# taz.de -- Dschihadisten in Afghanistan: In tiefer Feindschaft verbunden
       
       > Die erbitterte Feindschaft zwischen den afghanischen Taliban und dem
       > lokalen Ableger des „Islamischen Staates“ fordert immer neue Opfer.
       
 (IMG) Bild: Auf der Suche nach dem Feind: Taliban auf Patrouille in Kabul
       
       Berlin taz | Der afghanische Ableger der Terrormiliz „Islamischer Staat“
       (IS-PK) hat sich Montagabend laut Agenturberichten über sein Sprachrohr
       Amak zum Anschlag auf die Eid-Gah-Moschee in der Hauptstadt Kabul bekannt.
       Bei dem mutmaßlichen Selbstmordanschlag am Sonntag, der auf Taliban-Führer
       zielte, sind mindestens fünf Menschen getötet und elf verletzt worden. In
       der Moschee fand gerade eine Trauerfeier für die Mutter von
       Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid statt.
       
       Als Reaktion auf den Anschlag zerstörten laut Mudschahid Taliban-Kämpfer am
       Sonntagabend ein IS-Zentrum im Norden von Kabul. „Alle IS-Mitglieder“ in
       dem Zentrum seien getötet worden, sagte Mudschahid der Nachrichtenagentur
       AFP. Weitere drei Menschen seien im Zusammenhang mit dem Anschlag
       festgenommen worden.
       
       Am Dienstag sprach der Taliban-Sprecher Bilal Karimi auf Twitter von elf
       Festnahmen. Details nannte er nicht. Laut einem von AFP zitierten
       Augenzeugen waren unter den Opfern des Anschlags zwei Taliban-Mitglieder.
       Danach hätten zwei Taliban-Einheiten versehentlich aufeinander geschossen.
       
       Die Taliban und der „Islamische Staat – Provinz Khorasan“, so die
       offizielle Eigenbezeichnung, sind trotz verwandter militant-islamistischer
       Ideologie verfeindet. Der [1][IS-Ableger] setzte sich ab 2014 in
       Afghanistan fest. Die östliche Provinz Nangarhar an der Grenze zu Pakistan
       gilt als seine Hochburg.
       
       ## Mehrere Anschläge auf die Taliban in Dschalalabad
       
       Erst kürzlich führte der IS, der in Afghanistan rund 2.000 Kämpfer zählen
       soll, in Nangarhars Provinzhauptstadt Dschalalabad einige Anschläge auf
       Taliban durch und tötete mehrere von ihnen. Die Taliban zählten zuletzt
       etwa 100.000 Kämpfer.
       
       Der historische Name Khorasan bezeichnet eine zentralasiatische Region, die
       Afghanistan, Iran, Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan ganz oder
       teilweise umfasst. Der Name unterstreicht den regionalen und globalen
       Anspruch des IS, was ihn zu einer globalen Terrorgefahr macht.
       
       Demgegenüber sind die afghanischen Taliban trotz Verbindungen zu al-Qaida
       immer eine nationale Bewegung geblieben und dass, obwohl sie vom
       pakistanischen Militärgeheimdienst ISI beeinflusst werden. Zugleich blieben
       sie stets von den pakistanischen Taliban (TPP) getrennt und haben nie
       außerhalb ihrer Region Anschläge verübt.
       
       Der afghanische IS wurde stärker, nachdem die realpolitischeren Taliban
       [2][Verhandlungen mit der US-Regierung] aufgenommen hatten, was in IS-Augen
       einen Verrat am Dschihad darstellt.
       
       ## Kampf um die Deutungshoheit
       
       Der IS zerstört jetzt mit seinen Anschlägen das Narrativ der Taliban, sie
       würden dem Land endlich Frieden bringen. Der IS zeigt darüber hinaus auch
       mit seinen Terrormethoden, welche die Taliban selbst angewendet haben, dass
       Letztere das Land eben nicht wie behauptet vollständig kontrollieren.
       
       Beim größten [3][Anschlag des IS] in Afghanistan auf Kabuls Flughafen am
       26. August wurden rund 170 Personen getötet, darunter 13 US-Soldaten.
       Damals hatten die Taliban eine informelle Absprache mit den USA, demnach
       die Massenevakuierung von Afghanen durch das US-Militär bis Ende August
       geduldet würde.
       
       Schon zuvor hatten beide Seiten gelegentlich bei der Bekämpfung des IS
       informell kooperiert. So bombardierte die US-Luftwaffe mutmaßliche
       IS-Stellungen, die dann von den Taliban eingenommen wurden. Als diese
       schließlich am 15. August in Kabul einmarschierten, befreiten sie ihre
       Leute aus den Gefängnissen, während sie IS-Gefangene Berichten zufolge
       kurzerhand erschossen.
       
       Erschießungen warf die Menschenrechtsorganisation [4][Amnesty
       International] (AI) am Dienstag auch den Taliban vor. Die sollen laut AI
       Ende August 13 Sicherheitskräfte der bisherigen Regierung, die sich ergeben
       hatten, standrechtlich erschossen haben. Die Opfer seien ethnische Hasara
       gewesen, eine schiitische Minderheit.
       
       5 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Islamisten-in-Afghanistan/!5794153
 (DIR) [2] /Afghanistanpolitik-der-USA/!5792655
 (DIR) [3] /Explosionen-in-Kabul/!5796522
 (DIR) [4] https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/afghanistan-taliban-toeten-sicherheitskraefte-der-ehemaligen-afghanischen-regierung
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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