# taz.de -- Corona-Impfungen in Indien: Durchatmen auf dem Subkontinent
       
       > Mindestens 609 Millionen Menschen sind in Indien erstgeimpft. Derweil
       > wertet Großbritannien das dort hergestellte Covid-19-Vakzin ab.
       
 (IMG) Bild: Eine von 609 Millionen: Die Inderin bekommt eine Impfung
       
       Mumbai taz | „Das riecht nach Rassismus“, äußerte sich der indische
       Politiker Jairam Ramesh. Denn laut einem Reisehinweis des Vereinigten
       Königreichs galten Inder:innen, die mit dem Covid-19-Vakzin Covishield
       immunisiert wurden, bei ihrer Einreise nach Großbritannien zunächst als
       ungeimpft. Der Autor und ebenfalls Congress-Politiker Shashi Tharoor setzte
       seine Buchveröffentlichung im Königreich aus. Im indischen Fernsehen
       erklärte er, er habe keine Zeit für zehn Tage Quarantäne trotz
       Doppelimpfung. Tharoor bezeichnete die Regelung als „beleidigend“. 
       
       Bei Covishield handelt sich um den in Indien hergestellten
       AstraZeneca-Impfstoff. Der Geschäftsführer des Serum Institute of India
       (SII), wo der Impfstoff herstellt wird, beteiligte sich bereits an einem
       Spendenaufruf für Studierende. Sie sind in Länder unterwegs, in denen sie
       trotz Covishield-Impfung in Isolation müssen. So soll ihnen Unterstützung
       bei den hohen Reisekosten zukommen.
       
       Der indische Staatssekretär für Äußeres Harsh Shringla warnte am Dienstag
       noch vor „gegenseitigen Maßnahmen“. Nach dieser herben Kritik ruderte
       Großbritannien am Mittwoch zurück. Das Problem sei nicht Covishield,
       sondern Indiens Impfstoffzertifikat, hieß es. Covishield wurde noch am
       selben Tag in die Liste der zugelassenen Impfstoffe aufgenommen.
       (Deutschland, wie auch andere EU-Staaten, haben den Impfstoff längst
       anerkannt.)
       
       Reisende Inder:innen müssen aber weiterhin in Quarantäne. Somit bleibt
       der Ärger auf Großbritannien, das „ein handgeschriebenes amerikanisches
       Impfzertifikat akzeptiert, das man bei Ebay kaufen kann, aber kein robustes
       COWIN-Zertifikat mit QR-Code aus Indien“, beschwert sich Politiker Omar
       Abdullah. Anderseits gab es zahlreiche Berichte über gefälschte Impfstoffe
       und andere Unregelmäßigkeiten in Indien.
       
       ## Seit Monaten wird vor einer neuen Welle gewarnt
       
       Die Anerkennung von Covishield dürfte dennoch für Aufatmen sorgen. Der
       weltgrößte Impfstoffhersteller SII steht mit Millionen Impfdosen für die
       Covax-Allianz im Verzug, nachdem die indische Regierung aufgrund von
       Eigenbedarf die Ausfuhr im April stoppte. Zuvor verließen 66 Millionen
       Impfdosen Indien. Im Oktober soll es mit dem Export weitergehen. „Unsere
       Bestände sind ausreichend, und das Tempo der Impfungen nimmt rasch zu,
       sodass Raum für Exporte bleibt“, sagte Indiens Gesundheitsminister. Die
       Entscheidung fiel kurz vor dem USA-Besuch des indischen Premiers Narendra
       Modi (BJP).
       
       WHO-Generaldirektor Tedros Ghebreyesus begrüßte den Schritt. Nun hoffen
       Länder wie Nepal auf weitere Lieferungen. Unterdessen wurden mindestens 609
       Millionen Menschen in Indien einmal geimpft. Darunter sind 215 Millionen
       doppelt Geimpfte, was etwa 15 Prozent der Bevölkerung entspricht. Über 33
       Millionen Covid-19-Ansteckungen wurden seit dem Ausbruch in Indien
       verzeichnet. Die aktiven Coronafälle in Indien befinden sich aber derzeit
       mit etwa 30.000 Neuinfektionen täglich auf dem niedrigsten Stand seit über
       180 Tagen.
       
       Allerdings wird seit Monaten vor einer neuen Welle gewarnt. Im
       westindischen Mumbai könnte sie nach Prognosen auf die Monate Dezember oder
       Januar fallen. Gerade finden in Indien zahlreiche regionale Feiertage
       statt, auf die viele Menschen im vergangenen Jahr verzichten mussten. Damit
       sich eine mögliche neue Welle verlangsamt, hofft die Regierung, mit
       verschiedenen Aktionen – wie einem Impftag nur für Frauen oder der Impfung
       zu Hause für Menschen mit körperlicher Einschränkung – die Bevölkerung zu
       erreichen. Andererseits ist auch in Indien eine dritte Impfdosis für
       gefährdete Gruppen wie Mitarbeitende im Gesundheitsbereich im Gespräch.
       
       24 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Natalie Mayroth
       
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