 2012 zunächst wohl geglaubt, dass er am Ende seiner
       fünfjährigen Amtszeit mit einer Blitzkampagne den Kampf um seine Wiederwahl
       gegen den nicht sehr charismatischen Sozialisten François Hollande spielend
       gewinnen würde. Als sich im Gegenteil negative Prognosen häuften, beschloss
       er, einen Sprint mit fast täglichen Großveranstaltungen anzugehen, die nur
       mit einem organisatorischen Riesenaufwand möglich waren.
       
       Plötzlich war nichts zu groß und zu teuer. Dabei wurde zwangsläufig die vom
       Gesetz vorgesehene Höchstgrenze von 22,5 Millionen Euro für die gesamten
       Kampagnenkosten überschritten, und zwar mit insgesamt 42,8 Millionen um
       fast das Doppelte.
       
       Um dies zu verheimlichen, fand das Wahlkampfteam zusammen mit der für die
       Organisation zuständigen Firma Bygmalion einen Trick: Ein Großteil der
       zusätzlichen Ausgaben wurde nicht der Kampagne von Sarkozy, sondern dessen
       Partei UMP für völlig fiktive Konferenzen in Rechnung gestellt. Das Gericht
       hält es für erwiesen, dass nicht nur die Verantwortlichen bei Bygmalion,
       sondern auch das gesamte Wahlkampfteam und Sarkozy selber dies gewusst
       hatten. „Es war nicht sein erster Wahlkampf, er hatte Erfahrung als
       Kandidat, Kenntnisse des Rechts“, sagte die Richterin.
       
       Noch vor dem Auszählen der Stimmen am Wahlabend 2012 bestand der Verdacht,
       dass Sarkozy mit diesen im amerikanischen Stil und jeweils Tausenden von
       Sympathisanten inszenierten Wahlmeetings die Limits des offiziell
       erlaubten Budgets maßlos überschritten hätte. Doch erst 2014 platzte die
       „Bygmalion-Affäre“, als der Exvizechef der Kampagne, Jérôme Lavrilleux, im
       Fernsehen die Machenschaften enthüllte. Trotz seines Mediengeständnisses,
       das danach die Ermittlungen ins Rollen brachte, ist auch er wegen seiner
       Rolle bei diesem Betrug schuldig gesprochen und zu drei Jahren Haft
       verurteilt worden.
       
       Dieser zweite Schuldspruch der Justiz innerhalb weniger Monate ist ein
       herber Rückschlag für den Expräsidenten, der bisher auf die Solidarität
       seiner politischen Familie zählen konnte. Auch gestern versicherten ihm
       mehrere konservative Parteifreunde als Reaktion auf das Urteil ihre
       unverbrüchliche Freundschaft. Seine Chancen auf ein allfälliges politisches
       Comeback, auf das viele seiner immer noch zahlreichen Fans hofften, dürften
       nach der zweifachen Diskreditierung durch die Justiz allerdings sinken.
       
       30 Sep 2021
       
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